Was bringt der "Grüne Impfpass": 12 Fragen und Antworten
Noch ist die Anzahl der Menschen, die gegen COVID-19 geimpft sind, gering. Doch ein Vorschlag von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eröffnete EU-weit eine Debatte darüber: Sollen Geimpfte, Genesene und Getestete bestimmte "Privilegien" erhalten, etwa in Form eines "Grünen Passes“? Die futurezone beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist der „Grüne Pass“ überhaupt?
Die Idee dafür stammt aus Israel, weltweiter Vorreiter bei den Impfungen gegen das Coronavirus. Dort bekommen Personen, die geimpft sind, einen digitalen „Grünen Pass“ für ihr Smartphone. Dieser Nachweis ermöglicht den Menschen, Fitnessstudios, Schwimmbäder, Hotels oder Theater zu besuchen. Laut dem israelischen Gesundheitsminister würden bereits 3,2 Millionen Menschen von diesen Vorteilen profitieren.
Kommt der „Grüne Pass“ nur in Österreich, oder in der gesamten EU?
Die EU-Staaten haben sich auf eine gemeinsame Vorgehensweise geeinigt und die EU-Kommission mit der technischen Ausarbeitung beauftragt. Die EU-Kommission hat am Montag bekannt gegeben, noch im März einen Gesetzesentwurf für den „Grünen Pass“ vorlegen zu wollen und bis Ende Mai ein technisches Konzept. Was der europäische Impfnachweis genau können soll, darüber gibt es EU-weit noch Differenzen.
Was für Privilegien stehen im Raum?
Die österreichische Bundesregierung wünscht sich eine klare Verknüpfung mit Vorteilen für Geimpfte wie einfaches Reisen, Zugang zu Restaurants oder Theatern. Die exakten Privilegien wurden jedoch noch nicht offiziell festgelegt. Deutschland und andere Länder bremsen, weil bisher nur eine Minderheit geimpft ist, außerdem sehen die Länder darin eine „Impfpflicht durch die Hintertür“.
Was ist mit getesteten oder genesenen Menschen?
Europaweites Ziel ist, dass Corona-Geimpfte mit dem Pass fälschungssicher ihre Immunisierung nachweisen können. In Österreich ist im Rahmen einer nationalen Lösung auch geplant, dass Menschen, die ein 48 Stunden gültiges negatives Testergebnis haben, oder innerhalb der letzten 6 Monate eine COVID-19-Erkrankung durchlebt haben, integriert werden.
Was hat der „Grüne Pass“ mit dem e-Impfpass zu tun?
Der e-Impfpass ersetzt in Österreich den klassischen Impfpass auf Papier. Dort werden künftig alle Impfungen aufgezeichnet, die eine Person erhalten hat. Das gilt auch für die beiden Corona-Teilimpfungen. Der „Grüne Pass“ soll auf diese Daten zugreifen können, wird aber eine eigene Anwendung sein.
Wie soll der „Grüne Pass“ funktionieren?
Die genaue technische Umsetzung steht noch nicht fest. Vieles deutet darauf hin, dass der Nachweis mittels QR-Code geplant ist. Im Gesundheitsministerium wird bereits an einer „Vorstufe“ gearbeitet. Man wird in einem ersten Schritt mittels QR-Code sein negatives Testergebnis nachweisen können. Laut Gesundheitsministerium geht das bereits in einigen Bundesländern.
Hat nicht jedes Bundesland sein eigenes Testsystem?
Ja, deswegen gibt es den QR-Code derzeit noch nicht für alle Bundesländer, sondern nur für jene, die bei „Österreich testet“ gelistet sind sowie für alle, die sich in Apotheken testen lassen. Dort bekommt man bereits jetzt QR-Codes als Test-Nachweis. Die Stadt Wien hat am Montag sein Testsystem ebenfalls auf QR-Codes umgestellt. Diese zeigen jetzt auch mit den Farben grün (48h gültig, geeignet für Eintrittstests), gelb (1 Woche gültig, geeignet als Berufstest) und rot (abgelaufen) an, wann jemand getestet worden ist.
Geplant seitens des Gesundheitsministeriums ist, dass der QR-Code in weiterer Folge auch in Apps von Fremd-Anbietern eingebaut werden kann. Laut Gesundheitsministerium sollen bald alle Bundesländer QR-Codes ausgeben.
Was machen Menschen, die gar kein Smartphone haben?
Der QR-Code kann entweder per Smartphone abgerufen werden, oder auch ausgedruckt auf Papier mitgeführt werden. Es soll etwa möglich werden, sich z.B. seinen Genesenen-Status mit QR-Code postalisch zuschicken zu lassen.
Wird es zu einer Gleichstellung von Impfung, Genesung und negativem Testergebnis kommen?
Das ist noch nicht ganz klar. Zum jetzigen Zeitpunkt gilt die Impfung noch nicht als Ersatz für einen Zutrittstest. Laut Gesundheitsministerium will man hier noch abwarten, ob die Corona-Schutzimpfung auch vor Übertragungen schützt. Man befinde sich hier im „europäischen und internationalen Austausch“, heißt es.
Woher stammen die Daten für das System?
Die Daten zu den Impfungen werden im zentralen Impfregister gespeichert, die Daten zu den Genesenen im Epidemiologischen Meldesystem (EMS), die Testdaten derzeit auf den Servern der einzelnen Testplattformen. Um einen QR-Code zu erzeugen, sollen sie pseudonymisiert an das Bundesrechenzentrum (BRZ) geschickt werden, etwa mit Kürzel aus Vor- und Nachnahmen sowie Geburtsjahr.
Wie steht es dabei um den Datenschutz?
Datenschützer sind hier unterschiedlicher Meinung. Thomas Lohninger, Geschäftsführer von epicenter.works, sieht darin ein „Datenschutz-Problem“. Die Daten seien etwa innerhalb von ELGA „besser geschützt“ und Betroffene haben bei ELGA „mehr Rechte“. So können diese etwa in ELGA genau sehen, wer darauf zugegriffen hat. Verlassen die Daten das System, ist dieses genaue Tracking nicht mehr möglich.
Laut Max Schrems von der Datenschutzorganisation noyb.eu gebe es aus rechtlicher Sicht kein Problem, wenn das technische System „sauber umgesetzt“ werde. Hans Zeger von der ARGE Daten warnt davor, dass es kein Grundrecht auf Gesundheit gebe und dass ein europaweites System damit schlechte Chancen habe, vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Bestand zu haben.
Ist das schon alles beschlossen?
Die EU-Kommission arbeitet nun ebenso wie Österreich bereits an einer Umsetzung. Lohninger betont, dass es vor einer derartigen Einführung eine breite Debatte darüber geben müsse. Es gehe um sensible Gesundheitsdaten, so der Datenschutz-Experte. Der "Grüne Pass" ist auf jeden Fall ein echter Aufreger: Die einen sehen darin ein „Belohnungssystem für gesundheitliches und soziales Wohlverhalten“, die anderen eine Möglichkeit, dass Menschen wieder ihre Grundrechte zurückerhalten, die sie im Lockdown aufgegeben haben.
Wer mehr zu dem Thema hören will, dem sei der daily Podcast des KURIER empfohlen.