Nokia 1.3 im Test: Handy mit Wechsel-Akku für 100 Euro
Wer sich für ein richtig günstiges Smartphone interessiert, wird sich neben älteren Geräten von Huawei, Sony, LG oder Xiaomi auch mit Herstellern wie Wiko, Dooge, Cubot, Gigaset auseinandersetzen.
Die meisten dieser Smartphones für weniger als 100 Euro, kommen jedoch meist mit veralteten Android-Versionen. Im Hinblick auf die Sicherheit sowie die weitere Versorgung mit Updates kann dies durchaus problematisch werden.
Das Nokia 1.3, das erst März präsentiert wurde und seit April verfügbar ist, sticht hier heraus. Es kommt mit Android 10 (Go Version) und der Hersteller - HMD Global - verspricht Android-Updates für die nächsten zwei Jahre.
Mit einem UVP von 99 Euro ist das Nokia 1.3 am unteren Ende der Preisspanne angesiedelt und natürlich mit einer entsprechend abgespeckten Hardware ausgestattet. Aber alles der Reihe nach.
Akku zum Austauschen
Nimmt man das Nokia 1.3 erstmals in Betrieb, wird man an längst vergangene Tage des Smartphone-Zeitalters erinnert. Denn das Gerät hat einen austauschbaren Akku. Und so muss als aller erstes die rückseitige Abdeckung gelöst und der Akku eingelegt werden.
Verbindet man das Smartphone nun mit dem Netzteil, geht die Zeitreise weiter: Anders als die allermeisten aktuellen Geräte wird das Nokia 1.3 per microUSB geladen.
Formfaktor und Verarbeitung
An der Verarbeitung des Nokia 1.3 gibt es kaum etwas auszusetzen. Das Gerät besteht weitgehend aus Kunststoff und wirkt stabil. Trotz des austauschbaren Akkus und der abnehmbaren Rückseite hat das Gerät keine sichtbaren Ritzen oder Spalten, in denen sich Schmutz oder Staub ansammeln könnte.
Mit den Maßen von 147,3 x 71,2 x 9,35 mm und einem Gewicht von 155 Gramm hat das Handy einen angenehmen Formfaktor. Wegen der leicht aufgerauten Rückseite rutscht das Gerät auch nicht leicht aus der Hand.
Display
Das IPS-LC-Display hat eine Diagonale von 5,71 Zoll, kommt im Format von 19:9 und löst mit 720 x 1.520 Pixeln auf. Der Bildschirm ist von einem schmalen Rand eingefasst, der an der unteren Seite etwas breiter wird. Im tropfenförmigen Notch ist die Selfie-Kamera untergebracht.
Mit einer maximalen Helligkeit von 400 nits werden die Bildschirminhalte größtenteils hell genug dargestellt. Im direkten Sonnenlicht wird es jedoch schwer, Inhalte am Display entziffern zu können, schaffbar ist es dennoch.
Die Farben wirken recht blass und mit leicht bläulich. Ein Stück weit Abhilfe kann hier der Blaulichtfilter schaffen. Dieser wirkt allerdings meist etwas zu intensiv und verzerrt die Farbdarstellung noch weiter. Die kleinste Stufe des Blaulichtfilters war für mich ein guter Kompromiss.
Performance in der Praxis
Mit einem Snapdragon 215 Prozessor von Qualcomm, 1 GB Arbeitsspeicher und 16 GB Speicherplatz, versammelt das Nokia 1.3 Komponenten unter der Haube, mit denen es gerade noch möglich ist, ein zeitgemäßes Smartphone zu betreiben. Das schlanke Android 10 der Go-Edition soll trotz der stark abgespeckten Hardware-Ausstattung für eine flüssige User-Experience sorgen.
In der Praxis läuft das Nokia 1.3 allerdings weniger flüssig. Beim Öffnen von Apps benötigt man etwas Geduld, da es schon einige Sekunden dauern kann, bis die Anwendung gestartet ist. Auch in den Apps selbst wird man beim Scrollen mit einem ruckeligen und leicht verzögerten Screen konfrontiert.
Ebenso gibt es meist kleine Wartezeiten, wenn man in den Apps Funktionen oder sonstige Schaltflächen anwählt. Nutzt man beispielsweise Google Maps Go, dauert es beim Navigieren immer 1 bis 2 Sekunden bis die neuen Karten nachgeladen sind.
Die Verzögerungen fallen jedoch bei den System-immanenten Anwendungen mehr ins Gewicht. Tippt man etwa ein Textfeld an, kann es ebenso eine gute Sekunde dauern, bis die Tastatur geladen wird. Auch wenn man in den Einstellungen herumspielt und dabei Features deaktiviert und aktiviert, ist mit Verzögerungen und längeren Ladezeiten zu rechnen. All das dämpft natürlich die Benutzererfahrung erheblich.
Kein Fingerprint, dafür Gesichtserkennung
Auch ungewöhnlich für ein Smartphone aus dem Jahr 2020 ist das Fehlen eines Fingerprintsensors. Will man das Nokia 1.3 entsperren, muss entweder ein vierstelliger Code eingegeben oder das Pattern auf den Screen gezeichnet werden.
Außerdem ist es möglich, das Handy per Gesichtserkennung zu entsperren. Da diese Funktion allerdings extrem langsam ist, ist es wesentlich schneller und bequemer auf die Eingabe von Code oder Pattern zu setzen. Mit einer Wartezeit von mehreren Sekunden, ist die Gesichtserkennung kaum praxistauglich.
Kamera
Wer mit dem Nokia 1.3 einen schnellen Schnappschuss aufnehmen will, muss fast ein Hellseher sein, um für entsprechend Situationen die Kamera einsatzbereit haben zu können. Denn bis es soweit ist, vergehen wieder einige Sekunden.
Bei Tageslicht ist das Handy durchaus im Stande, brauchbare und scharfe Bilder aufzunehmen. Allerdings wirken die Fotos häufig zu dunkel und die Farben werden etwas unnatürlich dargestellt. Nutzt man den Porträtmodus, bei dem der Hintergrund künstlich unscharf gemacht wird, muss man sich ebenso auf künstlich wirkende Ergebnisse einstellen.
Die Single-Kamera auf der Rückseite löst mit 8 MP auf, die Selfie-Kamera mit 5 MP. Unterstützt wird die Hauptkamera von einem LED-Blitz. Einen Nachtmodus gibt es ebenso wenig wie eine Weitwinkeloption.
Für Erinnerungsfotos taugt die Kamera allemal. Wer jedoch etwas auf eine halbwegs gute Bildqualität hält, wird mit dem Handy und seiner Kamera nicht wirklich zufrieden sein.
Software und Speicherplatz
Die Go-Edition von Android ist für schwächere Geräte mit einem Arbeitsspeicher von maximal 2 GB gedacht. Dementsprechend kommen die Light-Versionen der Google-Apps (Google Go, Maps Go, Gmail Go, Gallery Go, etc) zur Anwendung. In der Funktionalität sind diese Apps mitunter leicht eingeschränkt, haben jedoch weniger Ressourcenbedarf und laufen daher runder als die schwergewichtgieren Standardversionen der Anwendungen.
Trotz Android Go muss der Umgang mit dem vorhandenen Speicherplatz sorgsam und sparsam sein. Von den insgesamt 16 GB nimmt das Betriebssystem schon 5,7 GB ein. Einige Apps, Cache, Fotos und Audio-Files und schon ist der interne Speicher voll. Mithilfe einer MicroSD-Karte lässt sich der Speicher jedoch um bis zu 400 GB erweitern.
Akku
Der Akku hat eine Kapazität von 3.000 mAh. Damit kommt man bei einer durchschnittlichen Screen-Time über einen Tag. Über Nacht muss das Nokia 1.3 ans Netzteil. Die Ladeleistung per microUSB beträgt lediglich 5 Watt, weshalb für eine Vollladung mehrere Stunden eingeplant werden müssen.
Der Akku kann durch Abnehmen der Abdeckung auf der Rückseite getauscht werden. Im Hinblick auf die Langlebigkeit und Flexibilität wird dieses Feature von vielen Seiten häufig gepriesen. Allerdings ist es nicht klar, woher man einen Ersatzakku für das Gerät bekommt. Weder auf der Herstellerseite, noch in irgendwelchen anderen Webshops werden Ersatzakkus für das Nokia 1.3 angeboten. Und so führt sich ein austauschbarer Akku leider wieder ad absurdum.
Für wen eignet sich das Nokia 1.3?
Nokia selbst zielt mit dem Gerät vor allem auf Länder in Schwellenmärkten ab. Aber natürlich ist das Nokia 1.3 auch für all jene gedacht, die nicht mehr als 100 Euro für ein Smartphone ausgeben können oder wollen. Hier werden wohl vor allem Einsteiger, ältere Personen oder Kinder in Frage kommen.
Wenn jedoch der Geldbeutel nicht allzu eng ist, sollte man vielleicht doch zu einem etwas stärkeren Smartphone greifen. Bei einer besseren Usability, besserer Kamera und einer leistungsstärkeren Performance macht die Smartphone-Nutzung einfach bedeutend mehr Spaß. Wer anstatt der 100 Euro noch einen Hunderter drauflegt, bekommt bereits deutlich stärkere Handys.
Sinnvoll könnte das Nokia 1.3 auch als Zweitgerät sein. Wer es beispielsweise nur im Urlaub, bei Abenteuerausflügen oder zu sonstigen Zwecken als reines smartes Zweithandy verwenden will, ist mit dem günstigen Nokia bestimmt zufrieden.
Fazit
Im Preisbereich von 100 Euro und darunter wird es schwer, ein aktuelles Smartphone zu finden, das unter Android 10 läuft und Updates für 2 Jahre garantiert. Software-mäßig kann Nokia hier allemal punkten.
Die Performance des Nokia 1.3 ist nicht berauschend und verlangt Nutzern, diie hauptsächlich High-End-Geräte gewohnt sind, viel Geduld ab. Dennoch laufen auf dem Gerät sämtliche Apps ohne gröbere Probleme.
Leider ist das herausragendste Feature - der austauschbare Akku - weitgehend sinnlos. Es ist zwar praktisch, dass der Akku gewechselt werden kann, wenn es aber keinen Ersatzakku zu kaufen gibt, ist ein Wechselakku natürlich nutzlos.
Wenn es der Geldbeutel nicht anders zulässt, ist das Nokia 1.3 im Preisbereich von 100 Euro eine gute Wahl. In diesem Segment wird man kaum ein besseres und zukunftssichereres Smartphone finden.
Allerdings sollte man auch nicht an der falsche Stelle sparen: Nach Möglichkeit ist ein leistungsstärkeres Smartphone mit einer besseren Kamera ratsam, da die gesamte User Experience dadurch maßgeblich gehoben wird.
Alle technischen Spezifikationen auf der Website des Herstellers.