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Das Rennen um das Internet aus dem All

Mit 2 Testsatelliten hat der Online-Versandriese Amazon am Freitag den Startschuss für sein eigenes Internetnetz „Kuiper“ geschafft. Darüber soll ab Ende 2024 Internet aus dem Weltraum geliefert werden. Amazon-Chef Jeff Bezos will damit auch seinen Konkurrenten Elon Musk angreifen. Der ist mit seinem vergleichbaren Starklink-Internet bereits im Oktober 2021 offiziell gestartet.

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Im Gegensatz zu Funkmasten oder Glasfaserkabeln verbindet ein Satellit das Smartphone oder den PC mit dem Internet. Um das nutzen zu können, benötigt man eine spezielle Satellitenschüssel und einen Router. Der große Vorteil eines solchen Systems ist, dass man es überall auf der Welt betreiben kann. Die einzige Voraussetzung ist eine freie Sicht auf den Himmel. Diese kommerziell angebotenen Systeme greifen auf Satelliten im niedrigen Orbit (LEO, 200 bis 2.000 km Höhe) zu.

Ein Starlink-Empfänger kann überall aufgestellt werden - hier im Kriegsgebiet in der Ukraine

Hohe Datenraten möglich

Dadurch ist die Latenz deutlich geringer als bei Satelliten im mehr als 35.000 km entfernten geostationären Orbit. Sie kann zwischen 500 und 700 Millisekunden betragen, bei terrestrischen Verbindungen sind es nur etwa 20 ms. Für Spiele oder Videostreaming ist das also nicht sinnvoll. Stattdessen setzt man es für die Übertragung großer Datenmengen ein. Dabei sind Übertragungsraten von über 500 Mbit/s möglich. Zum Vergleich: Starlink verspricht aktuell Geschwindigkeiten von 50 bis 100 Mbit/s.

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Unternehmen und Forschungseinrichtungen nutzen das bereits seit vielen Jahren, wenn sie etwa auf Schiffen oder entlegenen Stationen auf das Internet zugreifen wollen. Doch auch für Menschen, die in abgelegenen ländlichen Regionen leben und auf den Netzausbau von Anbietern und Regierungen angewiesen sind, können jetzt auf Hochgeschwindigkeitssatelliteninternet zurückgreifen.

Satellitenzahlen und Preise

Starlink:

  • hat bisher 5.222 Satelliten in den Erdorbit gestartet. Aktiv betrieben werden 4.830, da einige ausgefallen oder bereits abgestürzt sind (Quelle) Geplant ist eine Konstellation von 12.000 Satelliten
  • kostet 65 Euro pro Monat, für das Empfänger-Kit werden einmalig 450 Euro fällig. Es kann aber auch für 15 Euro monatlich gemietet werden, dann zahlt man einmalig 50 Euro Aktivierungsgebühr

OneWeb:

  • betreibt aktuell 635 Satelliten, geplant ist ein Netzwerk von maximal 6.372 Satelliten
  • kostet über SkyDSL kostet monatlich 29,90 Euro für eine Geschwindigkeit von 40 Mbit/s bzw. 16,90 Euro für 12 Mbit/sDie Montage der Antenne kostet einmalig 39,90 Euro

Elon Musks Starlink

Das von der privaten Raumfahrtfirma SpaceX betriebene Netzwerk Starlink ist sicherlich das berühmteste Beispiel für Satelliteninternet. Laut eigener Aussagen beziehen seit September über 2 Millionen Nutzer*innen in mehr als 60 Ländern das Internet von Elon Musk.

Es kommt vor allem in Gegenden zum Einsatz, in denen weder Kabel- noch Funkverbindungen funktionieren oder diese bisher noch nicht ausgebaut sind. Besonders medienwirksam ist der Einsatz von Starlink-Internet im Ukrainekrieg, wo Starlink kostenfrei Internetzugänge für die ukrainische Bevölkerung zur Verfügung stellt.

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Internet aus Europa

Anbieter wie Starlink und künftig auch Kuiper kommen aus den USA. Europa hinkt bei Angeboten für Privatpersonen zwar noch hinterher, bietet aber auch eine Alternative an.

OneWeb wurde 2020 von der britischen Regierung und der indischen Bharti Global Limited übernommen und fusionierte dann mit der französischen Firma Eutelsat. Hier bezieht man seine Internetverbindung nicht direkt bei OneWeb. Andere Firmen kaufen dort Kapazitäten. Über die deutsche Firma SkyDSL können auch Privatkund*innen das europäische Satelliteninternet beziehen.

Die EU selbst hat 2022 beschlossen, mit IRIS² ein eigenes Satellitennetzwerk in Europa aufzubauen. Die Planungsphase dafür läuft bereits. Die Union sieht dafür ein Budget von 2,4 Milliarden Euro vor. Beschleunigt wurde diese Entscheidung durch den Ukrainekrieg.

Der Aufbau eines eigenen Netzwerks soll für mehr Unabhängigkeit sorgen. Allerdings ist das geplante Netz nicht für die private Nutzung, sondern vor allem für die Regierungen vorgesehen.

Kritik an Satelliten-Flut

Die Vorteile und Chancen, Internet potenziell für alle, unabhängig von der Infrastruktur, zugänglich zu machen sind offensichtlich. Doch schnell wurden auch die Nachteile deutlich. Je mehr Satelliten im Orbit sind, desto höher ist die Gefahr für Zusammenstöße.

Fällt ein Satellit aus oder kann nicht mehr kontrolliert werden, könnte er in andere krachen und eine gefährliche Kettenreaktion auslösen. Dabei entsteht immer mehr unkontrollierbarer Weltraumschrott, der im schlimmsten Fall alles lahmlegen kann.

Nicht alle Firmen sorgen sich gleichermaßen um die richtige Entsorgung. Die US-amerikanische Firma Dish musste aber unlängst als Erste überhaupt Strafe bezahlen, weil es einen Satelliten eben nicht aus dem Verkehr ziehen konnte.

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Beobachtungen

Zudem stören vor allem Starlink-Satelliten zunehmend astronomische Beobachtungen auf der Erde und im All. Als unschöne Streifen tauchen sie vermehrt in Hubble-Aufnahmen auf, die damit wertlos werden. Zwar kann man in vielen Fällen die Satellitenspuren herausrechnen, mit wachsender Satellitenzahl, wird das Problem aber weiter zunehmen. 

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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