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Mini-Atomkraftwerke: Darauf setzen Microsoft und Bill Gates

Sowohl das Unternehmen Microsoft als auch Microsoft-Gründer Bill Gates selbst sehen Nuklearenergie als wichtiges Mittel gegen die Klimaerwärmung. Besonders viel Potenzial wird dabei sogenannten Mini-Atomkraftwerken zugeschrieben. Diese Art von Kraftwerk ist allerdings ein Überbegriff vieler verschiedener Typen von Kernenergie. Microsoft sowie Gates konzentrieren sich dabei auf 3 Arten.

Small Modular Reactors (SMR)

Small Modular Reactors oder auch Mini-Atomkraftwerke sind deutlich kleiner und sollen daher im Aufbau deutlich günstiger sein. Typischerweise liefern solche Mikroreaktoren eine elektrische Leistung von unter 10 Megawatt bis zu maximal 500 Megawatt. Zum Vergleich: Herkömmliche Reaktoren haben eine Leistung von mehr als 1.000 Megawatt. Der Vorteil von Small Modular Reactors ist, dass Bauteile in Fabriken effizient und in Masse hergestellt werden können. Vor Ort können die Bauarbeiten so drastisch reduziert werden, was die Kosten der Kraftwerke drückt.

Die Funktionsweisen dieser Reaktoren können sich deutlich unterscheiden. Bei den meisten SMR handelt es sich allerdings um herkömmliche Leichtwasserreaktoren, die momentan etwa 90 Prozent der Kernenergie weltweit beisteuern. Als Kühlmittel wird normales Wasser verwendet (im Gegensatz zum Schwerwasserreaktor, wo Wasser mit dem Wasserstoffisotop Deuterium verwendet wird).

Auch beim 300-Megawatt-Reaktor BWRX-300 des US-Unternehmen GE Hitachi Nuclear Energy handelt es sich um einen solchen Leichtwasserreaktor. Microsoft schloss im September 2022 eine Partnerschaft mit dem kanadischen Energieversorger Ontario Power Generation, der 2029 mit einem solchen Mini-Akw ans Netz gehen will. Das IT-Unternehmen will seine Datencenter mit Energie aus dem Kraftwerk betreiben.

Flüssigmetall-Reaktoren (Liquid Metal Cooled Nuclear Reactor/LMR)

Das von Microsoft-Gründer Bill Gates gegründete Unternehmen TerraPower entwickelt im US-Bundesstaat Wyoming einen Small Modular Reactor, der anstatt mit Wasser mit flüssigem Natrium gekühlt werden soll. Die Idee ist nicht neu, mit Natrium gekühlte Reaktoren werden bereits in Russland eingesetzt – etwa in verschiedenen U-Boot-Klassen.

Das flüssige Metall hat einen weit höheren Siedepunkt als Wasser (883 Grad Celsius), was den Reaktor laut TerraPower sicherer machen soll. Außerdem soll so die Effizienz höher sein als bei herkömmlichen Atomkraftwerken und der Brennstoff “sauberer” verbraucht werden. Der Reaktor, der gemeinsam mit dem Unternehmen GE Hitachi Nuclear Energy gebaut wird, soll demnach eine Leistung von 345 Megawatt haben (Höchstleistung über 5,5 Stunden: 500 Megawatt).

Der Betriebsstart des Demo-Kraftwerks war für 2028 geplant, dürfte sich allerdings um mindestens 2 Jahre verspäten. Grund dafür ist Russlands Krieg in der Ukraine und den damit verbundenen Zusammenbruch der Brennstoff-Lieferketten. Der Natrium-Reaktor benötigt nämlich Uran, das bis zu 20 Prozent mit dem Isotop Uran-235 angereichert ist. Der einzige kommerzielle Händler dafür stammt aus Russland.

Kritiker*innen bemängeln, dass der Bau und Betrieb von kleinen, modularen Reaktoren deutlich teurer ist als bei großen Atomkraftwerken, wenn man die gesamte Energieproduktion berücksichtigt. Skaleneffekte würden erst ab einer Stückzahl von mehr als 3.000 SMR auftreten, wie das deutsche Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung vorrechnet.

Außerdem würden erneuerbare Energien als günstigste verfügbare Energie in Zukunft zunehmen. Es brauche dabei Kraftwerke, die die Fluktuation dieser Energieform ausgleichen können und schnell hoch- und wieder heruntergefahren werden können. Das ist bei Atomkraftwerken nicht der Fall. 

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Flüssigsalzreaktoren (Molten Salt Reactors/MSR)

Gates Nuklear-Unternehmen TerraPower arbeitet nicht nur an ihrem eigenen Natrium-Reaktor, sondern forscht auch an Flüssigsalzreaktoren. Bei dieser Art von Kernreaktoren wird der Brennstoff in Form eines geschmolzenen Salzes gleichmäßig im Reaktorkreislauf verteilt. Der Druck im Reaktor ist dadurch viel geringer und die Temperatur deutlich höher als in herkömmlichen Leichtwasserreaktoren. Flüssigsalzreaktoren ähneln damit eher Reaktoren, die durch flüssiges Metall gekühlt werden. Da der Brennstoff bereits in geschmolzener Form vorliegt, ist eine Kernschmelze nicht möglich. 

Als Brennstoff wird häufig ein Thoriumsalz verwendet, das mit Neutronen beschossen wird, um eine Kettenreaktion auszulösen. Die mögliche Energieausbeute von Thoriumbrennstoffen liegt bei weit über 90 Prozent, herkömmliche Uranbrennstoffe kommen nur auf 1 bis 2 Prozent. Außerdem dauert es “nur” 300 Jahre, bis Thorium nicht mehr radioaktiv ist. Bei Uran dauert das mehrere 100.000 Jahre. Eine Endlagerung ist trotzdem nötig.

TerraPower nutzt bei seinem Flüssigsalzreaktor einen Brennstoff aus flüssigen Chlor-Uran-Salz. Auch diese Methode soll sicherer sein als herkömmliche Reaktoren, da sich das geschmolzene Chlorsalz mit steigender Temperatur immer weiter ausdehnt, wodurch sich gleichzeitig die Kernreaktion verlangsamt. Zusätzlich soll im Reaktor auch ausgedienter Brennstoff aus anderen Atomkraftwerken verwenden können. Dadurch werde die Menge an hochradioaktivem Atommüll auf der Welt verringert. Ein erster Testreaktor soll in den frühen 2030er-Jahren fertiggestellt sein. 

Bisher wurden Flüssigsalzreaktoren erst bei 2 Experimenten in den 1950er- und 1960er-Jahren in den USA betrieben. Daneben forschen aber auch andere Nationen an solchen Reaktoren, allen voran China mit ihrem TMSR-LF1-Reaktor. Der Prototyp, der einen Thorium-Brennstoff verwendet, hätte im Februar 2023 fertiggestellt sein sollen, befindet sich momentan aber noch im Bau.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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