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CO2 aus den Abgasen fischen: So soll die Schifffahrt sauberer werden

Große Schiffe gelten als Umweltverschmutzer, und das zu Recht. Als Treibstoff wird hauptsächlich Schweröl verwendet, dessen Verbrennung nicht nur das Treibhausgas Kohlendioxid, sondern auch andere Arten von Schadstoffen, wie Schwefeloxide und Stickoxide, produziert. Bis 2050 soll die Schifffahrt laut der Weltschifffahrtsorganisation IMO allerdings klimaneutral werden.

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Bereits jetzt arbeitet man an Lösungen dafür. Eine davon ist, die Effizienz von Schiffen zu steigern, etwa durch den Einsatz neuartiger Segel. Oder man nutzt grüne Treibstoffe, die mit erneuerbaren Energien hergestellt werden. 

Bis die alternativen Kraftstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung stehen und neue Motoren dafür gebaut werden können, könnte man das anfallende CO2, das die Schiffe normalerweise in die Atmosphäre blasen, auf dem Schiff auffangen. Forscher der TU Graz untersuchten im Projekt “CCS on Ships” in Zusammenarbeite mit dem COMET K1 Zentrum LEC, wie sich diese Verfahren umsetzen lassen. 

CO2 direkt aus dem Abgas filtern

Technologien, um das Treibhausgas direkt aus dem Abgas abzuscheiden, existieren bereits. “Es gibt natürlich die Möglichkeit, die Prozesse effizienter und günstiger zu machen”, sagt Andreas Wimmer von der TU Graz. Aber man erziele bereits gute Ergebnisse. Anders als beim Direct Air Capture, wo das Treibhausgas direkt aus der Luft gefiltert wird, ist die CO2-Konzentration in Abgasen sehr hoch. Damit wird auch die Abscheidung effizienter.

Am weitesten verbreitet ist die sogenannte Aminwäsche, bei der das CO2 in einem Lösungsmittel gebunden wird. Dieses Mittel wird anschließend auf etwa 130 Grad Celsius erhitzt, wodurch sich das Kohlendioxid wieder abspaltet. Das CO2 wird so verflüssigt und gespeichert, das Lösungsmittel wird wiederverwendet.

Wohin mit dem ganzen Kohlendioxid?

Dabei stellt sich die entscheidende Frage: “Wohin mit dem ganzen CO2?” Die Platzverhältnisse auf Schiffen sind begrenzt. “Bei der Verbrennung von Dieselkraftstoffen entstehen relativ große Mengen an CO2. Der Speicher dafür müsste fast 3-mal so groß sein wie der Treibstofftank, wenn man wirklich 100 Prozent abscheiden will”, so Wimmer. Das würde sich negativ auf die Transportkapazität auswirken. 

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Dasselbe Platzproblem habe man laut Wimmer allerdings auch bei alternativen Kraftstoffen wie Wasserstoff, Ammoniak oder Methanol. “Beispielsweise hat Methanol etwa nur ein Drittel der Energiedichte wie Schweröl, es sind also 3-mal größere Tanks dafür nötig.” 

Unrealistisch, 100 Prozent des CO2 abzuscheiden

Die Größe der CO2-Speichertanks hänge auch davon ab, wie oft das Schiff anlegt und das CO2 wieder entladen kann. Bei der Binnenschifffahrt ist der Platzbedarf also geringer als bei Schiffen auf Hoher See. Laut Wimmer ist es aber unrealistisch, 100 Prozent des CO2 aus den Abgasen zu entfernen - auch, weil der Energieaufwand immer höher wird, je mehr Kohlendioxid abgeschieden werden soll. Ein guter Kompromiss für erste Anwendungen wären um die 30 Prozent

Das Verfahren hat den Vorteil, dass damit auch bestehende Schiffe relativ schnell nachgerüstet werden könnten - wenn auch nicht ganz billig. Die Kosten einer solchen Anlage liegen für ein großes Containerschiff im mittleren 8-stelligen Bereich. Aber nicht nur für bestehende, auch für neue Schiffe mit alternativen Treibstoffen, würde sich eine CO2-Abscheidung direkt an Bord anbieten. “Während bei der Verbrennung von Wasserstoff und Ammoniak kein CO2 entsteht, führen kohlenstoffhaltige E-Fuels wie etwa Methanol sehr wohl zur Emission des Treibhausgases”, sagt der Experte. 

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Das aufgefangene CO2 kann wieder zur Herstellung von E-Fuels genutzt werden. Um grünes Methanol herzustellen, braucht es etwa nur Wasser, CO2 und Erneuerbare Energie. So entsteht ein CO2-Kreislauf, bei dem das Treibhausgas nie in die Atmosphäre gelangt. Möglich wäre auch, das CO2 in den Untergrund zu pumpen und dort zu speichern

Lösungen zur Nachrüstung gebraucht

Könnte man CO2-Abscheidung auch in anderen Transportmitteln nutzen, etwa Triebfahrzeugen von Zügen? “Theoretisch ja”, sagt Wimmer: “Die Frage ist nur, ob diese Nachrüstung sinnvoll ist.” Wasserstoffbetriebene oder elektrifizierte Anlagen seien eine bessere Lösung. “Im Marinebereich sind die Schiffsmotoren aber sehr lange im Einsatz. Hier werden wir effiziente Lösungen zur Nachrüstung brauchen, wenn wir 2050 klimaneutral sein wollen”, sagt Wimmer. Die Abscheidung und Speicherung von CO2 sei eine davon, die sich vergleichsweise schnell umsetzen lasse.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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