Das Rätsel der X-Galaxie ist gelöst
In 800 Millionen Lichtjahren Entfernung haben Astronomen im Jahr 2014 eine Galaxie entdeckt, deren Form sie irritierte. Vom Zentrum der Galaxie PKS 2014-55 reichen 4 Materiestrahlen bis zu 2,5 Millionen Lichtjahre in All hinein, wodurch Radioteleskope ein großes "X" sehen. Wie diese Form zustande kommt, dazu gab es verschiedene Hypothesen. Eine davon erscheint durch neue, besonders hochauflösende Aufnahmen als die eindeutig schlüssigste.
Mehr Boomerang als X
Die Aufnahmen wurden mit dem Radioteleskop MeerKAT gemacht, einer aus 64 Schüsseln bestehenden Anlage in Südafrika, die gemeinsam einen virtuellen Schüsseldurchmesser von 8 Kilometer erzeugen. PKS 2014-55 wurde damit so detailreich wie nie zuvor eingefangen.
Zwei der Materiestrahlen erscheinen auf den Bildern größer, die anderen beiden als kleinere Anhängsel. Das X besteht also eher aus zwei "Boomerangs", wie die Forscher in einer Presseaussendung mitteilen. Im All hat man bisher noch keine vergleichbare Struktur entdeckt. Dass Galaxien mit supermassiven Schwarzen Löchern in ihrem Zentrum 2 Materiestrahlen weit ins All hinaus schießen, ist nichts ungewöhnliches. Man kennt das Phänomen u.a. von Quasaren. Die Strahlen bestehen gleichermaßen aus austretendem wie zurückfallendem Material. Vorstellen kann man sich das wie bei einer Wasserfontäne.
Erklärungsversuche
Für gleich 4 Materiestrahlen hatten die Forscher folgende Erklärungsversuche: Erstens könnte PKS 2014-55 nicht nur eines, sondern gleich 2 supermassive Schwarze Löcher in seinem Zentrum aufweisen, die beide Jets erzeugen, die in unterschiedliche Richtungen weisen. Jets aus Galaxiezentren weisen üblicherweise in die exakt gegenüberliegenden Richtungen, weshalb von "Jet" und "Counter-Jet" gesprochen wird.
Die zweite Hypothese besagte, dass die Drehachse des Schwarzen Loches sich plötzlich verändert hatte, wodurch die ursprünglichen Materiestrahlen nun in andere Richtungen weisen. Die dritte Hypothese: Nur zwei der Strahlen führen vom Zentrum der Galaxie weg, während die anderen beiden Strahlen dadurch entstehen, dass zurückfallende Materie durch die Rotation der restlichen Galaxie von dieser abprallt. Letztere Erklärung erscheint nun als die wahrscheinlich richtige.
Backflow-Modell
In einer nun erschienenen Studie legen südafrikanische und US-amerikanische Forscher unter der Leitung von Bill Cotton vom US National Radio Astronomy Observatory dar, warum die neuen Aufnahmen das "hydrodynamical backflow model" stützen. In den beiden kleineren "Strahlen" der X-Galaxie habe man Turbulenzen entdeckt, in denen sich zurückfließendes Material staute.
Die Ablenkung des Materials kommt durch die Drehung des interstellaren Mediums von PKS-2014-55 zustande, also der Gesamtheit des Materials, das sich um das Zentrum der Galaxie bewegt, inklusive Sternen, Planeten und allem dazwischen.
Gigantisches Gebilde
Eine Besonderheit bei PKS-2014-55 ist die Größe, die diese Gesamtstruktur erreicht. Sei es X oder Doppel-Boomerang, das ganze Gebilde erstreckt sich über einen Durchmesser von 5 Millionen Lichtjahren. Das ist ungefähr das 20-fache des Durchmessers der Milchstraße. Wäre das X von der Erde aus im Lichtspektrum sichtbar, wäre es laut Science Alert so groß wie der Mond.