Modulare Hülle für alte Gebäude spart bis zu 80 Prozent Energie ein
Mit der Sanierung von Bestandsgebäuden kann man viel ausrichten, wenn man klimaschädliche Treibhausgasemissionen senken will. Indem man die Wärmedämmung verbessert, fossile Heizsysteme ersetzt und die Kraft der Sonne nutzt, kann man viel Energie und Kosten einsparen.
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Im Gebäudesektor wurde in den vergangenen Jahrzehnten bereits viel erreicht, aber die Sanierungsrate müsste in Österreich noch deutlich steigen, um die Klimaziele zu erreichen. Ein neues Forschungsprojekt will Gebäudesanierungen möglichst einfach, schnell, nachhaltig und komfortabel für Bewohner*innen machen. Im Prinzip werden Häuser dabei mit vorgefertigten Modulen ummantelt, die mehrere Funktionen erfüllen.
Fußbodenheizung für die Außenwand
"Bei Standardsanierungen werden Gebäude meist eingerüstet und mit hohem manuellen Aufwand bearbeitet. Bewohner*innen müssen währenddessen oft ausziehen. Bei unserem System benötigt man kein Gerüst, niemand muss aus der Wohnung raus", sagt Christoph Rohringer vom Forschungsinstitut AEE INTEC. Er ist am Projekt RENVELOPE beteiligt, bei dem Gebäuden eine "energieadaptive Hülle" verpasst wird.
"Wir versuchen, möglichst viel über die Hülle zu lösen", sagt Rohringer. Gebäude werden mit einem Laserscanner exakt vermessen und Fassadenelemente werden angebracht. In ihnen enthalten sind eine Dämmschicht, aber je nach Anforderung auch Rohrleitungen, Lüftungsschächte oder Photovoltaikmodule. Die Rohrleitungen seien "wie eine Fußbodenheizung für die Außenwand", erklärt Rohringer. Sie seien mit einer Wärmepumpe verbunden, die Wärme - im Sommer aber auch Kälte - über Tiefensonden aus der Erde zieht.
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Bis zu 80 Prozent Energieersparnis
Sind in einer Wohnung eine Gastherme und Heizkörper vorhanden, benötigt man diese dann einfach nicht mehr. Rohringer: "Die Heizung in der neuen Hülle sollte ausreichen, um das gesamte Gebäude zu temperieren." In den wenigsten Fällen sei es notwendig, die bestehende Außenwand des Gebäudes zu durchbohren. Vorhandene Fenster können entweder weiter verwendet werden, oder es gibt in den Fassadenelementen integrierte neue Fenster.
Am Ende soll die neue Form der Gebäudesanierung bis zu 80 Prozent Energieersparnis bringen. Der genaue Wert hänge vom vorhandenen Gebäude ab. Anvisiert werden vor allem Gebäude aus der Nachkriegszeit. Sie besitzen eine glatte Fassade, die man leicht mit Modulen überziehen kann und in vielen Fällen eine eher schlechte Wärmedämmung. Im Rahmen des Projekts werden 3 Bestandsgebäude zur Demonstration saniert, darunter eine Schule in Knittelfeld, ein Student*innenwohnheim in Graz und ein sozialer Wohnbau in Wien.
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Gebäude wird "dicker"
Die Fassadenelemente mit den gewünschten Funktionen werden per Kran an das jeweilige Gebäude montiert. Je nach Fall können die einzelnen Elemente unterschiedlich groß sein. Manchmal handelt es sich etwa um relativ schmale, dafür mehrere Stockwerke hohe Bauteile. Durch die zusätzliche Hülle wird das Gebäude klarerweise ein wenig "dicker". Je nachdem, wie viele Schichten die Fassade enthält, sind es zwischen 18 und 30 Zentimeter, sagt Rohringer.
Im urbanen Raum kann das problematisch sein, etwa wenn dadurch Gehsteige schmäler würden. In solchen Fällen behilft man sich, indem man für den Gebäudesockel eine andere Form der Sanierung findet und die RENVELOPE-Elemente erst ab einer gewissen Höhe beginnen.
Einbindung in gesamtes Energiesystem
Am Dach der Gebäude, aber fallweise auch in der Fassade können Photovoltaikmodule oder Kollektoren für Solarthermie verbaut werden. Dazu gibt es ein eigenes Energiemanagementsystem, das beispielsweise in der Lage ist, die Wärmepumpen dann anzuwerfen, wenn günstiger, grüner Strom verfügbar ist, und die Wärme in der Gebäudemasse zu speichern. In Zukunft soll es laut Rohringer auch möglich sein, auf diese Art mehrere Gebäude im Kollektiv in ein Energiesystem einzubinden.
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Serielles Sanieren groß aufziehen
Die Module für die Gebäudesanierung von außen sollen in Serie gefertigt werden. Weil damit Zeit und Kosten gespart werden und Sanierungen generell ein Schub verliehen werden kann, wird das Thema bereits seit längerer Zeit erforscht. "Aber viele Projekte sind in der Prototypenphase stecken geblieben. Unser Ziel ist es, das serielle Sanieren richtig groß aufzuziehen", sagt Rohringer.
Schlüssel dazu sind viele Projektpartner, die die gesamte Wertschöpfungskette abbilden. "Planer*innen, technische Anbieter*innen, Baufirmen, Gebäudeeigentümer*innen - wir haben aus jeder Gruppe im Konsortium eine Auswahl an Partnern mit dabei." RENVELOPE wird vom Klima- und Energiefonds gefördert und ist Teil der Vorzeigeregion - Green Energy Lab.