Marsbeben helfen dabei, den Planeten besser zu verstehen
Der Mars ist seismisch aktiv. Das ergab die Analyse der Daten, die der InSight-Lander gesammelt hat. Er war am 23. November 2018 in der Elysium Planitia Region des Mars gelandet. Die Station besitzt ein Seismometer (SEIS), das seither Marsbeben aufzeichnet. Die Daten werden täglich an der ETH Zürich unter Leitung von Domenico Giardini ausgewertet.
Im ersten Messzeitraum bis Ende September 2019 konnte InSight 450 Ereignisse aufzeichnen, von denen 174 bisher ausgewertet wurden. Durchschnittlich entspricht das einem Beben täglich. Untersucht wurde, wie sich seismische Wellen durch den Planeten ausbreiten. Vergleichbar mit Röntgenstrahlung können die Forscher so Rückschlüsse auf die Beschaffenheit ziehen.
Eine künstlerische Konzept-Animation zeigt eine Simulation der seismischen Wellen eines Marsbeben, die sich durch die einzelnen Gesteinsschichten des Mars bewegen:
Marsbeben schwächer als auf der Erde
Marsbeben sind vergleichbar mit Erbeben, haben allerdings kleinere Magnituden. Die Magnitude gibt Auskunft über die Stärke einer Erschütterung. 24 Beben am Mars hatten eine Stärke zwischen 3 und 4. Diese würde man auf der Erde leicht spüren. Ihre Wellen breiten sich durch den Marsmantel aus. Der andere Teil der gemessenen Ereignisse hatte kleinere Magnituden, ihre Herdtiefe, also der Ursprung des Bebens, ist geringer und die Wellen breiten sich mit einer höheren Frequenz aus.
"Marsbeben weisen ähnliche Eigenschaften auf, wie sie bereits während der Apollo-Ära auf dem Mond beobachtet wurden. Sie dauern lange (10 bis 20 Minuten), da ihre Wellen aufgrund von Eigenheiten der Marskruste stark streuen", sagt Forschungsleiter Giardini. Das mache es schwieriger, den Ursprung eines Bebens zu lokalisieren. Man könne zwar die Entfernung des Herds bestimmen, jedoch nicht die Richtung.
Um die Daten zu sammeln, muss InSight Temperaturschwankungen zwischen -80 und 0 Grad Celsius sowie starkem Wind trotzen. Nach Sonnenuntergang legen sich diese Winde und so konnten die leisesten seismischen Daten des gesamten Sonnensystems aufgezeichnet werden.
Schrumpfender Mars
Die Wissenschaftler vermuten, dass die seismische Aktivität auf dem Mars nicht nur eine Folge der Abkühlung und damit des Schrumpfens des Planeten ist, sondern auch durch tektonische Spannungen verursacht wird. Die gesamte auf dem Mars freigesetzte seismische Energie liegt zwischen derjenigen der Erde und des Mondes.
SEIS erfasst auch das Hämmern der Mess-Sonde HP3. Die Grazer IWF-Wissenschafter sind an der Auswertung der Daten dieses Geräts beteiligt. Sie analysieren aus den Messergebnissen die bodenmechanischen Eigenschaften. Allerdings konnte die Sonde bisher nicht so weit wie gewünscht in den Boden eindringen.
Kristallines Grundgebirge
Dennoch konnten damit die physikalischen Eigenschaften der unmittelbar unter SEIS liegenden Bodenschichten abgebildet werden. Demnach ist InSight auf einer dünnen, sandigen Schicht von wenigen Metern Tiefe gelandet, die in der Mitte eines 20 Meter großen alten Einschlagkraters liegt. In größerer Tiefe sind die Eigenschaften der Marskruste den ETH-Forschern zufolge mit den kristallinen Grundgebirgen der Erde vergleichbar, sie scheint aber stärker zerklüftet zu sein.
Die Forscher halten trotz der Schwierigkeiten mit dem Bohrroboter HP3 an ihrem Ziel fest, weiter als die bisher erreichten rund 30 Zentimeter in den Boden des Planeten einzudringen. "Der Boden unter InSight ist unter einer dünnen zementierten Schicht deutlich lockerer als jemals vorhergesehen wurde. Es hat sich um HP3 ein Krater gebildet, wo das Material seitlich und nach unten zerbröselt. Damit ist derzeit ein tieferes Vordringen schwierig", sagt Günter Kargl vom Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Graz der APA.
Verlängerung der Mission geplant
Für die weitere Auswertung der Vortriebsdaten des Marsmaulwurfs HP3 sei man daher "derzeit etwas auf Standby", wie es Kargl formuliert. Das Gleiche gelte auch für die Wärmeflussdaten, die sich die Grazer Wissenschafter anschauen wollen. Prinzipiell sei die Mission ja auf mindestens zwei Erdjahre ausgelegt und man sei "zuversichtlich, dass die Mission auch darüber hinaus in die Verlängerung gehen kann".
Das Zusammenspiel der bisherigen HP3-Hammerdaten, des Seismometers und der seismologischen Auswertungen habe bereits ein sehr komplexes Bild der unmittelbaren Umgebung von InSight ergeben. "Die Daten, die produziert werden, sind vielleicht nicht ganz so sexy, wie neue Rover-Bilder, aber es ist Hardcore-Grundlagenforschung, die uns hilft den Planeten im Allgemeinen besser zu verstehen", so Kargl.