Neuartiges Dach holt mehr aus Sonnenenergie heraus
Für Österreicher, die ein Haus neu bauen oder sanieren, ist das Thema Energieverbrauch eines der wichtigsten. Aus Umfragen geht immer wieder hervor, dass sich ein Großteil intensiv mit der Verwendung erneuerbarer Energien auseinandersetzt. Die Nutzung der Sonnenstrahlung zur Strom- und Wärmeerzeugung liegt auf der Hand, schließlich liegt in Österreich die Globalstrahlung im Jahresmittel bei rund 1000 Kilowattstunden pro Quadratmeter.
Wer eine Photovoltaik- (PV) oder Solarthermieanlage am eigenen Hausdach installieren will, muss spezielle Halterungen anbringen, während das Dach darunter ungenutzt bleibt. Synergieeffekte wie das Nutzen der Abwärme einer PV-Anlage, gehen verloren. Der Steirer Bernd Eckel stieß bei der Sanierung seines eigenen Hauses auf diese Probleme und entwickelte eine Lösung dafür. Sie nennt sich "Energydach" und bringt eine Reihe weiterer Vorteile mit sich.
Vorbild aus der Elektronik
"Ich bin hauptberuflich in der Elektronikentwicklung tätig, wo zur Kühlung von Halbleitern Aluprofile verwendet werden. Das hat mich inspiriert", meint Eckel zur futurezone. Sein Energydach besteht aus dunklem Aluminiumblech und speziellen Aluminiumprofilen, in denen sich Rohre mit Wärmeträgerflüssigkeit (Wasser mit Frostschutzmittel) befinden. Die Wärme der Sonnenstrahlung wird vom Dach absorbiert und an die Trägerflüssigkeit weitergeleitet, die sich dadurch aufheizt. Damit kann Warmwasser erzeugt sowie Innenräume oder Swimming Pools geheizt werden.
Wärme aus Regen und Luft
Idealerweise wird das Energydach aber mit Wärmepumpe, Eisspeicher und Photovoltaik kombiniert, meint Eckel. Dadurch werde das gesamte Potenzial mehrerer Technologien ausgenutzt, um den Energiebedarf eines Einfamilienhauses für Heizung und Kühlung im Jahresverlauf vollständig zu decken. Im Gegensatz zu thermischen Solarkollektoren lässt sich die ganze Dachfläche zur Energiegewinnung nutzen. Dabei wird nicht nur Sonnenenergie, sondern auch die Umgebungstemperatur aufgenommen, etwa in Form von warmer Luft oder Regen. PV-Module können direkt auf den Aluprofilen des Daches montiert werden. Die von ihnen abgegebene Hitze wird ebenfalls vom Dach aufgenommen.
"An heißen Tagen heizt sich das Dach auf 70 Grad Celsius auf, aber das macht ihm nichts aus", meint Eckel. Selbst wenn der Flüssigkeitskreislauf im Dach gestoppt wird, treten keine Schäden auf. "In thermischen Solarkollektoren ist das anders. Wenn da keine Flüssigkeit durchfließt, erwärmen sie sich unter der Glasabdeckung auf bis zu 200 Grad. Das hält die Flüssigkeit nicht aus. Die zersetzt sich dann." In Solarkollektoren finde man außerdem Komponenten wie Gummidichtungen, die mit der Zeit ersetzt werden müssen, während das Energydach weitgehend wartungsfrei bleibt. Das Dach sei zudem unempfindlich gegenüber Schnee, Eis und Hagel.
Kosteneffizienz
Die Kosteneffizienz war für Eckel einer der wichtigsten Punkte bei der Entwicklung des Energydaches. "Mir geht es nicht darum, pro Quadratmeter am meisten Energie zu erzeugen, sondern pro gewonnener Energie den geringsten Preis zu zahlen. Die Sonne strahlt so viel Energie auf die Erde ab, dass es gar nicht darauf ankommt, den höchsten Wirkungsgrad zu erzielen." Die Mehrkosten für ein Energydach im Vergleich seien laut Eckel überschaubar. "Wir gehen von 30 bis 40 Euro Mehrkosten pro Quadratmeter im Vergleich zu einem Ziegeldach aus." Extrakosten für die Errichtung von thermischen Solarkollektoren oder von Montagegestellen für PV-Module erspare man sich andererseits.
Dass das Konzept des Energydachs funktioniert, erfährt Eckel seit 2017 in seinem eigenen Haushalt. "Ich wollte das Ganze zuerst selber testen, bevor ich die Idee verbreite." International habe Eckel kaum vergleichbare Konzepte entdeckt. "Eine Firma in der Schweiz macht Kupferdächer mit Kupferrohren darauf. Das funktioniert auch gut, ist aber fürchterlich teuer." Derzeit befindet sich Eckel in Gesprächen mit potenziellen Partnern, um das patentierte Energydach zu vermarkten.
Klimaziele
16 Prozent der Treibhausgasemissionen Österreichs gehen derzeit auf die Heizung und Warmwasserbereitung in Gebäuden zurück. Der Wert ist durch die Sanierung von Gebäuden, inklusive Verwendung besserer Wärmedämmung, in den vergangenen Jahren stets gesunken. Dennoch werden immer noch 27 Prozent des heimischen Energiebedarfs dafür aufgewendet. Ein großer Teil davon wird mit fossilen Energieträgern wie Erdgas und Erdöl abgedeckt. Der Umstieg auf erneuerbare Wärme ist in der österreichischen Klima- und Energiestrategie mission2030 verankert. Das Ziel ist auch im neuen Regierungsprogramm festgehalten, genauso wie die Förderung lokaler Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen (Stichwort Energiegemeinschaften).
Österreich zählt bei Solartechnologien zu den führenden Ländern der Welt. Die Verbreitung von Photovoltaikanlagen steigt seit Jahren stetig an. Bei Solarthermie gab es bis 2009 einen rasanten Anstieg, seitdem jedoch einen leichten Rückgang, der vor allem auf hohe Komplexität und Kosten derartiger Anlagen zurückzuführen ist. Österreich liegt in der Statistik der Kollektorfläche pro Kopf dennoch auf Platz zwei (Erster ist Barbados). Acht Prozent der heimischen Haushalte erzeugen ihr Warmwasser mit Solarthermie. Zunehmende Verbreitung finden Wärmepumpen, die oft auch in Kombination mit Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen auftreten.