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Roboter bekämpft tödliche Keime im Krankenhaus

In vielen Büros und Wohnungen saugen und wischen mittlerweile Roboter. Anders ist das derzeit noch in Krankenhäusern: Zwar wären Roboter auch dort praktisch, allerdings ist die Reinigung von OP-Sälen und Intensivstationen anspruchsvoller. „Im Krankenhaus sehen Sie Teams, die  mit Wägelchen und Tüchern unterwegs sind und damit reinigen und desinfizieren“, erklärt die Lebensmittel- und Biotechnologin Gabriele Ettenberger-Bornberg

Richtige Desinfektion ist in Gesundheitseinrichtungen entscheidend – andernfalls können sich gefährliche Mikroorganismen und Viren schnell ausbreiten. Das kann im schlimmsten Fall tödlich sein. Eingesetzt werden in der Regel hochwirksame Desinfektionsmittel .

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Kleiner Roboter für Krankenhaus-Desinfektion

Forscher des Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI), ein Institut der Austrian Cooperative Research (ACR), haben nun einen neuartigen Roboter entwickelt, der Böden in Gesundheitseinrichtungen genauso gründlich desinfiziert wie menschliche Reinigungskräfte. Ähnliche Geräte gibt es zwar schon seit einiger Zeit. Diese arbeiten jedoch oft mit UV-Licht, das von einer großen Quecksilberlampe erzeugt wird. Diese Roboter sind groß und sperrig.

„Wir arbeiten hingegen mit UV-LED und können deshalb mit unserem Gerät auch unter Betten fahren“, erklärt Ettenberger-Bornberg, die das Projekt „RobiDES“ leitete und die kürzlich mit dem Woman Award der ACR ausgezeichnet wurde. Im Gegensatz zu gewöhnlichen UV-Lampen lassen sich UV-LED-Lampen miniaturisieren.

FAKTEN

Keime im Krankenhaus

In medizinischen Einrichtungen gibt es eine Vielzahl an Keimen, die ein Infektionsrisiko bergen. Darunter sind Bakterien wie MRSA, E.coli und Enterokokken. Auch Noroviren oder Coronaviren zählen dazu. Gefährlich sind außerdem Schimmel- und Hefepilze wie Candida albicans, ein Pilz, der häufig Münder, Genitalien und die Haut von Menschen befällt.

4.500-5.000 Tote

gibt es jährlich in Österreich wegen bakterieller Infektionen mit Krankenhauskeimen. Viele Todesfälle könnten durch bessere Hygienemaßnahmen verhindert werden. 95.000 Personen infizieren sich hierzulande insgesamt im Jahr mit gefährlichen Erregern.

UV-LED (Ultraviolett-Leuchtdioden) 

Solche Lichtquellen emittieren UV-Licht unterhalb des sichtbaren Lichtspektrums. Im Unterschied zu Standard-UV-Lampen handelt es sich um eine Halbleitertechnologie, die statt Gas elektrische Spannung nutzt.

UV-LED dringt in die DNA ein

Ein weiterer Vorteil dieser Lampen ist neben ihrer geringeren Größe, dass sie Lichtstrahlen mit unterschiedlichen Wellenlängen emittieren können und so ein breiteres Wirkspektrum haben. „UV-LED kann in die DNA eindringen und so etwa Bakterien durch den Energieeintrag unschädlich machen“, so die Forscherin.

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Abgesehen von der Lampe kann der Roboter aber auch mit herkömmlichen Desinfektionsmitteln befüllt werden. Diese Chemie verteilt der Roboter mit einem Tuch auf dem Boden und bekämpft damit gezielt Keime. 

Bei seinen Desinfektionsfahrten arbeitet er autonom. Wie ein Staubsaugerroboter kann er Grundrisskarten von Räumen speichern und diese in exakten Bahnen abfahren. Durch Sensoren erkennt er Hindernisse und weicht diesen aus. Das Gerät wird mit einem Akku betrieben und lädt sich selbstständig in einer Ladestation auf. Chemische Mittel müssen derzeit noch händisch nachgefüllt werden, man arbeitet aber an einer automatischen Befüllung. Beim UV-LED-Modus muss hingegen kein Mittel nachgefüllt werden. 

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Feldversuch im Pflegeheim

„Beide Systeme haben Vor- und Nachteile. Wenn man mit UV-LED arbeitet, fährt der Roboter recht langsam, damit ausreichend Energie entsteht. Mit Desinfektionsmittel ist er schneller, aber man muss es nachfüllen“, so die Forscherin. Ein Feldversuch im Pflegeheim zeigte, dass das Gerät ähnlich gründlich desinfiziert wie eine menschliche Reinigungskraft. Zusätzlich ist jedoch durch ein Programm genau nachvollziehbar, wo der Roboter desinfiziert hat. Das ist im Gesundheitsbereich ein  Vorteil, weil die Dokumentation bei der Qualitätssicherung hilft.

Lange tüftelten die OFI-Forscher an dem Desinfektionsroboter.

Der Roboter erledigt nicht nur lästige Arbeit, sondern kann auch unter gefährlichen Bedingungen eingesetzt werden. Die Idee dazu entstand während der Corona-Pandemie: „Damals sind alle Reinigungsteams davongerannt, weil sie Angst hatten, in die Zimmer reinzugehen. Wir haben uns deshalb überlegt, wie wir sie unterstützen können“, erklärt die Forscherin. Sie sieht in Robotern eine mögliche Aufwertung des Reinigungsberufs. „Es ist harte Arbeit, viele klagen etwa über Rückenschmerzen. Stattdessen könnten sie etwa die Geräte betreuen“, sagt sie. 

Ende Oktober wird das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG aus Mitteln des Wirtschaftsministeriums BMAW geförderte Projekt abgeschlossen. Partner sollen den Prototypen dann zur Marktreife weiterentwickeln. 

* Diese Serie erscheint in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft. 

Großer Desinfektionsroboter von Xenex.

Mit diesen Geräten werden Viren, Bakterien und Pilze derzeit beseitigt

In den vergangenen Jahren hat sich nicht nur bei den robotischen Haushaltshilfen einiges getan, sondern auch  in Krankenhäusern, Laboren und in Arztpraxen ist bereits manches Gerät unterwegs. Bei Desinfektionsgeräten setzen die Hersteller auf unterschiedliche Funktionsweisen. Es gibt Geräte, die mit Lichtstrahlen Keime töten, andere sprühen chemische Mittel auf Oberflächen und Geräte. 

Auf sogenanntes gepulstes Xenon-UV-Licht setzt etwa der US-Hersteller Xenex bei seinem LightStrike Roboter, der mit Licht besonders effizient Keime wie C. difficile bekämpfen soll, die Durchfallerkrankungen auslösen.  Der dänische UVD-Roboter von Ocean Robotics tötet Organismen mit UV-C-Licht ab. Er wurde neben medizinischen Einrichtungen auch schon auf Flughäfen und in Einkaufszentren gesichtet. 

Das deutsche Fraunhofer Institut hat wiederum einen modularen Roboter entwickelt, der zwischen verschiedenen Desinfektionsarten wechseln kann. Er wischt, sprüht Mittel und bestrahlt mit UV-Licht. Mit Sensoren kann das Gerät sogar erkennen, wie stark etwas verschmutzt ist und die Reinigungsleistung daran anpassen. 

Roboter zur Desinfektion werden derzeit vor allem in den USA und asiatischen Ländern wie Südkorea oder China eingesetzt. Aber auch hierzulande findet man sie vereinzelt schon –  etwa im Krankenhaus St. Vinzenz im Tiroler Ort Zams, wo ein UV-C-Roboter Räume desinfiziert. 

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Jana Unterrainer

Überall werden heute Daten verarbeitet, Sensoren gibt es sogar in Arktis und Tiefsee. Die Welt hat sich durch die Digitalisierung stark verändert. Das interessiert mich besonders, mit KI und Robotik steigt die Bedeutung weiter enorm.

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