Wie aus Cola-Dosen neue Autos gemacht werden können
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Von der Getränkedose über die Kaffeemaschine bis zum Auto: Aluminium ist fast überall enthalten. Das Metall verfügt über ideale Materialeigenschaften wie Festigkeit und Umformbarkeit und sorgt dafür, dass die Produkte leicht und sicher sind. Die Neugewinnung von Aluminium ist allerdings aufwendig, schädlich und teuer.
Aluminium wird unter anderem in Südamerika und China abgebaut und ist im Erz Bauxit enthalten. Das Metall muss mit einem aufwendigen Verfahren herausgelöst werden. Dabei entsteht auch Rotschlamm als Abfallprodukt, der giftige Chemikalien und Schwermetalle beinhaltet. „Die Raffination ist nicht umweltverträglich und verbraucht immens viel Energie. Dann muss das Material etwa von Brasilien auch noch nach Österreich transportiert werden“, sagt Bernd Panzirsch vom Österreichischen Gießerei Institut (ÖGI).
Wissensbasis schaffen
Das Recyceln von Aluminium ist hingegen viel umweltfreundlicher, zumal weniger Energie benötigt wird und der Ausstoß von Treibhausgasen geringer ist. Insbesondere die Automobilbranche will die Recyclinganteile künftig weiter erhöhen. Um aber überhaupt festzustellen, wie viel sekundäres Aluminium ein Gussteil verträgt, bevor die Qualität darunter leidet, bauen die Forschungsinstitute ÖGI, das Österreichische Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) und das Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz (ZFE) der Austrian Cooperative Research (ACR) im Rahmen des Projekts SekAl nun die nötige Wissensbasis auf.
➤ Mehr lesen: Wie kalt gepresstes Aluminium den CO2-Ausstoß senken kann
Die heimischen mittelständischen Gießereien sind für die europäische Automobilbranche ein wichtiger Partner. „Momentan erhalten Gießer Primärmaterial, also Aluminiumlegierungen ohne große Verunreinigungen. Mit dem produzieren sie für die Automobilindustrie verschiedene Werk- oder Karosserieteile. Kommen diese Jahre später zum Schrotthändler, werden die Legierungen herausgezogen“, sagt Panzirsch. Da diese bereits qualitätsgesichert sind, können sie recht einfach wieder eingeschmolzen und mit relativ guter Qualität wiederverwendet werden.
Mangel an Ressourcen
Wenn aber künftig alle Automobilhersteller vermehrt auf Recyclingmaterial, das aus alten Autos zurückkommt, zugreifen wollen, gebe es eine Knappheit. Damit müssten auch andere Schrotte zum Einsatz kommen, etwa Skistöcke, Getränkedosen oder Einrichtungsgegenstände. „Diese weisen aber verschiedene Aluminiumlegierungen auf, die unterschiedliche chemische Elemente mit hineinbringen. Diese Vielfalt an Elementen bringt Probleme“, so der ÖGI-Forscher. Denn bereits winzige Mengen eines bestimmten Elements können die Materialeigenschaften negativ beeinflussen und die Qualität eines Gussteils verändern.
Auch können im Aluminium-Schrott Fremdstoffe wie Plastik enthalten sein. „Ziel ist es, zu ermitteln, was im Schrott enthalten ist und welche Elemente davon schädlich sind.“ Zusätzlich wolle man herausfinden, welche Phasen etwa für Korrosion verantwortlich sind und welche die Festigkeit des Materials negativ beeinflussen. „Als Phase werden Mikrostrukturbestandteile bezeichnet, innerhalb derer die Materialeigenschaften wie Dichte oder chemische Zusammensetzung homogen sind. Sie können etwa festigkeitssteigernd in der Aluminiumlegierung wirken,“ so Panzirsch.
Wenn ein Metall eine bestimmte Festigkeit haben soll, kann eine Wärmebehandlung angewendet werden. Dabei bilden sich Phasen aus den chemischen Elementen der Aluminiumlegierung, die die Festigkeit verbessern. „Unerwünschte Phasen aufgrund von Begleitelementen können versprödend wirken – das Material bricht bereits bei kleinen Verformungen.“
Datenbank erstellen
Am Ende des Projekts soll eine Datenbank erstellt werden, welche Gießer*innen in Österreich Informationen liefern soll, wie sie sekundäres Aluminium ohne Risiko und Qualitätsverlust verwenden können. „Wir werden zwar auch in Zukunft immer frisches Aluminium benötigen, aber ein großer Teil lässt sich durch recyceltes ersetzen, das nicht mehr abgebaut, raffiniert und transportiert werden muss. Das ist ein massiver Umweltvorteil“, sagt Panzirsch der futurezone.
Er ergänzt: „Ich würde mir wünschen, wenn ich die Cola-Dose, die ich gerade getrunken habe, in paar Monaten in der Struktur eines Autos wiederfinden würde.“ Das Projekt wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft gefördert.
Diese Serie erscheint in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft.
Neue Autofelgen von BMW aus Aluminium-Schrott
Der deutsche Autobauer BMW setzt gemeinsam mit dem Felgenspezialisten Ronal auf recyceltes Aluminium. Das Leichtmetall kommt nicht nur für das Getriebegehäuse oder den Motorblock zum Einsatz, sondern insbesondere für die Felgen.
Um den Verbrauch von Neualuminium zu reduzieren, dessen Abbau energieintensiv, klimaschädlich und giftig ist, wollen BMW und Ronal nun Aluminium-Schrott zunehmend zum Einsatz bringen. Ronal nutzt als Ausgangsmaterial Leichtmetallfelgen von alten Autos, die sich bereits am Ende ihrer Lebenszeit befinden.
Felgen schreddern
Damit kann der Hersteller die Sortenreinheit des Materials sicherstellen. Auch müssen nur wenige Legierungsstoffe eingesetzt werden. Um die alten zu neuen Felgen zu verarbeiten, werden zunächst der Lack abgeputzt und die Wuchtgewichte entfernt. Danach werden die Felgen geschreddert und im Anschluss neu eingeschmolzen. Das erste Serienfahrzeug von BMW, das mit 100 Prozent recycelten Alu-Felgen ausgestattet ist, ist das vollelektrische Mini Cooper SE Cabrio.
Als weitere günstigere CO2-reduzierte Alternative wird BMW auch sogenannte R70-blue-Räder anbieten. Die bestehen aus 60 Prozent Aluminium-Schrott und 40 Prozent Low-Carbon-Primäraluminium. Dieses „frische“ Leichtmetall wird mit grünem Strom eingeschmolzen.
Kommentare