Software verkürzt Wartezeiten bei Ärzten
Stundenlang bei Arztbesuchen zu warten, obwohl man einen Termin hat, ist wohl fast jedem schon einmal passiert. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von überbuchten Terminen bis hin zur schwer abschätzbaren Behandlungsdauer einzelner Patienten.
Was bei Patienten zu Frust führt, kann für Ärzte Umsatzausfälle bedeuten. "Das Problem ist komplex", sagt Lukas Krafft. Auch er hat schon viel Zeit in Wartezimmern verbracht. Mit seinem Start-up Naboto will der Gründer Abhilfe schaffen. Die von seinem Start-up angebotene gleichnamige Software - Naboto steht für Not another booking tool - will mithilfe künstlicher Intelligenz die Terminvergabe in Ordinationen optimieren und Wartezeiten minimieren.
Online-Wartenummern
Patienten können über die Software online Termine vereinbaren und erhalten Benachrichtigungen, wenn es zu Verzögerungen kommt. Für den Arztbesuch am selben Tag können auch Wartenummern online gezogen werden. Am Smartphone lässt sich dann mitverfolgen, wie lange es noch dauern wird und wann man vor Ort in der Praxis sein muss.
Ärzte können mit Hilfe der Lösung die ihnen zur Verfügung stehenden Kapazitäten besser planen und auch individuelle Präferenzen - etwa bessere Auslastung oder weniger Stress - angeben.
Ausfälle und saisonale Schwankungen
"Es macht einen Unterschied, ob eine junge Dame im Sommer zur Kernspintomografie kommt oder ein älterer Herr im Winter, erläutert Krafft. Das An- und Auskleiden nehme unterschiedlich viel Zeit in Anspruch. Die Behandlungsdauer könne mit Hilfe der Software genauer geplant werden.
Auch die Wahrscheinlichkeit, dass einige Patienten nicht zum vereinbarten Termin erscheinen und saisonale Schwankungen der Auslastung, etwa durch die Grippewelle, werden von der Software berücksichtigt. "Wenn das Modell näher an der Realität dran ist, profitiert die ganze Planung davon", sagt Krafft. "Wir haben etwa auch gelernt, dass in der vorweihnachtlichen Zeit mehr Leute mit Zahnfleischproblemen zu Zahnärzten kommen. Das liegt daran, dass mehr Zitrusfrüchte gegessen werden."
Geringere COVID-19-Ansteckungsgefahr
Durch intelligentes Wartelistenmanagement lasse sich nicht nur die Wartezeit minimieren, sagt Krafft. Während der Corona-Krise könne auch die Ansteckungsgefahr für Patienten verringert werden.
Das Start-up arbeitet dabei mit mathematischen Modellen, schon bald soll die Software aber aus den Daten selbst lernen. Es sei gewaltig, wie gut man anhand von Daten Ausfälle vorhersagen könne, meint der Gründer. "Bis man die Daten generiert hat, dauert es aber." Personenbezogene Gesundheitsdaten würden dabei weder verarbeitet noch weitergegeben, betont Krafft. "Data privacy ist uns ein Herzensanliegen."
Marktstart
Seit kurzem ist die Software am Markt. Derzeit hat das Start-up, das auch an zwei großen Projekten mit Partnern aus dem Gesundheitsbereich arbeitet, aber mit Engpässen zu kämpfen. Krafft: "Die Nachfrage ist sehr groß. Wir kommen mit der Arbeit kaum nach." Geplant ist auch die Integration von Videokonsultationen in die Software. Ein Pilotprojekt dazu läuft bereits.
Gegründet wurde Naboto im Herbst 2018 von Krafft gemeinsam mit Samuel Brender und Sebastian Altenhuber. Die Gründer kennen sich bereits seit der Schulzeit. "Wir decken das Spektrum ganz gut in alle Richtungen ab", erzählt der TU-Wien-Absolvent, der auch seine Diplomarbeit zum Thema Wartezeitenmanagement geschrieben hat.
Finanzierung
Die erste Finanzspritze bekam das Start-up, dass sich zu 100 Prozent im Besitz der Gründer befindet, vom universitären Gründerservice INiTS, eine Preseed-Förderung des aws (austria wirtschaftsservice) folgte. "Wenn der Rest des Jahres so gut läuft, wie wir uns das vorstellen, können wir das nächste Jahr aus eigener Kraft finanzieren", sagt Krafft. Auch mit Investoren steht man in Kontakt.
Die Expansion, zunächst in Mitteleuropa und später potenziell auch in die USA wird bereits angedacht. Als nächstes will das Naboto-Team aber die Software weiterentwickeln, sagt Krafft: "Wir sind Nerds, die sich freuen, wenn sie ihr Produkt verbessern können."
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und austria wirtschaftsservice (aws).