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4 Millionen Euro für 17.000 Meldungen: Das war die Stopp-Corona-App

1,6 Millionen Downloads. 17.000 Nutzer*innen, die ihre Kontakte gewarnt haben. 4 Millionen Euro Gesamtkosten. Das sind die „Hard Facts“ zur Stopp-Corona-App. Diese wurde im März 2020 ins Leben gerufen, um andere Menschen vor Corona-Infektionen zu warnen und damit Infektionsketten zu unterbrechen.

Das Gesundheitsministerium gab am Dienstag bekannt, dass knapp 2 Jahre später der App der Stecker gezogen werden soll. Die Finanzierung läuft aus und wird nicht mehr verlängert. Das Rote Kreuz, das die App gemeinsam mit Accenture ins Leben gerufen hat, zeigt sich enttäuscht.

„Mithilfe der Stopp-Corona-App konnten seit Beginn zigtausend Infektionsketten unterbrochen und so weitere Menschen vor einer Ansteckung geschützt werden. Durch das Auslaufen der Förderung des Gesundheitsministeriums sieht sich das Rote Kreuz gezwungen, den Betrieb der Stopp-Corona-App einzustellen, was wir sehr bedauern. Der Betrieb der Stopp-Corona-App ist noch bis 28. Februar 2022 durch Fördergeld gesichert“, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der futurezone.

Ob die App danach aus den jeweiligen App Stores entfernt wird, ist noch unklar. Viele Nutzer*innen, die die App bis zuletzt verwendet hatten, zeigten sich enttäuscht und wollen diese von ihren Smartphones deinstallieren, wie man der futurezone erzählt. Einige Nutzer*innen erzählten stolz, dass sie „zumindest einmal“ eine Warnung über die App bekommen haben.

Vergleich mit Deutschland

Doch insgesamt wird die App nicht mehr weiter gefördert, weil es schlichtweg zu wenige aktive Nutzer*innen gab. Wenn in 2 Jahren 17.000 Personen über die Stopp-Corona-App Warnungen verschickt hatten, ist das alles andere als beeindruckend, wenn man es mit den aktuellen Corona-Infektionszahlen vergleicht. In den vergangenen Tagen lagen die bei über 15.000 Neuinfektionen pro Tag.

Im Vergleich mit der Corona-Warn-App, die in Deutschland eingesetzt wird, ist die Stopp-Corona-App allerdings vergleichbar günstig. Die bisherigen Kosten für die Corona-Warn-App beliefen sich auf mehr als 130 Millionen Euro. Alleine die Entwicklungskosten von 53 Millionen Euro waren deutlich höher als jene der österreichischen Lösung. Die monatlichen Betriebskosten lagen im Jahr zudem bei 4 Millionen Euro. In Österreich beliefen sich die Gesamtkosten für das Projekt auf 4 Millionen, wie die futurezone vom Roten Kreuz in Erfahrung brachte.

In Deutschland ist die Nutzung der App allerdings deutlich höher. Die deutsche Warn-App wurde 40 Millionen Mal runtergeladen und es wurden damit 1,3 Millionen Warnungen verschickt. Die App wurde mehrfach adaptiert und kann viel mehr als die österreichische Lösung.

In Deutschland hat man daher ein ganz anderes Problem: Während man sich in Österreich darüber freut, wenn einen die App „wenigstens einmal“ gewarnt hat, bekommen dort viele Nutzer*innen ständig die rote Warnmeldung mit „erhöhtem Risiko“ angezeigt, weil sich in der aktuellen Omikron-Welle täglich Zehntausende neu infizieren und dies auch via App melden. Dort freut man sich aber seitens des Gesundheitsministeriums darüber, dass die App „ihren Dienst tut“.

Schlechtes Image von Anfang an

Österreich war mit der Stopp-Corona-App Vorreiter in der EU. Doch das Vorzeige-Digitalprojekt scheitert. Warum? Leider zeichnete sich das von Anfang an ab. Es lag wohl an der starken Politisierung der App gleich zu Beginn der Corona-Pandemie. Damals hieß es aus ÖVP-Kreisen, dass die App verpflichtend eingeführt werden soll. Zahlreiche User*innen hatten Angst davor, automatisch in Quarantäne gesteckt zu werden. Damit war der Ruf der an und für sich guten Idee von Anfang an ruiniert und das angeknackste Image machte der App zeitlebens zu schaffen.

Dann gab es auch noch das Problem, dass es sich bei der App um eine "stille App" handelt. Eine, die man am Smartphone installiert hat und die in der Regel nichts tut, außer "aktiv" zu sein. Vielen Nutzer*innen war die Technik dahinter nicht klar und weil die App in der Regel still war, vergaßen viele, dass sie im Fall einer Infektion eine aktive Meldung abgeben müssten. Im ersten Pandemiejahr gab es außerdem technische Probleme und die App hatte offenbar wochenlang unbemerkt keine Daten abgeglichen. „Wie soll man der App vertrauen, wenn sie plötzlich ohne Warnung wochenlang nicht funktioniert?", hieß es damals seitens der Nutzer*innen.

Nun heißt es also Stopp für die Stopp-Corona-App.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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