FILE PHOTO: A statue of a girl facing the Wall St. Bull is seen in the financial district in New York
© REUTERS / Brendan McDermid

Digital Life

Streit um manipulierte Aktienkurse eskaliert

Die durch Reddit-User ausgelösten Milliardenumwälzungen an der US-Börse, die einige Hedgefonds an den Rand des Ruins brachten, schlagen weiterhin hohe Wellen. Wie am Donnerstag bekannt wurde, sperrte die beliebteste Trading-App Robinhood den Handel der betroffenen Aktien wie Gamestop ($GME) oder der strauchelnden Kinokette AMC ($AMC). Gleichzeitig gab Robinhood bekannt, dass man neue Regeln für riskante Trades einführe.

Nutzer empört

Dass die beliebte Trading-App, die das Handeln an der Börse für Kleinanleger und Privatpersonen erleichtern will, sich dem Druck der Wall Street beugt, kommt bei den über 12 Millionen Usern definitiv nicht gut an, wie ein Blick auf Social-Media-Plattformen zeigt. Denn die Aktion nahm ja genau bei Leuten ihren Ausgang, die gegen übermächtige Hedgefonds-Manager und etablierte Finanz-Player ein kräftiges Zeichen setzen wollten.

Viele User zeigten sich entsetzt, dass die Plattform den Handel der besagten Werte einfach abdrehte und somit dafür sorgte, dass User mit bestehenden Aktienanteilen nun hohe Verluste einfahren mussten. Denn während die Titel auf anderen Plattformen weiterhin gehandelt wurden, hatten manche Robinhood-User keinen Zugriff auf ihre Aktienanteile und konnten diese auch nicht rechtzeitig wieder abstoßen.

Kritisiert wurde auch, dass die Plattform den weiteren Kauf der besagten Aktien sperrte, und teilweise offenbar sogar Aktien in riskanten Margin-Trades ohne Zustimmung der User verkaufte. Gleichzeitig gab es allerdings auch vereinzelte Berichte, wonach Privatanleger auf den künstlich erzeugten Hype aufsprangen, um von den kurz darauf folgenden Preisstürzen hart getroffen zu werden

Seltene Allianz

Diverse Robinhood-Nutzer kündigten eine Sammelklage gegen die App-Betreiber an. Das umstrittene Vorgehen förderte auch eine seltene politische Allianz zutage. So bezeichnete die populäre demokratische Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez die Sperre als inakzeptabel. "Wir müssen mehr darüber herausfinden, warum Kleinanleger daran gehindert wurden, Aktien zu kaufen, während Hedgefonds ohne Einschränkung weiter handeln konnten, wie es ihnen beliebt", schrieb sie sinngemäß auf Twitter.

Unterstützung bekommt sie dabei ausgerechnet vom republikanischen Senator Ted Cruz, der durch sein Verhalten rund um die Wahlanfechtung Trumps und den Sturm auf das Kapitol bei den meisten Demokraten, aber auch einigen Republikanern als Persona non grata und demokratiefeindlich gilt. Cruz ließ es sich heute nicht nehmen, Ocasio-Cortez auf Twitter beizupflichten, die wiederum in konservativen Kreisen zutiefst verhasst ist.

Racheaktionen angekündigt

Neben den von Usern angekündigten Klagen werden Robinhood aber auch Vergeltungsaktionen angekündigt. Eine davon waren schlechte App-Bewertungen, die nach dem Handelsstopp Google Play Store, aber auch Apples App Store fluteten. Weitere Racheaktionen könnten auf die Infrastruktur von Robinhood abzielen. Dass die Plattform aus diesem Marketing-Supergau unbeschadet hervorgehen kann, scheint aus heutiger Sicht ausgeschlossen.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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