
SR-71 Blackbird (Hintergrund links und rechts mit KI erweitert)
China baut Kampfjet-Antrieb, um Rekord der legendären SR-71 zu schlagen
Chinas Luftfahrt-Bemühungen haben ein Nadelöhr: den Antrieb. Zwar hat das Land gewaltige Kapazitäten um militärische und zivile Flugzeuge zu bauen, bei der Technologie hinkt es aber noch hinterher. Dabei geht es nicht um die gerne zu Propagandazwecken genutzten Hyperschallantriebe, sondern reguläre Triebwerke für Passagiermaschinen und Kampfjets.
Seit Jahren versucht China hier technologisch aufzuholen und seit Jahren wird gemunkelt, dass nicht aufholen, sondern überholen das Ziel ist. Jetzt wurde erstmals in China offiziell bestätigt, dass an einem Turbojet-Antrieb gebaut wird, mit dem Flugzeuge Mach 4 erreichen sollen – also gut 4.900 km/h.
SR-71 Blackbird als Vorbild
Die Bestätigung kommt in der Form einer aktuellen Studie, berichtet scmp. Darin berichten Wissenschafter des Taihang National Laboratory über die Fortschritte beim Antrieb. Demnach wurde eine Reihe von Tests im Labor für ein Triebwerk abgeschlossen, das effizient und stabil Geschwindigkeiten bis zu Mach 4 ermöglicht.
Dabei bedient man sich moderner Technologie, wie KI zur Echtzeitsteuerung. Aber auch eine Legende der Luftfahrt ist Vorbild: die Lockheed SR-71 Blackbird. Das Aufklärungsflugzeug war von 1966 bis 1998 bei der US Air Force aktiv. Es hält bis heute den offiziellen Geschwindigkeitsrekord für Flugzeuge mit Turbojet-Antrieb. 1976 wurden 3.529,6 km/h erreicht, was in der Flughöhe Mach 3,35 entsprach.
Laut eigener Aussage flog der Pilot Brian Shul sogar Mach 3,5 im Jahr 1986, als er bei einem Einsatz über Libyen einer Rakete auswich. Dieser Rekord gilt aber als unbestätigt.
Hybrider Antriebsmodus
Genau wie bei der SR-71 soll der neue, chinesische Antrieb auf 2 Arten gleichzeitig arbeiten. Herkömmliche Turbojets (Turbinen-Strahltriebwerk) sind die am meisten genutzten Triebwerke der Welt bei Flugzeugen. Sie kommen sowohl bei Kampfjets als auch Passagiermaschinen zum Einsatz. Sie saugen Umgebungsluft ein und komprimieren sie in einem Verdichter. In der Brennkammer kommt Treibstoff hinzu. Das Gemisch wird verbrannt. In der Schubdüse expandiert das Gas noch weiter, wodurch sich die Strömungsgeschwindigkeit erhöht.
Bei militärischen Maschinen kommt ein Nachbrenner hinzu. Dabei wird Treibstoff, im Bereich der Schubdüse, direkt dem Gas zugeführt. Das erhöht die Geschwindigkeit und wird von vielen Kampfjets benötigt, um Überschallgeschwindigkeiten (an Mach 1) zu erreichen. Auch bei Starts nutzen Kampfflieger Nachbrenner, um etwa von Flugzeugträgern oder kurzen Startbahnen abheben zu können.
Der Nachbrenner ist sehr ineffizient: Er erhöht dem Treibstoffverbrauch bis zum Faktor 10, gegenüber der normalen Triebwerksnutzung. Da die SR-71 für lange Zeit mit hohen Überschallgeschwindigkeiten unterwegs sein sollte, war das keine Option: Der Treibstoff hätte nicht gereicht.
Deshalb wurde beim J58-Triebwerk der Blackbird das Prinzip des Turbinen-Strahltriebwerks mit dem eines Staustrahltriebwerks (Scramjet) verbunden. Bei hohen Geschwindigkeiten wird einströmende Luft über 6 Rohre direkt in den Nachbrenner geführt, also am Turbojet vorbei. Scramjets arbeiten bei hohen Geschwindigkeiten effizienter als Turbojets, können aber erst bei Überschallgeschwindigkeit genutzt werden, weil sie Luft nicht mechanisch einsaugen, sondern dies rein durch den starken Luftstrom beim Fliegen erfolgt.
Bei hohen Geschwindigkeiten war die Scramjet-Komponente des J58 für rund 80 Prozent des Schubs zuständig. Das führte dazu, dass bei der Annäherung an die damals geplante Höchstgeschwindigkeit von Mach 3,2 der Treibstoffverbrauch bei längeren Strecken zurückging, im Gegensatz zu niedrigeren Geschwindigkeiten. Der Nachteil war, dass die Steuerung dieses Dual-Mode-Triebwerks sehr komplex und fehleranfällig war. Daher hatte die SR-71 einen sehr hohen Wartungsaufwand.

Das Diagramm zeigt den Luftstrom und die Funktion des J58 bei verschiedenen Geschwindigkeiten
© Inductiveload/Wikimedia Commons
Chinesische Chips und KI verbessern Antrieb
Dass wollen die chinesischen Forscher bei ihrem Hybrid-Antrieb mit moderner Elektronik und KI lösen. Dies war laut den Wissenschaftern eine Herausforderung, da das Triebwerk aktuellen Anforderungen der chinesischen Armee entsprechen musste: Es durften keine westlichen Computerchips oder anderen Komponente genutzt werden. Denn sollte es zu einem bewaffneten Konflikt oder Handelskrieg kommen, könnten durch ein Embargo auf solche Teile die Antriebe nicht mehr gebaut werden.
Hinzu kam, dass die Prozessoren, die zur Steuerung der Antriebskomponenten benötigen werden, die harschen Bedingungen aushalten müssen, die bei Flügen bei Mach 4 entstehen. Nachdem die richtigen Chips gefunden wurden, entwickelten die Forscher ein „verbessertes, Hoch-Mach adaptives Modell“. Dieses passt die Parameter des Triebwerks in Echtzeit an die aktuellen Flugbedingungen an, was höhere Geschwindigkeiten und einen effizienteren Treibstoffeinsatz ermöglichen soll.

Vorbild für Chinas Mach-4-Antrieb ist die SR-71. Sie wurde nicht nur vom US-Militär, sondern auch der NASA zu Forschungszwecken genutzt
© NASA
Unterschied zwischen optimalen und realen Bedingungen
Nötig ist dieses Modell laut den Forschern, weil es Unterschiede zwischen der Berechnung des Computers gibt, wie sich das Triebwerk verhalten sollte, und wie es sich tatsächlich verhält. Diese Diskrepanz kann sich signifikant auf die Steuerung und damit die Leistung des Triebwerks ausgewirke. Sie kommt zustande, weil bei der Produktion und dem Zusammenbau des Antriebs minimale Abweichungen entstehen, die so nicht in den ursprünglichen Berechnungen vorgesehen sind. Diese Abweichungen können durch Hitze und Vibrationen bei der Nutzung zudem größer werden, was für noch mehr Diskrepanz sorgt.
Also wurden in Experimenten mit dem Triebwerk Fehler und Probleme gesammelt. Mit diesen Daten wurde eine KI trainiert. Daraus entstand ein Algorithmus, mit dem die Computerchips ausgestattet wurden. Das so kreierte Modell soll nicht nur in der Lage sein, die Leistungsparameter und Gesundheitsparameter des Triebwerks in Echtzeit zu tracken und die Steuerung zu optimieren, sondern auch genaue Vorhersagen treffen zu können. So soll künftig der Wartungsaufwand reduziert werden. Außerdem können längere Ausfälle vermieden werden, wenn etwa ein Ersatzteil für den Antrieb aufgrund der Vorhersage rechtzeitig bestellt und zeitgerecht ausgetauscht wird, anstatt erst, wenn es tatsächlich kaputt geht.
Diese Technologie könnte nicht nur für das Mach-4-Triebwerk genutzt werden, sondern für weitere in China gebauten Flugzeug-Antriebe. Auch bei zivilen Flugzeugen könnte sich damit der Treibstoffverbrauch im Flug und Wartungsaufwand am Boden reduzieren lassen.
Möglicher Einsatz in J-20 oder neuen Stealth-Fightern
Wo der neue Mach-4-Antrieb genutzt werden soll, ist noch nicht bekannt. Mit Cuantianhou soll nächstes Jahr etwa ein Prototyp fliegen, der zufälligerweise der SR-71 sehr ähnelt und Mach 4 fliegen soll. Allerdings nutzt dieser einen rotierenden Detonationsmotor und kein Turbojet-Triebwerk.
➤ Mehr lesen: Chinesische Mach-4-Drohne soll 2026 ihren Jungfernflug absolvieren
Auch wenn das neue Mach-4-Triebwerk für zivile Maschinen genutzt werden könnte (Stichwort: Concorde-Nachfolger), dürfte die militärische Nutzung im Vordergrund stehen. Darauf deutet nicht nur hin, dass der Antrieb nach Spezifikationen für die chinesischen Streitkräfte gebaut wurde. Das Taihang National Laboratory war ua. bei der Forschung und Entwicklung der Triebwerke der J-20, Chinas erstem Stealth-Fighter, beteiligt.
Die J-20A nutzt WS15-Triebwerke, mit denen sie angeblich Mach 2 erreichen kann. Neben Der J-20 gibt es andere Kandidaten, die sich für das neue Triebwerk anbieten würden. Ende 2024 sind gleich 3 neue Stealth-Jets in China gesichtet wurden. Besonders interessant ist das Modell mit beweglichen Flügelspitzen, das aktuell nur J-XDS genannt wird (echter Name noch nicht bekannt).
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J-XDS
© Screenshot
Dass China mit dem neuen Triebwerk eine militärisch genutzte SR-71 Blackbird nachbaut, ist eher unwahrscheinlich. Satellitenfotos haben Überschall-Aufklärungsflugzeuge obsolet gemacht. Und für Echtzeitaufklärung werden Drohnen genutzt, auf die China stark setzt.
China könnte schnellsten Kampfjet der Welt bauen
Sollte China tatsächlich einen Kampfjet bauen, der mit dem Triebwerk Mach 4 erreicht, wäre das derzeit einzigartig auf der Welt. Im Moment gibt es nicht mal eine Armee, die einen Kampfjet im aktiven Einsatz hat, der mehr als Mach 3 erreicht.
Der letzte Jet, der diese Grenze überschritten hat, war die russische MiG-25 Foxbat. Die 1970 in Dienst gestellte Maschine konnte Mach 3,2 erreichen – was aber die Triebwerke so stark belastete, dass sie danach ausgetauscht werden mussten. Deshalb wurden Piloten angewiesen, nicht mehr als Mach 2,83 zu fliegen.
In Russland wurde die MiG-25 nach dem Zerfall der Sowjetunion ausgemustert, ua. wegen der hohen Betriebskosten. Auch die anderen Länder haben ihre MiG-25 mittlerweile ausgemustert oder zumindest vom aktiven Dienst zurückgezogen.
Einen öffentlichen Auftritt hatte sie noch am 1. November 2024 in Algerien. Bei der Parade zum 70. Jahrestag der Revolution waren 2 Stück zu sehen – obwohl Algerien sie 2022 offiziell außer Dienst gestellt hatte.
Schnellstes Fluggerät der Welt
Den Rekord für das schnellste Fluggerät überhaupt, hält X-43. Das experimentale Fluggerät der NASA ist unbemannt und hat ein Scramjet-Triebwerk, womit am 16. November 2004 Mach 9,66 (10.617 km/h) erreicht wurde.
Dahinter kommt X-15. Dieses ebenfalls experimentelle Flugzeug war zwar bemannt, nutzte aber ein Raketentriebwerk, weshalb es nicht als Jet gilt. Damit wurde am 3. Oktober 1967 Mach 6,72 (7.274 km/h) in einer Flughöhe von 31 km erreicht.
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