Viele Online-Händler setzten auf pychologische Tricks und verwirren Kund*innen absichtlich um möglichst viel Geld zu verdienen.

Viele Online-Händler setzten auf pychologische Tricks und verwirren Kund*innen absichtlich um möglichst viel Geld zu verdienen. 

© Getty Images/iStockphoto/maurusone/IStockphoto.com

Digital Life

Dark Patterns: So werdet ihr beim Online-Shopping manipuliert

Einige Last-Minute-Bucher*innen sind gerade auf der Suche nach einer Bleibe für den Sommerurlaub. Auf der Buchungsplattform heißt es dann oft: „Nur mehr ein Zimmer von diesem Anbieter verfügbar!

Nicht anders ergeht es vielen bei der Flugsuche: Von Anfang an ist sie stressig – überlegt man zu lange, erscheint ein Popup-Fenster mit der Warnung: „Schnell, die Preise steigen bald!“. Danach wird man durch einen Dschungel an Zusatzversicherungen, exklusiven Mietwagenangeboten und Sitzplatz- und Gepäckauswahl gelotst. Wird ein Sitzplatz ausgewählt, erscheint ein aufmunterndenes grünes Häkchen und man wird gelobt: „Sie haben Ihren gewählten Sitzplatz erhalten und 5,00 € gespart.“ 

Am Ende kostet der Flug von Wien nach Palma de Mallorca allerdings 523,34 Euro statt der anfangs versprochenen 253 Euro. Außer man schließt für einen kleinen zusätzlichen Rabatt eine scheinbar kostenlose Premium-Mitgliedschaft ab. In einem gut versteckten, hellgrauen Text darunter verbirgt sich jedoch der Abschluss eines Jahresabos um rund 100 Euro.

Pop-Up-Fenster, Countdowns, psychologisch wirksame Botschaften und gestalterische Mittel drängen Kund*innen zu unbeabsichtigten Käufen. Dahinter stecken manipulative Verkäufertricks, die Dark Patterns genannt werden. 

Mit gemeinen Tricks zum Kauf gebracht

„Es geht um Entscheidungen, die Konsument*innen eigentlich nicht hätten treffen wollen. Das fängt bei der Farbgebung an und endet bei versteckten Informationen für eine Mitgliedschaft. Die Konsument*innen stolpern dann in eine Abo-Falle“, sagt Maria Semrad, Juristin beim Verein für Konsumenteninformation VKI.

„Wenn ich auf Booking.com gehe, kommt es vor, dass es nur mehr wenige Angebote gibt. Ob das wirklich stimmt, weiß ich als Nutzerin nicht. Solche Tricks sind allgegenwärtig – laut einer Studie der EU-Kommission verwenden sie 97 Prozent der beliebtesten Apps und Onlineshops“, so die Konsumentenschützerin. 

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Selbstverständlich verwenden alle Verkäufer bis zu einem gewissen Grad Verkaufstricks. „Dark Patterns sind davon das unethischste Mittel, um Services und Dienstleistungen zu verkaufen“, erklärt der Psychologe und Konsumexperte Josef Sawetz der futurezone. Das sind die am häufigsten angewendeten Dark Patterns:

Die Lockvogeltaktik

Hier werden Verbraucher*innen mit attraktiven Konditionen und Preisen zu einem Angebot gelockt. Erst wenn sie den Kauf abschließen wollen, bemerken sie, dass die Konditionen geändert wurden. Typisch für die Lockvogeltaktik sind etwa Anzeigen, die Rabatte für Artikel versprechen, die kurz vor oder nach Kaufabschluss geändert werden. 

Oder jemand klickt auf eine Anzeige, die 70 Prozent Rabatt für einen Artikel verspricht. Dann erhält man allerdings ein Angebot für einen teureren oder ähnlichen Artikel. Oder das entsprechende Produkt ist plötzlich ausverkauft und nur ein teureres ist verfügbar.

„Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass ich es trotzdem nehme, weil ich die Entscheidung schon getroffen habe. Außerdem habe ich schon Zeit investiert und sie wäre ohne Kaufabschluss verloren. Das motiviert mich trotz Preisunterschied, das Produkt zu nehmen, auch wenn es 10 Prozent mehr kostet“, erklärt Sawetz.

97 Prozent der beliebtesten Apps und Onlineshops setzten auf Dark Patterns.

„Schäm Dich“

Einen besonders fiesen psychologischen Trick nutzt das sogenannte "Confirm-Shaming". Menschen werden dabei durch ihr Schamgefühl dazu gebracht, bestimmte Produkte zu kaufen oder sich für ein Service wie einen Werbe-Newsletter anzumelden. Es wird emotionaler Druck aufgebaut, damit man einer Option zustimmt.

Typisch sind etwa Popup-Fenster mit Auswahl-Optionen wie: „Ich möchte kein Geld sparen“ oder „ich will keine tollen Angebote bekommen“. Solche Hinweise findet man recht häufig auf diversen Plattformen.

„Man arbeitet mit sozialen Normen und Konventionen. Da wird einem eine soziale Norm als Spiegel vorgehalten und hofft dann, dass man sich schämt“, erklärt der Marketingexperte Sawetz. 

Falsche Hierarchien

Dabei geht es vor allem um Gestaltungselemente, die Onlineshops verwenden, um Benutzer*innen unbewusst dazu zu bringen, eine bestimmte Option auszuwählen. Etwa, wenn auf einer Buchungsplattform das teurere Angebot mit grüner Umrandung hervorgehoben wird, während die günstigere Auswahlmöglichkeit mit roter Schrift und ohne Hervorhebung dargestellt wird. 

Visuelle Irreführung

Bei visueller Irreführung geht es darum, die Kund*innen von etwas abzulenken, was möglicherweise nicht passt. Der Preis wird etwa in einer helleren Farbe oder Schaltfläche dargestellt, während zusätzliche Gebühren oder Infos zu einem dadurch abgeschlossenen Jahresabo durch die Textgestaltung versteckt werden. 

Zunächst denkt man, die Prime-Mitgleidschaft wäre günstiger - im grauen, kleineren Text versteckt sich allerdings ein Jahresabo für 100 Euro.

Zunächst denkt man, die Mitgleidschaft wäre günstiger - im grauen, kleineren Text versteckt sich allerdings ein Jahresabo für rund 100 Euro.

Versteckte Kosten

Bei dieser Taktik werden Gebühren erst am Ende hinzugefügt, so dass sie einem längere Zeit nicht auffallen. Der chinesische Fast-Fashion-Riese Shein macht das etwa gern – hier wird am Ende des Bezahlvorgangs eine Bearbeitungsgebühr hinzugefügt, die im Warenkorb davor nicht angezeigt wird.

Auch bei Bestellungen von Essens-Apps kommt das vor: Am Ende kommen etwa Servicegebühren für die Bestellung dazu, obwohl die Lieferung als gratis angepriesen wird. Auch hier setzen die Verkäufer auf den psychologischen Trick, dass die Kund*innen bereits Zeit für den Vorgang investiert haben - in diesem Fall das Auswählen des Restaurants, der Speisen, der Eingabe der Adresse usw. Der Verkäufer setzt darauf, dass es den Kund*innen zu anstrengend ist, das Prozedere noch einmal von vorne anzufangen oder gar eine andere Essens-App zu wählen – man nennt das auch "Sunken Cost Fallancy".

Einige Verkäufer gehen sogar so weit, dass sie andere Zusatzleistungen, wie etwa eine Geschenkverpackung, einfach ungefragt hinzufügen, etwa durch vorab angekreuzte Auswahlkästchen. Mitunter kann man diese Extras nur umständlich wegklicken.

Die Nörgel-Taktik

Wenn ein Kind seine Mutter immer wieder nach Süßigkeiten fragt, wird sie irgendwann so genervt sein, dass sie Ja sagt. Genauso funktioniert die Nörgel-Taktik, oder Nagging, wie das in der Fachsprache genannt wird.

Typisch für Nagging sind Websites, die via Pop-Up-Fenster dazu auffordern, ein bestimmtes Service zu nutzen – etwa, um sich für einen Newsletter anzumelden oder eine App herunterzuladen. Ein klassisches Beispiel ist, wenn man die Filmseite imdb.com mit dem Browser des Smartphones besucht.

Die Plattform IMDB fordert Besucher*innen aggressiv zum Download seiner App auf. Außerdem ist die gewollte Aktion farblich hervorgehoben. 

Das „Kakerlakenhotel“

Im Englischen spricht man bei dieser manipulativen Methode von Roach-Motel (auf Deutsch „Kakerlakenhotel"): Ein Händler macht es seinen Kund*innen dabei etwa sehr einfach sich für ein bestimmtes Service anzumelden. Wenn man sich allerdings wieder abmelden will, wird es schwieriger. So muss man etwa extra ein Mail schreiben oder bei einer Telefonnummer anrufen.

„Dabei kann die Abmeldung bis hin zur Verunmöglichung erschwert werden. Etwa, weil dazu ein Formular erforderlich ist, das man nicht abschicken kann“, erläutert Verbraucherschützerin Semrad.

Vorgegaukelte Dringlichkeit

Dieses System findet man oft bei Plattformen für Hotel- oder Flugbuchungen. Hierbei wird den Kund*innen fälschlicherweise das Gefühl vermittelt, dass sie Kaufentscheidungen möglichst rasch abschließen müssen. Es wird vorgegaukelt, dass ein Angebot abläuft oder begrenzt ist – etwa, wenn auf einer Buchungswebsite steht: „Achtung, nur mehr 1 Zimmer in dieser Unterkunft für den gewünschten Zeitraum verfügbar.“

Bei dieser Methode werden die Käufer*innen absichtlich unter Stress gesetzt, um sie schneller zum Kauf zu bewegen - anstatt etwa Preise zu vergleichen und dann ein günstigeres oder besseres Angebot zu wählen.

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Achtung - wer zu langsam ist, schaut durch die Finger. Bei auf Dark Patterns beruhenden Verkaufstricks werden Kund*innen manchmal absichtlich unter Stress gesetzt.

Wie wehrt man sich gegen die Manipulation?

Die gemeinen Tricks zur pychologischen Beeinflussung von Käufer*innen lauern überall. Aber es gibt Wege, wie man sich dagegen wehren kann. 

„Sie nützen menschliche Schwächen aus. Überall, wo menschliche Schwächen sind, setzen sich die Dark Patterns wie ein Parasit hinein“, erklärt Sawetz. Solche Schwächen sind „das Vertrauen in einen Händler, Stress und Eile sowie unsere Unaufmerksamkeit“. Er rät daher keine Kaufentscheidungen zu treffen, wenn man gerade gestresst ist. Dann sollte man den Kauf besser auf einen anderen Zeitpunkt verschieben. 

Zum Einkaufen in Onlineshops sollte man sich genug Zeit nehmen, um nicht auf manipulative Verkaufsmethoden hereinzufallen.

Ein weiterer wichtiger Tipp sei, bei Online-Einkäufen gewissenhaft vorzugehen. „Dieser Punkt ist allgemein wichtig: Skeptisch bleiben und nichts für garantiert und wahr halten – alles hinterfragen, auch wenn das anstrengend ist. Nur so kann man sich schützen. Man muss Zeit und mentale Energie investieren“, sagt Sawetz. Es gelte auch die eigene Bequemlichkeit zu überwinden – denn diese menschliche Eigenschaft werde oft ausgenützt.

Auch Konsumentenschützerin Semrad rät dazu, bei Online-Einkäufen generell kritisch und vorsichtig zu sein. „Man sollte sich nicht drängen lassen und versuchen herauszufinden, ob man manipuliert wird – etwa ob man gezwungen wird etwas abzuschließen“, erklärt sie. Auch sollte man schauen, ob eine Website transparent gestaltet ist – etwa ob sie selbst Preisvergleiche zwischen Produkten ermögliche.

Im Idealfall solle man sich schon vorher darüber im Klaren sein, was man kaufen will. „Am besten geht man mit einer bestimmten Vorstellung in einen Shop – wie mit einer Einkaufsliste“, sagt die Konsumentenschützerin. Wenn man bereits die Erfahrung gemacht hat, dass eine bestimmte Website mit Dark Patterns arbeitet, sollte man den Shop am besten ganz meiden.

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Jana Unterrainer

Überall werden heute Daten verarbeitet, Sensoren gibt es sogar in Arktis und Tiefsee. Die Welt hat sich durch die Digitalisierung stark verändert. Das interessiert mich besonders, mit KI und Robotik steigt die Bedeutung weiter enorm.

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Jana Unterrainer

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