Benzin vs. Diesel vs. Strom: Wie weit komme ich mit 20 Euro?
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Dass der Umstieg von Autos mit Verbrennungsmotor auf Elektroautos notwendig ist, um den Klimawandel zu bremsen, kann niemand bestreiten. Oft wird betont, dass E-Autos zwar teurer sind, im Betrieb jedoch günstiger kommen. Ein Mitgrund dafür soll der im Vergleich zu fossilen Treibstoffen billige Strom sein. Aber womit fährt man in der Praxis tatsächlich weiter um dasselbe Geld, angenommen 20 Euro: Mit Benzin, Diesel oder Strom?
"Um diese Frage zu beantworten, müsste man zunächst 1000 Gegenfragen stellen", meint ÖAMTC-Cheftechniker Thomas Hametner zur futurezone. Wieviel Strom oder Treibstoff ein Fahrzeug verbraucht, hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab. Wir haben dennoch eine Berechnung für Privat-Pkw gewagt. Die 2 Hauptfaktoren: Mit welchem Automodell ist man unterwegs? Und wie wurde das Auto betankt bzw. geladen?
Durchschnittspreise
Als erstes muss man sich die Preise für Strom, Benzin und Diesel ansehen. Zu letzteren gibt es ein wöchentlich aktualisiertes Protokoll des Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK). Weil die künftige Entwicklung der durchschnittlichen Treibstoffpreise schwer abzuschätzen ist, haben wir für unsere Berechnung die Preisspanne zwischen Jahresbeginn und September herangezogen. Der Preis für Benzin bewegte sich darin zwischen 1,1 Euro pro Liter (Jahresbeginn) und 1,32 Euro/l (September) und jener für Diesel zwischen 1,1 Euro/l und 1,25 Euro/l.
Der durchschnittliche Strompreis in Österreich liegt laut E-Control je nach Wohnort zwischen 17 und 22 Cent pro Kilowattstunde. In diesem Preisbereich erhält man auch Ökostrom. Um unsere Berechnung möglichst konservativ anzulegen, gehen wir vom höheren Wert der Preisspanne, also 22 Cent/kWh für das Stromtanken daheim aus. Wie Thomas Hametner anmerkt, sei das Aufladen daheim der Optimalfall, der evtl. auch noch die Nutzung einer eigenen Photovoltaikanlage einschließt. "Ein großer Teil der Ladevorgänge findet aber nicht daheim statt, sondern irgendwo außerhalb, wo man mehr zahlt."
Bei öffentlichen Ladestellen gibt es sehr große Preisunterschiede. Dabei kommt es vor allem auf Anbieter, Abrechnungsmodell und Tarife an. Im abermaligen Bestreben um eine möglichst konservative Einschätzung haben wir Tarife von zwei Anbietern (Wien Energie und Smatrics) herangezogen, die beide ohne Grundgebühr auskommen und insofern höhere Preise pro Zeiteinheit an der Ladestelle verrechnen. Außerdem beachtet wurden die unterschiedlichen Preise je nach Ladeleistung (11 kW und 50 kW), sowie eine Spanne von 20 Prozent Ladeverlusten.
Individuelle Unterschiede
Auf Faktoren wie Streckenprofil, individuelles Fahrverhalten, Jahreszeit, Tageszeit, Wetter, Getriebeübersetzung, Akku-Ladestand und Leistungskurven beim Laden konnten wir bei unserer Berechnung keine Rücksicht nehmen. "Das Gute ist, dass man einige Faktoren selber beeinflussen kann", betont der VCÖ auf futurezone-Anfrage. "Gleiten statt Rasen, vorausschauendes und gleichmäßiges Fahren, wo möglich, die Motorbremse einsetzen, Klimaanlage nicht zu kalt einstellen etc. können den Strom- und Spritverbrauch deutlich senken."
Wer schon bei der Anschaffung eines Autos darauf achte, dass dieses nicht zu schwer und zu groß ist, erspare sich über die gesamte Lebensdauer einiges an Geld - egal ob Verbrenner oder Stromer.
Auswahl der Automodelle
Beim Verbrauch der Automodelle in unserer Berechnung verwenden wir keine Werksangaben, sondern Angaben von Spritmonitor.de. Die Plattform ermittelt Durchschnittsverbräuche anhand von realen Tank- und Ladevorgängen von Nutzer*innen.
Bei der Auswahl der Fahrzeugmodelle für unsere Berechnung haben wir uns einerseits an den beliebtesten Modellen bei Neuzulassungen zwischen Jänner und August 2021 orientiert, andererseits an einem Mix aus Kleinwagen, Mittelklasse und SUV. Hier die Modelle samt ihrem jeweiligen Durchschnittsverbrauch:
Verbrenner:
- Fiat 500: Benzin: 6,3 l/100 km; Diesel: 4,78 l/100 km
- Skoda Octavia: Benzin: 7,51 l/100 km; Diesel: 5,96 l/100 km
- VW Tiguan: Benzin: 8,9 l/100 km; Diesel: 7,25 l/100 km
E-Autos:
- Fiat 500 Elektro: 15,19 kWh/100 km
- Tesla Model 3: 18,78 kWh/100 km
- Kia Niro: 16,87 kWh/100 km
Ergebnisse
Mit 20 Euro kommt man je nach Treibstoffpreis mit einem...
- Fiat 500 Benzin zwischen 240 und 288 km weit
- Fiat 500 Diesel zwischen 334 und 380 km weit
- Skoda Octavia Benzin zwischen 201 und 242 km weit
- Skoda Octavia Diesel zwischen 268 und 305 km weit
- VW Tiguan Benzin zwischen 170 und 204 km weit
- VW Tiguan Diesel zwischen 220 und 250 km weit
Mit 20 Euro kommt man je nach Strompreis mit einem...
- Fiat 500 Elektro bei Aufladen daheim 478 km weit
- Fiat 500 Elektro bei öffentlichem Laden zwischen 194 und 393 km weit
- Tesla Model 3 bei Aufladen daheim 387 km weit
- Tesla Model 3 bei öff. Laden zwischen 157 und 318 km weit
- Kia Niro bei Aufladen daheim 431 km weit
- Kia Niro bei öff. Laden zwischen 175 und 354 km weit
Fazit
Wie man sieht, kommt man mit einem daheim aufgeladenen Elektroauto auf jeden Fall am weitesten, selbst wenn man einen Strompreis von 22 Cent pro kWh und 20 Prozent Ladeverlust annimmt. Wird ein E-Auto an einer öffentlichen Ladestation aufgeladen, kommt es sehr auf den gewählten Tarif und die gewählte Ladeleistung an, welche Reichweite man um 20 Euro erhält. Die Daumenregel hier: Je langsamer geladen wird, desto günstiger ist es.
Wer einen Tarif mit Grundgebühr wählt - was sich bei regelmäßigen Fahrten rentiert - zahlt pro Zeiteinheit noch weniger und kann damit die von uns errechneten Reichweiten übertreffen. Dies zeigt auch eine Analyse der Arbeiterkammer von vergangenem Jahr, bei der 36 Tarife von 18 Anbietern untersucht wurden.
Nutzt man öffentliche Ladestellen mit höherer Leistung, muss einem bewusst sein, dass man im Vergleich zu Strom für den eigenen Haushalt deutlich mehr bezahlt. Die Reichweiten, die man für 20 Euro erzielt, liegen dann weit unter jenen, die Autos mit Verbrennungsmotor für dasselbe Geld erzielen. Bei längeren Fahrten wird man öffentliche Schnellladestationen nutzen müssen. Andererseits zählen auch Benzin- und Dieselpreise entlang von Hauptverkehrsrouten nicht zu den günstigsten. Dafür sind Pkw mit Verbrennungsmotoren aufgrund höherer Reichweiten pro Tankfüllung nicht unbedingt darauf angewiesen.
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