Nord Stream 1 und 2 haben leckgeschlagen. Eine Reparatur der beiden Erdgas-Pipelines dürfte kein leichtes Unterfangen sein.

Weder Nord Stream 1 noch 2 waren in Betrieb, als die Lecks am Montag von der dänischen Luftwaffe entdeckt wurden. 

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Wie Gas-Pipelines im Meer repariert werden können

Die Lecks von „Nord Stream 1“ und „Nord Stream 2“ sorgen in Westeuropa für Beunruhigung. Am Montag meldeten die Betreiber der beiden Unterwasser-Pipelines, die von Russland nach Deutschland verlaufen, einen starken Druckabfall. Seit gestern ist klar: Aus 3 Stellen tritt Erdgas aus, laut Expert*innen dürfte ein Sabotageakt dahinterstecken.

Der Betreiber schließt eine Reparatur von Nord Stream 1 und 2 nicht auszunächst will er die Schäden begutachten. Eine Offshore-Pipeline wieder instand zu setzen, ist allerdings kein leichtes Unterfangen. Unterwasser-Reparaturen sind komplex und gefährlich.

Nord Stream 1 und 2 sind am Montag in der Nähe der dänischen Insel Bornholm leckgeschlagen.

Mehrere Millionen Kubikmeter Gas in Pipelines

Bereits vor den Druckproblemen ist weder durch Nord Stream 1 noch durch Nord Stream 2 Gas von Russland Richtung Europa geflossen. Letztere ist nie in Betrieb gegangen. Durch Nord Stream 1 hatte der russische Gaskonzern Gazprom Anfang September alle Lieferungen gestoppt. Trotzdem befanden sich in beiden Pipelines mehrere Millionen Kubikmeter Erdgas. Allein Nord Stream 2 war mit 177 Millionen Kubikmetern gefüllt. Zum Vergleich: Das entspricht etwas mehr als 2 Prozent des jährlichen Gasverbrauchs in Österreich (dieser betrug zuletzt rund 9 Milliarden Kubikmeter).

„Jeder Pipelinebetreiber hat verschiedenste Reparaturkonzepte“, erklärt Gerald Bachler, Industrie-Divisionsleiter des TÜV-SÜD Österreich, der futurezone. Diese würden von einem kleineren Leck bis hin zu einem größeren Bersten reichen. Auch Nord Stream gibt auf seiner Webseite an, mehrere Notfallpläne in Petto zu haben. Das Unternehmen sei auf alle Szenarien vorbereitet, „von geringfügigen Vorfällen wie einem Kratzer im Betonmantel der Pipelines bis zu einem Bruch der Pipeline“, heißt es dort.

Mehrere Schäden an Nord-Stream-Gaspipelines

Gasblasen steigen in der Ostsee auf. Die aufgewühlte Wasseroberfläche hat einen Durchmesser von über einem Kilometer.

Gefährliche Unterwasser-Reparatur

Ob Nord Stream allerdings auch derart große Explosionen einkalkuliert hat, kann Bachler nicht genau sagen – zumal das Ausmaß der Lecks derzeit noch unklar ist. Es gäbe jedenfalls unterschiedliche Methoden, um eine Offshore-Pipeline zu reparieren. Bei kleineren Lecks wird beispielsweise eine Art Manschette über die undichte Stelle geklemmt. Sie umschließt die Pipeline von außen und dichtet sie auf diese Weise ab. Ist der Schaden größer, wie es bei Nord Stream 1 und 2 der Fall sein könnte, müssen Betreiber ganze Abschnitte austauschen und neue Rohre fertigen.

Ein Schiff lässt hierzu ein Unterwasserhabitat herab, eine Art Tauchkammer. Die Station wird über die zu reparierende Stelle gestülpt, danach fixiert und das Wasser im Inneren des Raumes abgepumpt. Mittels Druckluft wird eine trockene Überdruckumgebung geschaffen. Schweißer*innen können das Habitat so betreten und „wie an der Oberfläche schweißen“, erklärt Bachler.

Es werden im Vorhinein so viele Schweißungen wie möglich an Land durchgeführt. Einerseits, um Kosten zu sparen. Andererseits, um die Reparateur*innen nicht überflüssigen Gefahren auszusetzen. „Der Arbeitsplatz eines Unterwasserschweißers ist mit Sicherheit einer der gefährlichsten, den man sich vorstellen kann“, merkt Bachler an. Schweißer*innen setzen sich beim Tauchgang unter anderem dem Risiko aus, an der Dekompressionskrankheit zu erkranken.

Warten, bis Erdgas entwichen ist

Derzeit können an den beiden Offshore-Pipelines jedenfalls noch keine Reparaturen durchgeführt werden. „Die gesamte Pipeline muss erst ausgasen“, sagt Bachler. Aktuell besteht an Ort und Stelle eine hohe Explosionsgefahr. Denn Erdgas besteht großteils aus Methan und dieses ist hochentzündlich. Bis die Pipelines leergelaufen sind, könnte es allerdings noch dauern. Der Leiter der dänischen Energiebehörde rechnet im Falle von Nord Stream 2 mit mehreren Tagen, wenn nicht sogar einer Woche.

Sind die Erdgas-Pipelines leer, dürfte im Regelfall ein Molch auf beiden Seiten der Pipeline eingeführt werden, wie Bachler erklärt. Molche sind Geräte, die Pipelines warten oder Messungen an ihnen durchführen. In diesem Fall tragen sie dazu bei, dass weder Wasser noch Gas aus der Pipeline austreten. Dann kann in der Theorie die Reparatur beginnen.

„Grundsätzlich ist eine Gaspipeline ein sehr sicheres Konstrukt“, merkt Ingenieur Bachler abschließend an. „Sie ist so konstruiert, dass sie jahrelang nicht repariert werden muss“. Die Regelwerke, die den Bau und die Prüfung von Pipelines regulieren, seien weltweit sehr ausgeprägt. Man habe als Betreiber strenge Auflagen zu befolgen.

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Lisa Pinggera

lisa_bingernda

Von 2021 bis 2023 bei futurezone. Erzählt am liebsten Geschichten über Kryptowährungen, FinTechs und die Klimakrise. Schreibt aber über alles, was erzählenswert ist.

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