Das neue Atom-U-Boot dürfte 3-mal so groß wie die Hero Kim Kun Ok (im Bild) sein
Russland liefert Reaktoren für Nordkoreas erstes Atom-U-Boot
Nordkorea rüstet massiv auf. Nicht nur mengenmäßig, sondern auch technologisch. So wurde heuer etwa die Choi Hyon vorgestellt, Nordkoreas erstes Kriegsschiff mit Vertikalstartern für Raketen und Marschflugkörper.
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Choi Hyon
© via REUTERS / KCNA
Heuer wurde auch bestätigt, dass Nordkorea sein erstes Atom-U-Boot baut. Das wirft die Frage auf: Von wem kommt die Technologie dafür? Jetzt gibt es einen starken Verdacht, berichtet Korea JoongAng Daily.
Ein „Dankeschön“ für die Hilfe im Kampf gegen die Ukraine
Der Geheimdienst des südkoreanischen Militärs will konkrete Hinweise bekommen haben, dass Russland dahintersteckt. Die südkoreanische Regierung betont aber, dass die erhaltenen Informationen noch nicht völlig bestätigt sind.
Besonders überraschend wäre Russlands Beteiligung am nordkoreanischen Atom-U-Boot-Programm jedenfalls nicht: Nordkorea stellt Russland nicht nur Waffen und Munition für den Krieg gegen die Ukraine zur Verfügung, sondern auch Soldaten. Vermutlich dürfte sich Russland mit der Hilfe zum Bau des Atom-U-Boots dafür revanchieren.
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Angeblich 2 bis 3 Reaktormodule übergeben
Interessant ist, wie diese Hilfe aussieht. Laut den bisherigen Informationen hat Russland 2 oder 3 Reaktormodule in der ersten Jahreshälfte 2025 an Nordkorea übergeben. Jedes Modul besteht aus dem Atomreaktor, der Turbine und dem Kühlsystem – also die Kernkomponenten eines Nuklearantriebs für U-Boote.
Die Module sollen nicht aus neuer Produktion stammen, sondern von ausgeschlachteten, alten U-Booten, die bei der russischen Marine außer Dienst gestellt wurden. Von welchen U-Booten sie ausgebaut wurden, ist derzeit nicht bekannt.
Symbolbild: K-3, das erste Atom-U-Boot der Sowjetunion, im Jahr 2013 vor der Ausschlachtung
© Reddit/unbekannt
Ebenso unbekannt ist, ob Russland auch einen Technologie-Transfer gemacht hat und Baupläne und Werkzeuge zur Verfügung stellt, oder ob es ein „Take it or Leave it“-Deal ist. Letzterer könnte erklären, warum es 2 oder 3 Reaktoren sind: Einer ist für Reverse Engineering vorgesehen.
Nordkoreas Ingenieure könnten ihn zerlegen und analysieren, um zukünftig eigene Reaktormodule auf Basis des russischen Reaktors zu bauen. Bisher hatte Nordkorea weder die Technologie noch das Knowhow, um kompakte Atomreaktoren zu bauen, die für den Einsatz auf U-Booten geeignet sind.
Dass angeblich bis zu 3 Reaktormodule übergeben wurde, wirft auch die Frage auf, wie viele Reaktoren das nordkoreanische Atom-U-Boot haben wird. Die russische Akula-Klasse (NATO-Name: Typhoon), die von 1981 bis 2023 im Einsatz war, hatte 2 Reaktormodule. Neuere U-Boote, wie die russische Borei-Klasse und amerikanische Virginia-Klasse, setzen auf einen einzelnen Reaktor.
Atom-U-Boot mit Atomraketen
Schon im Oktober 2024 gab es konkrete Hinweise darauf, dass Nordkorea an seinem ersten Atom-U-Boot arbeitet. Im März 2025 wurde das offiziell bestätigt. Die Ankündigung erfolgte im Rahmen eines Besuchs des Machthabers Kim Jong Un in einer Werft.
Laut der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KNCA inspizierte Kim Jong Un ein „nuclear-powered strategic guided missile submarine“ – also ein U-Boot für strategische Raketen mit Nuklearantrieb. Werden Raketen als strategisch bezeichnet, ist damit gemeint, dass sie Atomsprengköpfe tragen.
Links: Atom-U-Boot. Rechts: Kim Jong Un
© via REUTERS / KCNA
Größtes nordkoreanisches U-Boot
Wann der Besuch stattgefunden hat, ist unbekannt. Auch wurden keine Daten zum Atom-U-Boot veröffentlicht. Die Fotos lassen allerdings Schlüsse darauf zu, wie groß es sein wird.
Der Marineexperte HI Sutton hat dazu die Größe von Kim Jong Un (171 cm) als Referenz genommen. Demnach hätte der Rumpf des Atom-U-Boots einen Durchmesser von 12,5 Meter. Das wäre für nordkoreanische Verhältnisse riesig.
Laut HI Sutton hat das Atom-U-Boot einen Durchmesser von etwa 12,5 Meter
© HI Sutton
Das bisher größte nordkoreanische U-Boot ist die Hero Kim Kun Ok, mit einem Bugdurchmesser von 6,7 Meter. Dieses hat einen konventionellen Antrieb. Das Atom-U-Boot könnte mit seinem 12,5 Metern die 3-fache Verdrängung (ein wichtiges Maß für die Größe von militärischen Schiffen und U-Booten) aufweisen. Moon Keun-sik, ein südkoreanischer U-Boot-Experte, schätzt, dass es in der 7.000-Tonnen-Klasse angesiedelt sein wird.
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Selbst, wenn sich HI Sutton ein bisschen verrechnet hat (je nach Quellenangabe könnte Kim Jong Un nur 168 cm groß sein), dürfte anhand des Bugdurchmessers das nordkoreanische U-Boot ähnlich groß wie Atom-U-Boote anderer Länder sein. Die russische Projekt 945 (Sierra-I-Klasse) hat einen Durchmesser von 12,28 Meter und eine getauchte Verdrängung von bis zu 8.300 Tonnen. Die amerikanische Virginia-Klasse (Block IV) misst 10 Meter und hat eine getauchte Verdrängung von 7.900 Tonnen. Chinas Type 093B hat 11 Meter Durchmesser und 6.700 Tonnen getauchte Verdrängung.
Startröhren für Raketen
Es ist davon auszugehen, dass das nordkoreanische Atom-U-Boot vertikale Startröhren für Raketen haben wird. Solche U-Boote sind nämlich sehr weit oben auf der Rüstungswunschliste von Kim Jong Un. Deshalb hat etwa die Hero Kim Kun Ok einen „Buckel“ verpasst bekommen, mit Startröhren für 10 Raketen. Im Grunde handelt es dabei nämlich um eine russische Romeo-Klasse, die normalerweise keine vertikalen Startröhren hat.
Der Raketenbehälter wurde an der Rückseite des Turms der Hero Kim Kun Ok angestückelt
© KCNA
Weil die Hero Kim Kun Ok aber klein ist, kann sie nur die ballistische Kurzstreckenrakete KN-23 Hwasong-11S (ca. 600 km Reichweite) und den Marschflugkörper Pulhwasal-3-31 (angeblich 2.000 km Reichweite) tragen.
Test eines nordkoreanischen, strategischen Marschflugkörpers Ende Februar. Er soll 1.587 km zurückgelegt haben, bevor er das Ziel erreicht und zerstört hat.
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Atomraketen mit 5.000 Kilometer Reichweite
Das neue Atom-U-Boot wird hingegen voraussichtlich darauf ausgelegt sein, die Pukguksong-Raketen starten zu können. Die Pukguksong-5 ist in etwa 11 Meter lang und hat einen Durchmesser von 2 Metern.
Die Reichweite könnte bis zu 5.000 km betragen (offizielle Angaben dazu sind nicht bekannt). Der Gefechtskopf soll über eine Tonne wiegen können. Angeblich arbeitet Nordkorea auch an nuklearen Mehrfachsprengköpfen (MIRV) für die Pukguksong-5.
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Eine Pukguksong-Rakete auf einem Transport-Lkw bei einer Parade im April 2022
© via REUTERS / KCNA
Warum braucht Nordkorea ein Atom-U-Boot?
Die Frage ist: Wozu braucht Nordkorea überhaupt ein Atom-U-Boot – außer, um es von der Wunschliste von Kim Jong Un streichen zu können? Der „Erzfeind“ Südkorea ist schließlich nicht weit weg. Selbst aus nordkoreanischen Gewässern heraus könnte man nahezu alle Ziele in Südkorea beschießen, solange die Raketen eine Reichweite von 500 km haben.
Links: Atom-U-Boot. Rechts: Kim Jong Un
© APA/AFP/KCNA VIA KNS/STR / STR
Der Vorteil eines Atom-U-Boots ist, dass es quasi „unendlich“ Reichweite hat, weil der nukleare Brennstoff nur alle 15 bis 25 Jahre ersetzt werden muss. Dadurch kann die Mission des U-Boots viel länger dauern und es kann wochenlang auf Tauchfahrt bleiben. So kann es sich einfacher in Stellung bringen, bzw. länger in Lauerstellung bleiben, um einen Angriff aus einer unerwarteten Richtung zu starten, wie etwa dem Ostchinesischen Meer oder der Philippinensee.
Zudem soll damit allen Ländern gedroht werden, die bei einem Krieg Südkorea beistehen würden. Ein nordkoreanisches Atom-U-Boot könnte etwa unbemerkt den Pazifik durchqueren und Ziele in den USA ins Visier nehmen.
Nicht jedes Atom-U-Boot ist leise
Das setzt aber voraus, dass das nordkoreanische Atom-U-Boot nicht zuvor durch amerikanische Sonarsysteme aufgespürt und verfolgt wird. Ein Atomantrieb alleine macht ein U-Boot nämlich noch lange nicht „leise“. Falls Nordkorea die Expertise beim Bau fehlt, könnte das U-Boot unverhältnismäßig laut sein, was es entsprechend einfach machen würde, es mit Sonar zu verfolgen.
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Moon Keun-sik vermutet, dass das Atom-U-Boot schon innerhalb der nächsten 2 Jahre zu ersten Testfahrten auslaufen könnte. HI Sutton lässt sich auf keine Prognose ein, schlussfolgert aber von den Fotos, dass die Arbeiten am Rumpf schon weit fortgeschritten sind. Er gibt aber zu bedenken, dass der Rumpf alleine nicht das ganze U-Boot ausmacht und gerade ein Atom-U-Boot ein unglaublich herausforderndes Projekt für eine Nation ist.
Aktuell besitzen nur China, Indien, Frankreich, Russland, Großbritannien und die USA aktive Atom-U-Boote in ihren Flotten. Australien will ab 2040 Atom-U-Boote bei seiner Marine in Dienst stellen.
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