Boeing macht aus alten Bomben günstige Marschflugkörper
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„Dumme“ Bomben nachzurüsten, ist keine neue Idee. Die USA setzen die sogenannten JDAMs (Joint Direct Attack Munition) seit 1999 ein. Dabei werden Bomben per Zielsucher smart und erhalten mit Gleitflügeln (JDAM-ER) eine höhere Reichweite von bis 72 Kilometern.
Dieses Konzept wird mit PJADM (Powered JDAM) weitergeführt. Die Bombe erhält dabei nicht nur Zielsucher und Gleitflügel, sondern auch ein Düsentriebwerk.
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Ein Düsentriebwerk für dumme Bomben
Gebaut wird PJDAM von Boeing. Von Kratos Defense wird das Düsentriebwerk TDI-J85 dafür geliefert. PJDAM besteht aus dem Antrieb und Treibstofftank. Zielsucher, Sensoren und Datenverbindung zur Einsatzzentrale können, je nach Bedarf, modular eingebaut werden.
Auch bei der eigentlichen Bewaffnung ist PJDAM flexibel. In das Gehäuse wird eine übliche 227 kg schwere Bombe der Mark-82-Serie vorne reingesteckt. Dazu gehört auch die Quickstrike-Variante, die derzeit von den ukrainischen Streitkräften als JDAM-ER eingesetzt wird.
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Marschflugkörper wird zum Lockvogel
Laut Boeing kann zudem statt einer Bombe ein zusätzlicher Treibstofftank eingebaut werden. Dadurch steigt die Reichweite und PJDAM kann als Lockvogel genutzt werden. Sie kann so das Luftabwehrfeuer auf sich ziehen. Das enttarnt die feindliche Luftabwehr, die dann beschossen werden kann.
Oder PJDAM wird als erste Welle eingesetzt, damit die Luftabwehrbatterien ihre Raketen verbrauchen. In der zweiten Welle folgen dann andere Marschflugkörper oder mit Sprengstoff bestückte PJDAMs, während der Feind die Flugabwehrbatterien nachladen muss.
Hohe Reichweite, geringe Kosten
Laut Boeing hat PJDAM eine Reichweite von über 550 Kilometern. In der Lockvogel-Konfiguration sind sogar 1.300 Kilometer möglich. PDJAM ist Allwetter-geeignet und soll mit üblichen Zielsuchern (zB. GPS) eine Treffergenauigkeit von 5 Metern haben.
Der Clou an PJDAM ist, dass es sehr günstig sein soll. Einen genauen Preis nannte Boeing bisher nicht. Es koste jedoch nur „einen Bruchteil“ so viel, wie ein Marschflugkörper mit vergleichbarer Reichweite. So einer wäre zB. Storm Shadow. In der regulären Version hat dieser ebenfalls eine Reichweite von 550 Kilometern und kostet über eine Million Dollar pro Stück.
Dafür ist der Gefechtskopf mit 450 Kilogramm aber doppelt so schwer, wie der von PJDAM. Liegt der Stückpreis von PJDAM allerdings bei geschätzten 100.000 bis 150.000 US-Dollar, könnte man 6 bis 10 davon auf ein Ziel schießen, statt einen Storm Shadow.
Kompatibel mit vielen Kampfjets
Wie Storm Shadow wird auch PJDAM im Flug von Kampfjets gestartet. Laut Boeing soll PDJAM mit vielen Flugzeugen kompatibel sein, die 900-Kilogramm-Bomben abwerfen können. Bei den US-Streitkräften reicht das mindestens von der F-15 bis zur F-35. Auch die alten russischen Su-24, mit der die Ukraine Storm Shadow startet, könnten mit PJDAMs bestückt werden.
Die USA hat derzeit 35 Partner-Nationen, die mit JDAMs beliefert werden. PJDAMs soll allen diesen Nationen zur Verfügung stehen. Strategisch gesehen ist PJDAM dadurch für die USA besonders wertvoll. Die USA müssen dadurch nicht teure Marschflugkörper exportieren, die sie selbst benötigen. Auch gibt es Partnerländer, deren Flugzeuge nicht mit aktuellen Marschflugkörpern der USA kompatibel sind, weil die Jets etwa noch aus Sowjetzeiten stammen.
Stattdessen können die USA die günstigen PJDAMs mit alten Mark-82-Bomben aus Arsenalbeständen bestücken und liefern. Die USA werden ihr altes Zeug los und die Kampfkraft der Verbündeten wird gesteigert. Womöglich verleiht es ihnen damit eine Lenkwaffe mit einer viel höheren Reichweite, als sie bisher zur Verfügung hatten.
Wann PJDAM einsatzbereit sein wird, ist derzeit nicht bekannt.
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