Symbolbild: Die Kh-101 wird ua. vom Tu-160 Bomber abgefeuert

Symbolbild: Die Kh-101 wird ua. vom Tu-160 Bomber abgefeuert

© EPA/TATYANA ZENKOVICH

Militärtechnik

Russische Cruise Missile Kh-101 wirft Täuschkörper ab

Russland hat seit der Invasion der Ukraine sein Arsenal aufgerüstet. Dazu gehören auch die Marschflugkörper. So wurde etwa die Kh-101 mit Kanistern ausgerüstet, um Täuschkörper abzuwerfen.

Durch abgestürzte Kh-101 weiß man, dass solche Raketen mindestens seit Jänner 2023 zum Einsatz kommen. In den Raketentrümmern wurden die Kanister für die Täuschkörper gefunden.

Kh-101

Eine abgefangene Kh-101. Die braunen Kreise sind Täuschkörper

Bislang gab es aber noch keine Bestätigung dafür, dass diese Täuschkörper tatsächlich eingesetzt werden. Jetzt ist ein Video aufgetaucht, dass dies eindeutig belegt.

In dem Video ist der Marschflugkörper im Zielanflug. In regelmäßigen Abständen werden die Täuschkörper ausgestoßen, die als weiße Punkte zu sehen sind. Im Video ist das auch jeweils durch ein Popp-Geräusch zu hören. Solche Täuschkörper nutzen üblicherweise Flugzeuge und Hubschrauber.

Ukraine nutzt moderne Luftabwehrsysteme

Nach den fehlgeschlagenen Plänen der totalen Besetzung, hat Russland verstärkt auf Angriffe mit Drohnen und Marschflugkörpern gesetzt. Damit werden nicht nur militärische Ziele angegriffen, sondern auch zivile Infrastruktur, um die Bevölkerung zu terrorisieren.

Durch die militärischen Hilfsgüter anderer Länder hat die Ukraine moderne Luftabwehrsysteme erhalten, wie etwa das amerikanische Patriot-System. Dieses nutzt Raketen mit Radarsuchkopf, um Drohnen, Marschflugkörper, Flugzeuge und Hubschrauber abzufangen. Laut Berichten des ukrainischen Militärs hat sich das Patriot-System als sehr wirksam im Kampf gegen die russischen Raketen- und Drohnenangriffe auf Kiew und andere ukrainische Städte erwiesen.

Marschflugkörper mit Stealth-Eigenschaften

Die Kh-101 ist eine Unterschallrakete, die von Flugzeugen abgefeuert wird. Dazu zählen die Bomber Tu-95 und Tu-160. Die Kh-101 wiegt 2,4 Tonnen und hat, je nach Ausführung, eine Reichweite von bis zu 4.000 Kilometer. Der Sprengkopf wiegt 400 Kilogramm. Mit der Kh-102 gibt es auch eine Variante mit einem bis zu 250 Kilotonnen starken Atomsprengkopf.

Die Kh-101 weist Stealth-Eigenschaften auf. Der Radarquerschnitt soll lediglich 0,01 m² betragen. Das heißt am Radar sieht sie aus, wie ein etwas größerer Vögel. Außerdem fliegt sie sehr tief, was das Erfassen durch das Luftabwehrradar weiter erschweren soll.

Neue Version der Kh-101 mit Gegenmaßnahmen

Das Patriot-System (Radarsuchkopf) und andere Luftabwehrsysteme, wie das deutsche IRIS-T (Infrarotsuchkopf), die die Ukraine erhalten hat, dürften trotzdem die Kh-101 erfolgreich abgefangen haben. Deshalb wurde sie zur Variante 504AP weiterentwickelt.

Als diese angekündigt wurde, sprachen pro-russische Milblogger davon, dass sie elektronische Gegenmaßnahmen hat, um Luftabwehrraketen zu „jammen“ – also zu blockieren. Dafür fand man in den geborgenen Kh-101-Trümmern aber keine Hinweise.

Eventuell war damit gemeint, dass die Täuschkörper automatisch ausgestoßen werden, wenn ein Sensor an Bord der Kh-101 ein aktives Radarsignal wahrnimmt. Das wäre nämlich ein Hinweis darauf, dass der Marschflugkörper von der Luftabwehr anvisiert wird. Realistischer ist aber, dass die Täuschkörper zu einem vorprogrammierten Zeitpunkt ausgestoßen werden, zum Beispiel ab 10 Kilometer vor dem Ziel.

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Flares, Chaff oder beides

Nach wie vor offen ist, ob die Kh-101 mit Flares, Chaffs oder beidem bestückt ist. Im Video sieht es eher nach Flares aus, die in Gruppen zu 3 oder 4 Stück abgefeuert werden. Flares sind IR-Täuschkörper. Sie sollen die Infrarotsuchköpfe von Flugabwehrraketen auf sich ziehen, indem sie hohe Hitze ausstrahlen.

Allerdings könnten auch Chaffs gleichzeitig ausgestoßen werden. Chaffs, im Deutschen auch Düppel genannt, verteilen dünne Streifen eines leitfähigen Materials in der Luft. Dadurch entsteht eine Art Metallwolke, die vom Radar bzw. Radarsuchköpfen statt dem eigentlichen Ziel erfasst wird. Da Chaffs sehr dünn sind, wären sie von dem Winkel und der Entfernung aus, aus dem das Video gemacht wurde, vermutlich nicht zu sehen.

Die Meldungen von in der Ukraine geborgenen Kh-101 haben bisher keine eindeutigen Ergebnisse geliefert. So ging ein Bericht von Anfang Februar, in dem ein geborgener Täuschkörper-Kanister geröntgt wurde, davon aus, dass es Flares sind. Bei einer späteren Pressekonferenz des ukrainischen Militärs war von Chaffs die Rede.

Es ist am wahrscheinlichsten, dass aktuelle Versionen der Kh-101 beides gleichzeitig ausstoßen. Dies würde einen gewissen Schutz vor Radar- und Infrarotsuchköpfen bieten, bzw. auch vor radargesteuerter Luftabwehr, wie dem deutschen Flak-Panzer Gepard. Der wird von der Ukraine ebenfalls eingesetzt.

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