
Sigrid Stagl hielt die Keynote beim SPEAK OUT Festival 2025
SPEAK OUT Festival 2025: "Investition in Klima kostet"
“Investition in Klima kostet, ich habe leider keine besseren Nachrichten”, sagte Sigrid Stagl, Professorin am Department für Sozioökonomie der WU bei ihrer Keynote am SPEAK OUT Festival 2025. Wir können es uns aber nicht leisten, es nicht zu tun, weil: “Nicht umzustellen kostet uns viel mehr.”
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“Die Folgekosten sind 3- bis 6-mal so hoch wie die Umstellungskosten”, rechnete Stagl vor. Gemeint sind damit unter anderem wirtschaftliche Schäden durch Extremwetterereignisse, die durch den Klimawandel deutlich häufiger werden. Oder durch den Klimawandel steigende Produktionskosten, was sich wiederum auf die Gewinne der Unternehmen auswirke.
Sie betonte, dass erfolgreiches Wirtschaften nur innerhalb der planetaren Grenzen möglich sei. Jede wirtschaftliche Aktivität – selbst scheinbar harmlose wie das Massieren – hat Umweltauswirkungen, weshalb jede ökonomische Analyse die Umwelt mitdenken muss. So würden etwa auch bei diesem konkreten Beispiel Emissionen beim Herstellen des Massagetischs anfallen. Oder etwa beim Transport, wenn der Masseur mit dem Auto kommt.
SPEAK OUT Festival
Die von der KURIER futurezone organisierte Veranstaltung richtet sich an Young Professionals, Start-ups sowie Studierende im Alter von 18 bis 35 Jahren und bringt diese mit Unternehmen, Wissenschaft und Politik zusammen. Vor Ort wurde von hochkarätigen Gästen über die Zukunft unseres Planeten diskutiert.
Auch Workshops, Impulstalks und themenbezogene Diskussionen wurden in den Festivalzonen der Arena21, den Barocksälen sowie in der Ovalhalle im Wiener Museumsquartier abgehalten. Durch den Tag führte "Dancing Stars"-Profitänzerin und Moderatorin Conny Kreuter. Für die Verpflegung sorgten Teekanne, Vöslauer, Veganista und Hakuma, die Pflanzen-Deko kam von Praskac.
“Wir haben uns dem Thema Nachhaltigkeit schon lange gewidmet”, sagte KURIER-Geschäftsführer Richard Grasl bei der Eröffnung. Auch, wenn Klimaschutz in der öffentlichen Debatte im Vergleich zu anderen aktuellen Themen derzeit in den Hintergrund gerückt sei, rücke man davon nicht ab. Klimaschutz werde dabei sowohl in der Berichterstattung als auch in internen Abläufen großgeschrieben.
"Es ist schwer geworden, mit diesem Thema durchzukommen", sagte KURIER-Chefredakteur Martin Gebhart. "In der KURIER futurezone versuchen wir uns dem Thema lösungsorientiert zu nähern", so KURIER futurezone-Chefredakteurin Claudia Zettel. Genau das sollte auch die Veranstaltung zeigen.
Klare politische Leitplanken
Stagl erklärte, dass in der Wissenschaft ein interdisziplinäres Vorgehen notwendig ist, bei dem Ökonomen, Soziologen, Naturwissenschaftler und die Politik gemeinsam Lösungen entwickeln. Sie plädierte zudem für klare politische Leitplanken, um Unsicherheiten und Transitionsrisiken zu minimieren. Instrumente wie CO2-Bepreisung, Verbote und der Ausbau von Infrastruktur sollten gezielt und abgestimmt eingesetzt werden. Im Zentrum müsse stehen, “Unsicherheit herausnehmen, um Kosten für die Volkswirtschaft gering zu halten”, so Stagl. Eindeutig zu vermeiden gelte ein Zickzack-Kurs der Politik, bei dem Vorgaben gemacht und dann wieder zurückgenommen werden.
Den “Werkzeugkoffer” in der Ökonomie gebe es bereits, man müsse ihn nur gezielt einsetzen. Ohne Klimaschutz seien zentrale Ziele wie Preisstabilität, Armutsbekämpfung, Wettbewerbsfähigkeit und Gesundheit nicht erreichbar.
Um die Klimaziele zu erreichen, müssten 9 Billionen Dollar pro Jahr investiert werden. Das klinge im ersten Moment nach viel. Die Tatsache, dass fossile Energieträger pro Jahr mit 7 Billionen gefördert werden und weltweite Militärausgaben bei 2 Billionen liegen (Statistik jeweils aus 2022), zeige aber, dass die Gelder vorhanden sind.

Sigrid Stagl
© Kurier / Ferry Romar
Österreich ist Nachzieher
In Österreich sei beim Klimaschutz lange zu wenig passiert. 2021 lagen die Emissionen etwa auf dem Stand von 1990. “Ziemlich peinlich für ein Land mit unseren Fähigkeiten und unserem ökonomischen Potenzial”, sagte Stangl. Seit 2022 sinken die Emissionen aber auch hierzulande um 5 Prozent pro Jahr.
Zwar sei das nur teilweise auf Klimaschutzmaßnahmen zurückzuführen, weil auch Rezessionsjahre verzeichnet wurden, dennoch stimme die Richtung. So wurde 2024 erstmals auch eine Trendumkehr im Verkehr beobachtet, ein besonders wichtiges Feld.
Auch wenn einige planetare Grenzen schon überschritten sind, heißt das nicht, dass man manche Dinge nicht rückgängig gemacht werden können. Als positives Beispiel nannte Stagl etwa die Reduktion von schädlichem FCKW in der Atmosphäre. Erfolgreiche Maßnahmen hätten dazu geführt, dass man dieses Problem in den Griff bekommen hat.

Sigrid Stagl
© Kurier / Ferry Romar
Nachhaltige Innovation in Städten
Weitere Programmpunkte waren unter anderem zahlreiche Panel-Diskussionen. Etwa dazu, wie digitale und nachhaltige Innovation in Städten gelingen kann. Benedikt Schraik, Chief Technology Officer (CTO) der Stadt Wien, erzählte, dass Digitalisierung in diesem Bereich oft nicht einfach sei. So müsse man etwa komplexe Gesetzesvorlagen in verständliche digitale Angebote für die Bürgerinnen und Bürger übersetzen.
Michael Glatz, Geschäftsführer Accenture Österreich, warnte davor, dass man angesichts des aktuellen Budgetdrucks bei der Digitalisierung spare. “Man muss stattdessen sagen, ich spare durch Digitalisierung”, so Glatz. Jutta Löffler ist Geschäftsführerin der UIV Urban Innovation Vienna GmbH, einer Klima- und Innovationsagentur der Stadt Wien. Man müsse aufpassen, dass technologische Lösungen “nicht an den Menschen vorbei galoppieren”, das wolle man verhindern, sagte sie.
Manfred Tscheligi, AIT, Head of Center for Technology, ortet in Europa generell eine Skepsis gegenüber neuen Technologien. Man müsse diese Skepsis in konstruktives Bessermachen ummünzen. Hier habe man in Österreich vielleicht noch etwas zu lernen.

Moderatorin Conny Kreuter, Manfred Tscheligi (AIT) und Jutta Löffler (Geschäftsführerin UIV Urban Innovation Vienna)
© Kurier / Ferry Romar
KI und Klimaschutz
Über den Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Künstlicher Intelligenz diskutierten Roboterpsychologin Martina Mara mit Wolfgang Fasching-Kapfenberger von Google. Dieser betonte die Bemühungen des Konzerns, bis 2030 CO2-frei zu werden. Bereits jetzt sei man CO2-neutral.
Mara ist gegenüber der neuen Technologie weder euphorisch noch dystopisch. “KI ist weder gut noch böse”, so Mara. Sie wies auf den hohen Energieaufwand von Rechenzentren hin, die bereits dazu führen, dass Atomenergie für Google, Microsoft und andere Firmen wieder Thema wird. Zwar sei einerseits viel Potenzial da, wo Künstliche Intelligenz auch beim Klimaschutz helfen könne, etwa durch Vorhersagen komplexer Vorgänge. Andererseits dürfe man den Stromverbrauch nicht ignorieren. “Es ist eine komplexe Kosten-Nutzen-Rechnung”, so Mara.
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Roboterpsychologin Martina Mara, futurezone-Chefredakteurin Claudia Zettel und Wolfgang Fasching-Kapfenberger (Google)
© Kurier / Juerg Christandl
Inklusion und digitale Bildung
Eine weitere spannende Diskussionen mit Drei-Chef Rudolf Schrefl, TU-Professorin Hilda Tellioğlu und Digitaler-Kompass-Gründer Tim Dombrowski drehte sich um digitale Inklusion. Also darum, wie man sicherstellt, dass alle von der Digitalisierung profitieren können.
Auf einem anderen Panel sprachen A1-Telekom-Austria-Group CEO Thomas Arnoldner, Staatssekretär Alexander Pröll und die Direktorin der MSi Geblergasse Caroline Thaller darüber, wie wir die Erwachsenen der Zukunft nachhaltig auf die digitale Gesellschaft vorbereiten können.
Auch beim Investieren sind Umwelt und Klima großes Thema. Darüber diskutierte Walter Hatak, Finanzexperte bei der Erste Asset Management, mit KURIER-Wirtschaftsredakteur Robert Kleedorfer.
Martin Moder über Vertrauen in die Wissenschaft
Eines von vielen Highlights des Tages war der Auftritt von Science-Buster Martin Moder. Er ortete bei der Klimakrise auch eine Krise des Vertrauens in die Wissenschaft.

Martin Moder
© Kurier / Ferry Romar
Fakten über den Klimawandel ließen sich oft nur schwierig transportieren. Das liege unter anderem daran, dass sie kompliziert sind. Die Behauptungen von Leugnern seien in der Regel viel simpler und könnten von Menschen weit einfacher verarbeitet werden. “Je leichter es fällt, eine Info zu verarbeiten, desto eher glauben wir, dass es richtig ist”, so Moder. Darum sollte man beim Vermitteln von Fakten zum Thema Klimawandel versuchen, sich möglichst einfach auszudrücken.
Was aber macht man, um festgefahrene Meinungen von Menschen herauszufordern bzw. zu ändern? “Anstatt zu sagen, das stimmt nicht, sollte man nachfragen”, so Moder. Behaupte etwa jemand, “das Klima hat sich immer schon so schnell verändert”, sollte man nicht mit der faktisch richtigen Grafik kontern. Stattdessen sollte man nachfragen: “Ja, wann?” Moder: “Nachfragen ist eine der besten Strategien, um festgefahrene Standpunkte zu lockern.”
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