Verstecktes Glücksspiel in Diablo Immortal: Das Problem mit Lootboxen
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Heute erscheint „Diablo Immortal“, der kostenlose Smartphone-Ableger des Kultcomputerspiels Diablo. Allerdings nicht in den Niederlanden und Belgien, denn hier ist das Geschäftsmodell des Games, die sogenannten Lootboxen, verboten. Der Grund: Sie seien Glücksspielen zu ähnlich, so die Rechtsprechung.
Virtuelle Überraschung gegen echtes Geld
Lootboxen, (zu Deutsch: Beutekisten), sind wesentlicher Bestandteil von immer mehr Spielen auf dem Computer, der Konsole und dem Handy. Auch in FIFA, dem jährlich am meisten verkauften Videospiel der Welt, gibt es sie. Sie sind wie virtuelle Überraschungspakete, bestückt mit Gegenständen, mit denen Spieler ihren Charakter optisch aufwerten oder sich einen Vorteil innerhalb des Games verschaffen können. „Pay to win“ nennt sich das in der Fachsprache, denn die Lootboxen werden im Regelfall mit echtem Geld erworben. Wird das Spiel vom Anbieter eingestellt, ist das Geld, das für virtuelle Gegenstände und Vorteile ausgegeben wurde, verloren.
Was eine Box enthält, bestimmt der Zufall. Spieler*innen wissen im Vorhinein nicht, ob die Gegenstände darin wertvoll oder nutzlos sind. Baut ein Game zur Gänze auf so einem Lotteriemechanismus auf, ist von einem „Gacha-Spiel“ die Rede. Der Begriff ist eine Anlehnung an den in Japan beliebten Gashapon-Automaten – ein Spielzeugspender, der gegen kleines Geld ein beliebiges Plastikspielzeug ausspuckt.
Hohes Suchtpotenzial
Ähnlich wie beim japanischen Spielzeugspender nutzen auch Videospielentwickler das Zufallsprinzip aus, um Nutzer*innen zum Geldausgeben zu animieren. Mit den In-Game-Käufen von Lootboxen haben die Hersteller eine zusätzliche Einkommensquelle geschaffen, die besonders lukrativ ist. 15 Milliarden US-Dollar hat die Branche mit dieser virtuellen Tombola im Jahr 2020 verdient.
Dabei verwenden sie fragwürdige Praktiken. Die Hersteller setzen auf visuelle und akustische Reize, die die Ausschüttung von Adrenalin und Glückshormonen im Körper auslösen – das kennt man von Glücksspielautomaten. Zudem muss im Videospiel in der Regel echtes Geld gegen eine virtuelle Währung getauscht werden, um Lootboxen zu erstehen. Ähnlich wie bei Casinochips verlieren Spieler so rasch den Überblick über ihre Ausgaben.
Auch Gewinnwahrscheinlichkeiten werden oft irreführend ausgewiesen und nicht zuletzt das aggressive Marketing, mit dem In-Game-Käufe beworben werden, animiert zum Kauf.
Glossar
Lootbox: Ein virtuelles Objekt in Videospielen, das eine zufällige Sammlung bestimmter Gegenstände enthält. Sie werden mit Echtgeld oder Spielwährung gekauft, können aber auch durch das Erfüllen von Quests erspielt werden.
In-Game-Kauf: Käufe, die während eines Spiels getätigt werden.
Pay-to-Win-Spiel: Bezeichnet Spiele, in denen Nutzer*innen sich Vorteile gegenüber anderen verschaffen können, indem sie bestimmte virtuelle Gegenstände kaufen.
Gacha-Spiel: Ist von Grund auf so designt, dass Spieler*innen Lootboxen kaufen müssen, um Levels zu bestehen bzw. um mit anderen Teilnehmenden mithalten zu können.
Ruf nach Regulierungen in Österreich
Besonders für Kinder und Jugendliche entstehe durch Lootboxen eine hohe Suchtgefahr, wie Studien bestätigen. Der Ruf nach Regulierungen, wie sie in Belgien und den Niederlanden existieren, wird daher immer lauter.
In Österreich gibt es aktuell kein Verbot. Unklar ist, ob Lootboxen überhaupt als Glücksspiele nach dem österreichischen Recht gelten. Laut Rechtsanwalt Oliver Peschel würden sich die Lehrmeinungen hier scheiden. „Wir vertreten die Ansicht, dass es keinen rechtlichen Unterschied zwischen einer Lootbox und einer Slotmaschine gibt. Man verliert auch bei Lootboxen schnell den Überblick über seine Ausgaben und fällt in eine Suchtspirale“, hält der Jurist fest. „Es gibt allerdings noch keinen höchstgerichtlichen Musterfall, der das bestätigt.“
Gäbe es eine Rechtsprechung, so könnten Spielehersteller, die über keine Glücksspiellizenz verfügen (also die große Mehrheit) zur Rechenschaft gezogen werden. Spieler*innen könnten ihr Geld zurückverlangen. Das käme einer Regulierung seitens der Behörden gleich, so Peschel.
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