Eine Szene aus dem Videospiel „Mafia: The Old Country“.

Mafia: The Old Country

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Mafia The Old Country im Test: Es muss nicht immer GTA sein

Das Klappmesser gehört in The Old Country zur Mindestausstattung eines jeden Mafiosi.

Mafia (2002) hat einen besonderen Platz in meinem Herzen – weil es grandios ist. Mafia 3 (2016) war es nicht mehr, weil es zu sehr versucht hat, ein GTA zu sein.

Lange Zeit kam nichts und das Ende der Mafia-Reihe schien besiegelt. Doch jetzt gibt es mit Mafia: The Old Country (PS5, Xbox Series, PC) Nachschub. Es ist eine Rückkehr zu alten Tugenden und alten Zeiten. Es spielt auf Sizilien Anfang der 1900er-Jahre, ist also quasi ein Prequel für die Mafia-Reihe.

Mediterrane Idylle

Das Setting erzeugt Fernweh. Die Welt von The Old Country wirkt wie ein Urlaubsort am Mittelmeer, bevor der Massentourismus Einzug gehalten hat. Man reitet zwischen Weinbergen auf unbefestigten Straßen, tuckert mit den ersten Automobilen aus Serienfertigung über enge Steinbrücken, durch Dörfer und kleine Städte, die spektakulär authentisch aussehen.

Man merkt, dass das Entwickler-Team viel Liebe reingesteckt hat, um das Sizilien nach der Jahrhundertwende zum Leben zu erwecken. Hinzu kommt, dass das Casting der Charaktere grandios ist. Dabei ist nicht Realismus im Vordergrund, sondern das Gefühl, einen klassischen Mafia-Film zu sehen – auf positive Art. Der italienische Akzent in der englischen Sprachausgabe ist nicht immer perfekt, aber es ist dennoch genau das, was man braucht, damit den Charakteren Leben eingetaucht wird.

Offene Welt, aber kein GTA

Obwohl man zu Fuß, per Pferd oder Auto in einer offenen Welt unterwegs ist, ist The Old Country nicht „just another“ GTA-Klon. Wie beim ersten Mafia ist die Welt zwar offen, bietet aber keine Nebenaktivitäten, Zufallsbegegnungen, Yetis, Aliens oder ähnliches.

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Das ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist die Story so viel fokussierter und lässt dieses Film-Feeling aufkommen. Andererseits hat man das Gefühl, dass die liebevoll gestaltete Spielewelt nicht ausgereizt wird. Abseits der Story kann man im „Explore“-Modus die Gegend erkunden, aber mehr als Collectibles einsammeln, gibt es hier nicht zu tun.

Das Entwickler-Team hat sich wohl auch gedacht, dass es noch mehr aus seiner Kreation herausholen kann. In den kommenden Monaten soll ein kostenloser „Free Ride“-Modus nachgeliefert werden, der zusätzliche Aktivitäten, abseits der Story, bietet.

Eine belebte Marktszene in „Mafia: The Old Country“.

Mafia: The Old Country

Mit dem Messer zur Schießerei

Das Gameplay ist repetitiv. Diese Tatsache ist gut zwischen der Atmosphäre und der Story getarnt, aber denkt man sich das Rundherum weg, bleibt ein eher ordinärer 3rd-Person-Deckungsshooter mit gelegentlichen Schleichpassagen über. Die Ballereien sind manchmal holprig, wobei das ein bisschen zum Charme passt, dass hier Mafiosi, rund um 1910, sich mit Waffen aus dieser Periode beschießen – hier sind keine Elite-Soldaten mit Hightech-Knarren am Werk. Das Gunplay passt gut dazu und es ist erfrischend, dass Schrotflinten mal nicht die in Spielen üblichen Erbsenkanonen sind, sobald der Gegner weiter als 5 Meter entfernt ist.

Das Augenverdrehen nicht unterlassen kann ich bei den Messerkampf-Duellen (natürlich stilecht mit Klappmessern), die fast immer der Boss-Fight und das Ende des jeweiligen Kapitels darstellen. Gerade, wenn man das Film-Feeling mag, wirkt es oft gezwungen und vorhersehbar, was passiert, damit es am Ende eines sonst stimmigen Levels mit ausführlicher Ballerei wieder zu einer Stecherei kommen kann.

Das Kampfsystem für die Messer-Duelle ist rudimentär. Entweder weicht man dem starken Angriff aus und sticht dann hin oder man kontert den schwachen Angriff und sticht dann hin. Das wiederholt sich, je nach Boss-Gegner, zwischen 5- bis 10-mal und ist nicht besonders befriedigend, weil es immer gleich ist.

Ein Mann schießt in einem Kampf in „Mafia: The Old Country“.

Mafia: The Old Country

Fazit

Mafia: The Old Country ist kein Meisterwerk. Dafür gibt es zu viele technischen Schwächen und ein bisschen zu wenig Inhalt. Aber immerhin gibt’s das Spiel schon für 50 Euro und für dieses Geld wird man sehr gut unterhalten – wenn man die bisherigen Mafia-Spiele mochte.

Kann man für Atmosphäre und Handlung auf spielerische Freiheit verzichten, wird man Freude mit The Old Country haben. Und dabei wird man feststellen: Es muss nicht immer ein GTA sein. Manchmal ist es schön, sich durch ein Game führen zu lassen und es so zu genießen wie einen guten Gangster-Film.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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