Mundaun im Test: Unheimlich gute Alpenwanderung
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Mundaun ist ein beschaulicher Ort in den Schweizer Hochalpen. Serpentinen führen den namensgebenden Berg Piz Mundaun hinauf. Das Spiel beginnt in einem Bus, der sich die Straße hinaufschlängelt und die Sicht auf die beeindruckende Berglandschaft freigibt. Der Grund, warum die Hauptfigur Curdin diesen Ort besucht, ist allerdings ein tragischer: Sein Großvater kam bei einem Scheunenbrand ums Leben.
Recht schnell zeigt sich, dass hier eine übernatürliche Kraft ihre Finger im Spiel hat, die sämtliche Bewohner, die verstreut im Tal des Piz Mundaun leben, fest im Griff hat. Es beginnt eine Wanderung, den Berg hinauf, die mit jeder Etappe neue Schrecken offenbart.
Beeindruckende Bilder
Mundaun ist ein spektakuläres Gesamtkunstwerk. Jede Textur hat der Entwickler Michael Ziegler selbst gezeichnet. Inspiration holte er sich vom realen Ort Obersaxen Mundaun im Kanton Graubünden, wo er als Kind seine Ferien verbrachte. Holzmaserungen, Strohhalme, Felswände und Ziegenhaar wurden von der Bleistiftskizze zum 3D-Objekt gemacht. Das heißt auch, dass das gesamte Spiel in einem monochromen Design gehalten ist, als würde man durch ein Skizzenbuch blättern. Ein altes Skizzenbuch wohlgemerkt, dessen Seiten schon zu einem Sepia-Ton vergilbt sind.
Das gab dem Künstler auch die Freiheit, überall angedeutete Gesichter und Augenpaare einzubauen, in Felswände und Baumstümpfe. Damit sorgt er für ein ständiges Gefühl der Beobachtung und belebt die Berglandschaft als wäre sie eine weitere Figur im Spiel, unklar ob Gegenspieler oder Verbündeter. Das trifft auch auf sämtliche Personen zu, die Curdin auf seiner Wanderung trifft. Die bedienen recht viele Klischees aus dem „Dorf-Horror“-Topf: Ein gruseliges stummes Mädchen, ein gruseliger verwirrter Maler, ein ängstlicher Pfarrer, ein vom Krieg gezeichneter Kommandant, der noch keinen Frieden gefunden hat.
Geheimnisvolle Schrecken
Eine besonders erfrischende Geschichte ist es nicht, die Mundaun so spannend macht und auch Rätselfans werden nicht wirklich gefordert. Spielerisch ist das First-Person-Adventure keine Revolution. Es geht recht linear voran, im Journal wird jeder Schritt noch einmal extra vorgekaut. Man sammelt Gegenstände und Schlüssel (viele Schlüssel) und hangelt sich so Schritt für Schritt zum Lüften des Geheimnisses vor. Obwohl es viel zu entdecken gibt, stellt sich nie die Frage, was als nächstes zu tun ist. Vielmehr ist die Inszenierung das, was aus diesem Spiel eine besondere Erfahrung macht.
Ich bin normalerweise gar kein Fan von Horror-Spielen, ganz im Gegenteil meide ich sie, wo ich kann. Ich hasse billige Schock-Effekte, Jump-Scares und das Gefühl, hinter jeder Ecke könnte der virtuelle Tod lauern. Dabei hat das Genre eigentlich viel mehr Facetten. Stephen King teilte das einmal in drei Stufen: Schrecken, Horror und Ekel. Während der Schrecken viel Raum für die eigene Fantasie lässt, zeigt der Horror das Unheimliche ohne in Ekel überzugehen. Dieser wiederum reizt die Extreme des guten Geschmacks aus. Viele Games suchen das Extreme, seltener bleiben wir zwischen Schrecken und Horror. Und deshalb ist es besonders erfrischend, dass Mundaun genau hier anzusiedeln ist.
Mit Heugabel und Fernglas
Die fantastische Spielewelt nimmt sich Anleihen an Folklore und Sagen. Ich werde von Fabelwesen heimgesucht, abgetrennte Ziegenköpfe unterhalten sich mit mir, während ich Stroh-Dämonen mit Heugabeln pikse und mich vor schwebenden Imkern verstecke, die ihre Bienenschwärme auf mich hetzen. Durch ein Fernglas beobachte ich ihre Wege, um an ihnen vorbei zu huschen.
Gruselig wird das Spiel durch gelungene Licht-und-Schatten-Spiele. Der Kontrast zwischen den weiten Berglandschaften und den engen, endlos scheinenden Gängen und finsteren Hütten sorgt für klaustrophobische Momente. Besonders immersiv ist, dass das gesamte Spiel in rätoromanischer Sprache vertont wurde, die Übersetzung liefern die Untertitel. Die Soundkulisse ist eine Mischung aus bedrohlichem Donnergrollen, Chorgesängen und tiefen Streichern und verdichtet die ohnehin schon unheimliche Atmosphäre noch weiter.
Fazit
Mundaun ist speziell und wer sich darauf einlässt wird große Freude damit haben. In 7 Stunden kann man das Spiel abschließen. Ich habe aber viel länger gebraucht, denn ich habe mir immer wieder Zeit gelassen, die atemberaubende Kulisse in Ruhe auf mich wirken zu lassen. Trotz des linearen Designs lädt Mundaun dazu ein, jeden Winkel zu erkunden, jede Tür und Schublade zu öffnen, jedes Bild an der Wand genauer zu betrachten. Obwohl es auf plakative Schockmomente verzichtet, wird man (zumindest für meinen Geschmack) ausreichend erschreckt. Die Stimmung wird mit fortschreitendem Spielverlauf immer angespannter.
Das einzige Spiel, das eine ähnliche Wirkung auf mich hatte, war das ähnlich großartige „Return of the Obra Dinn“, ebenfalls ein Monochromes Horror-Adventure, das von seiner dichten Atmosphäre lebt. Die enorme und jahrelange Arbeit, die Michael Ziegler im Alleingang in Mundaun gesteckt hat, wird an jeder Ecke spürbar. Nach dem Abspann hat man das Verlangen, noch einmal zurückzukehren und die Bilder erneut auf sich wirken zu lassen. Ich kann „Mundaun“ nur jedem ans Herz legen.
Mundaun ist für PC (Steam und Epic), PS4 und PS5, Xbox One und Series X/S erschienen. An einer Version für die Nintendo Switch wird bereits gearbeitet.
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