Pokémon Karmesin und Purpur im Test: Ein Schlag ins Gesicht für Fans
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Die Pokémon-Fans hatten es ja schon befürchtet und es hat sich bewahrheitet: Die neuesten beiden Spiele der Hauptreihe, "Karmesin" und "Purpur", sind hässlich und verbuggt. Das hier kein Grafikhammer kommt, hatten die Trailer schon erahnen lassen. Ganz so betrogen darf man sich also nicht fühlen. Inhaltlich wagt sich Entwickler Game Freak dafür in ganz neue Gefilde. Wir haben getestet, ob das Gameplay gut genug ist, um über die offensichtlichen Mängel hinwegzusehen.
Großartige Starterpokémon
Wie in jedem Pokémon-Spiel wachen wir in unserem Zuhause auf, bereit, das große Abenteuer zu beginnen. Je nach Version geht man auf die Trauben- (Purpur) oder Orangen-Akademie (Karmesin). Akademie-Leiter Direktor Clavel, ein gruseliger alter Mann, holt meine Spielfigur zuhause ab und tuschelt mit der Mutter.
Clavel übergibt mir dann mein Starterpokémon. Die sind dieses Mal wieder sehr gelungen und bestehen aus der sassy Ente Kwaks (Wasser), der grazilen Katze Felori (Pflanze) und dem niedlich-dümmlichen Krokodik Krokel (Feuer). Selten ist mir die Wahl so schwergefallen, schließlich habe ich mich aber für das Krokodil entschieden, weil ich ein Herz für drollige, aber ein bisschen hässliche, Tierchen habe.
Nervige Freunde und neue Feinde
Gleich darauf treffe ich die Schulsprecherin Nemila. Sie beschließt, meine neue beste Freundin zu sein. Sie hat eine befremdliche Obsession mit dem Kämpfen und taucht ständig auf, um gegen uns anzutreten. Bei einem Spaziergang finde ich das legendäre Motorrad-Pokémon Miraidon (Purpur) bzw. Koraidon (Karmesin). Nachdem ich ihm ein Sandwich gegeben habe, sind wir beste Freunde und bewege mich schließlich auf seinem Rücken durch die Spielewelt. Gleich darauf lerne ich Professor Futura (Purpur) bzw. Professorin Antiqua (Karmesin) und deren Sohn Pepper kennen.
Nach ein paar Stunden Tutorial geht es dann endlich wirklich los: Wir dürfen die offene Welt der Paldea-Region erkunden, die Spanien nachempfunden ist. Wir haben insgesamt 3 Hauptmissionen: Alle Arena-Orden sammeln und Champion werden, gemeinsam mit Direktor Clavel das böse Team Star zerschlagen und zusammen mit Pepper riesige Wächter-Pokémon aufsuchen.
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Endlich frei bewegen
Endlich kann ich mich zum ersten Mal in der Geschichte der Hauptreihe durch eine offene Welt frei bewegen. Das führt manchmal dazu, dass ich gnadenlos unterlegen bin, weil ich in die falsche Richtung gegangen bin. Dafür marschiere ich dann durch andere Gebiete einfach hindurch, die ich unwissentlich übersprungen habe. Es gibt keine Vorgaben, wohin ich zuerst gehe, weshalb ich selbst herausfinden muss, ob die Gegner in einem Gebiet zu stark für mich sind. Klar, hier hätte man eine bessere Balance reinbringen können, indem das Level automatisch angepasst wird - ich wurde aber auch nach über 40 Stunden nur einmal besiegt.
Manche Orte erreicht man aber bewusst erst später, weil man bestimmte Fähigkeiten wie Schwimmen oder Klettern braucht. Mit jedem besiegten Wächter-Pokémon wird eine neue Fähigkeit für Miraidon freigeschaltet. In welcher Reihenfolge diese freigespielt werden, hängt davon ab, welche Wächter man zuerst bezwingt, was eine ganz individuelle Spielerfahrung ermöglicht.
Die Anzahl der neuen Pokémon ist nicht riesig, aber dafür weitestgehend gut. Mit Ferkuli gibt es ein neues Schweinchen-Pokémon, das ich besonders herzig finde. Das kleine Gierspenst, das man in der ganzen Region antrifft und nur dann fangen, wenn man es in einer Truhe entdeckt, kennen einige sicher schon aus Pokémon Go. Der kleine Elektro-Nager Pamo ist niedlich und flauschig. Mindestens für ein Stirnrunzeln sorgt hingegen Digdas trauriger Cousin Schligda, eine Art nackte Schwermuschel.
Gute Idee, schlechte Umsetzung
Die Wächter selbst sind riesige Versionen bestimmter Pokémon, die zumindest in der offenen Welt beeindruckend aussehen - im Kampf allerdings relativ schwach daherkommen, wenn man den richtigen Typ gegen sie einsetzt. Auch inhaltlich ist diese Aufgabe eine der schwächsten, obwohl sie die spannendste hätte werden können. Schon sehr früh erinnert man sich an das großartige "Shadow of the Colossus" zurück, indem man auch für die eigenen Zwecke majestätische Monster bezwingt.
Hier wird schon ein großes Problem des Spiels deutlich, das sich durch alle 3 Handlungsstränge zieht: Die Aufgaben sind enorm repetitiv. Ich gehe zum Spot auf der Karte, an dem das Wächter-Pokémon angezeigt wird. Ich finde es, bekämpfe es, es frisst verdächtig glitzernde Kräuter, ich bekämpfe es gemeinsam mit Pepper erneut. Dieser macht dann ein Sandwich aus den Kräutern, die meinem Miraidon einen neuen Trick beibringen. Manchmal muss man die Wächter mit einem Trick finden oder aus der Reserve locken, aber der Anspruch daran ist überschaubar.
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Ähnliches gilt für das Ausheben der Team-Star-Verstecke: Ich bekomme einen geheimnisvollen Anruf, ich besiege innerhalb eines großzügigen Zeitlimits 30 Pokémon der Mitglieder*innen indem ich die 3 ersten Pokémon in meinem Team frei herumrennen lasse. Die Aufgabe ist also einfach nur herumgehen und warten, bis alle besiegt sind. Dann kämpfe ich jeweils gegen die Anführer*innen und ihr riesiges Auto-Pokémon bzw. "Starmobil", ein Knattatox. Danach sehe ich einen Flashback, der mir erklärt, warum sich das Team gegründet hat.
Witzige Mini-Games
Einzig die Arenakämpfe sind abwechslungsreicher, obwohl sie schematisch sind. Vor jedem Kampf ist eine recht einfache Aufgabe zu erfüllen - z.B. eine Schnitzeljagd, ein Geschicklichkeitsspiel oder eine Wimmelbildsuche. Anschließend werden die Arenaleiter*innen wie man es kennt besiegt.
In jedem Areal gibt es diese 3 Aufgaben der Hauptmissionen zu bewältigen. So richtig spannend oder fordernd ist das leider nicht. Erst ganz zum Schluss nimmt die Story viel Fahrt auf und liefert einen tollen Twist - der Weg dorthin ist aber zäh.
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Leere Spielewelt mit grausamer Optik
Das alles wäre gar nicht so schlimm, wenn die offene Welt liebevoll gestaltet und interessant genug wäre, um sich darin zu verlieren. Das ist sie aber leider nicht. Obwohl es verschiedene Welten gibt (Schnee, Berge, Steinbrüche, Meer), sieht dort alles ein bisschen gleich aus. Über weite Strecken ist sie leer, aber gleichzeitig renne ich ständig in Pokémon, die plötzlich vor der Nase aufploppen.
Personen im Hintergrund bewegen sich mit 2 Frames pro Sekunde und sehen alle gleich aus. Das gesamte Spiel hat matschige Texturen und ist stark verpixelt. Ich habe sogar das Gefühl, es ist noch hässlicher als Pokémon Legenden: Arceus (hier im Test). Zudem ist das Spiel sehr verbuggt, was zu mindestens kuriosen Situationen führt.
Es ist nicht alles schlecht
Werden Fans der Spiele trotzdem ihren Spaß haben? Sicher. Viele Funktionen sind bequem, man kann seinen Taschenmonstern vergessenen Attacken einfach über das Menü wieder beibringen, wie bei Legenden: Arceus. Man kann sie bequemer per Knopfdruck heilen und zur freien Erkundung und schnellerem Leveln einfach draußen herumlaufen lassen.
Das Treffen der wilden Monster in der freien Welt ist ebenfalls gut gelungen. Manchmal dreht man sich nach einem Kampf zwar um und ein Pokémon starrt einen an, mit dem man dann gleich wieder kämpfen muss - aber ich finde es irgendwie unterhaltsam, dass die wilden Monster interessiert zuschauen, während ich mir einen erbitterten Kampf liefere.
Positiv sind auch die Terakristallisierungen. Man wählt anhand einer Attacke aus, welchen Typ ein Pokémon annehmen soll. Sie können diesen also ändern, was gerade im Kampf gegen starke Gegner oder andere Spieler*innen ein cleverer taktischer Kniff sein kann.
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Fazit
Das ist wirklich ein schwieriges Spiel. Einerseits stecken viele gute Ideen darin, wie die offene Welt und die verschiedenen Handlungsstränge, die man individuell abarbeiten kann. Andererseits wirkt es, wie leider schon Legenden, unfertig und überhastet. Die für Nintendo-Spiele wirklich ungewöhnlich vielen Bugs und Glitches machen das Spiel nicht kaputt, fallen aber im Kontext einer ohnehin schon nicht idealen Spielerfahrung noch schwerer ins Gewicht. Jedes Mal, wenn die Spielfigur durch die Landschaft glitched oder die Kameraperspektive im Kampf dafür sorgt, dass man nichts sieht, weil die Hälfte des Bildschirms durch Wasser, Steine oder Gras verdeckt ist, dann nervt das einfach.
Pokémon ist das erfolgreichste Spielefranchise der Welt. Während viele großen Spieletitel durch zu großen Druck, falsch geschürte Erwartungen oder unmachbare Terminplanung (Grüße an 'Cyberpunk') Spiele in immer schlechterem Zustand herausbringen, hatte Nintendo es immer noch irgendwie geschafft, Titel in einer verlässlich guten Qualität zu veröffentlichen, zuletzt beim großartigen Splatoon 3. Daher stellt sich mir die Frage: Hat man sich mit der offenen Welt übernommen und es einfach nicht rechtzeitig geschafft? Oder weiß man, dass die treuen Fans es kaufen, egal wie viel oder wenig Mühe man sich gibt?
Ich kann nicht sagen, dass ich mich durch Pokémon Purpur durchgequält habe, ich hatte schon Spaß. Das liegt aber eher daran, dass die Kernmechanik - sammeln, kämpfen, erkunden - auch nach all den Jahren noch funktioniert. Ich kann nur hoffen, dass sich Game Freak und die Pokémon Company für ihre kommenden Titel die Kritik zu Herzen und für die Entwicklung mehr Zeit nehmen.
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