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Super Mario Maker 2 im Test: Der Baukasten zum Freundequälen

Es gibt wohl kaum ein Spiel, das dermaßen selbsterklärend ist wie Super Mario Bros. Das legendäre Jump’n’Run vollbrachte bereits 1985 das Kunststück, den Spieler durch geschicktes Design an die Spielmechanik heranzuführen. Ein Tutorial war überflüssig, nach dem berühmten Level 1-1 wusste man meist, was zu tun ist. Das Konzept dahinter verfeinerten Mario-Erfinder Shigeru Miyamoto und viele andere talentierte Nintendo-Designer in den Nachfolgern.

Kōichi Hayashida, verantwortlich unter anderem für Super Mario Galaxy und Super Mario 3D World, ließ sich mit der Kishōtenketsu-Struktur von chinesischer Lyrik inspirieren und baute Level stets in vier Schritten auf: Eine neue Spielmechanik wird präsentiert, der Spieler erlernt sie. Diese wird mit einem ungewöhnliche Element kombiniert und abschließend werden die Fähigkeiten des Spielers auf die Probe gestellt.

Man muss sich nicht im Detail mit der Design-Philosophie von Super-Mario-Levels auseinandersetzen, um diese gerne zu spielen. Doch wie viele andere Kinder, die mit der Super Mario Bros. Trilogie auf dem Game Boy aufgewachsen sind, wollte ich immer selbst neue Level bauen (man vergisst gerne, wie rasch die Game-Boy-Titel durchgespielt waren). Eine Möglichkeit dazu gab es lange nicht. Level-Editoren, wie sie oft PC-Titeln beilagen, waren auf der Konsole eher Mangelware.

Erst 2015 gab man Spielern mit Super Mario Maker erstmals die Gelegenheit, eigene Levels zu bauen. Damals landete das Spiel noch auf der mäßig erfolgreichen Wii U und bekam nicht die Aufmerksamkeit, die es eigentlich verdient hätte. Mit Super Mario Maker 2 hält der Nintendo-Sandkasten auf der Switch Einzug und bringt den mächtigen Level-Editor auf die Hybrid-Konsole. Die futurezone hat Nintendos “Little Big Planet” für unterwegs getestet.

Kampagne führt an Editor heran

Die wohl größte Neuerung ist der sogenannte Abenteuermodus. Statt sich lediglich durch selbstgebaute und Fan-Levels zu kämpfen, liefert Nintendo 100 vorgefertigte Levels mit, die mit einer Geschichte verknüpft wurden. Diese ist vergleichsweise simpel zu einem vollwertigen Mario-Titel - das Schloss von Prinzessin Peach wurde zerstört und Mario muss Münzen sammeln, um den Wiederaufbau zu finanzieren. Die liebenswürdigen Dialoge und abwechslungsreichen (und fordernden) Level machen diese aber empfehlenswert.

Nintendo nutzt die Kampagne auch geschickt, um den Spieler auf Details im Level-Design hinzuweisen. Denn oftmals fehlen Elemente, um eine Hürde überwinden oder um an einen Gegenstand gelangen zu können. Diese muss der Spieler mit dem Editor selbst platzieren, Hilfestellungen gibt es keine.

Wie beim Vorgänger ist das wahre Highlight des Spiels der Level-Editor. Der Spieler kann aus einer Vielzahl an Elementen, Gegnern und Geräuschen wählen. Auch andere wichtige Aspekte - Scroll-Geschwindigkeit, Zeitlimit und Zielbedingungen - können frei bestimmt werden. Dabei muss man nicht mehr, wie beim Vorgänger, mühsam einzelne Gegenstände freischalten, sondern bekommt die komplette Bibliothek gleich zum Start zur Verfügung gestellt.

Multiplayer-Gewusel

An Motivation für den Spieler mangelt es nicht. Ähnlich wie in Rayman-Titeln oder Celeste jagt man ständig Highscores, Zeit oder Münzen hinterher. Dieses “das muss doch irgendwie besser gehen”-Gefühl fesselt den Spieler immer wieder an die Switch und sorgt dafür, dass ich bereits des Öfteren mehr Zeit als geplant mit Super Mario Maker 2 verbracht habe.

Passenderweise können sich Spieler nun auch im Multiplayer-Modus (sowohl lokal als auch online) messen. Dabei hat man die Gelegenheit, einen Level mit- oder gegeneinander zu spielen. Letzterer bekam zuletzt Konkurrenz durch den Fan-Titel “Mario Royal”, bei dem bis zu 75 Spieler gleichzeitig versuchten, einen Level so schnell wie möglich zu absolvieren.

Leider verkommt das auch bei “nur” vier Spielern oftmals zu einer verwirrenden Situation, weil man den eigenen Charakter im Gewusel nicht ausfindig machen kann. Auch das gemeinsame Online-Spielen ist aus Mangel an Kommunikationsmöglichkeiten eher mäßig unterhaltsam. Deutlich mehr Spaß macht es, einen Level gemeinsam vor dem Fernseher mit Freunden zu spielen - weil dort eben auch Kommunikation möglich ist.

Es macht besonders viel Spaß, Freunde mit eigenen Kreationen zur Verzweiflung zu bringen. Tipp: Einen Level bauen, an dem jeder Spieler pro Runde einen Punkt verändern kann. Das schafft neue Herausforderungen. Wer das Spielprinzip mag, sollte sich das Party-Spiel “Ultimate Chicken Horse” (für PC, macOS, Linux, PlayStation 4, Xbox One, Nintendo Switch) näher ansehen.

Riesige Online-Auswahl

Im Editor kann man aus fünf verschiedenen Mario-Klassikern als Vorlage wählen: Super Mario Bros., Super Mario Bros. 3, Super Mario World, Super Mario Bros. U sowie Super Mario 3D World. Letzteres ist mit Super Mario Maker 2 neu hinzugekommen und der derzeit einzige 3D-Titel, der zur Auswahl spielt. Die mit “Super Mario 3D World”-Elementen gebauten Level können dennoch nur aus der 2D-Perspektive gespielt werden. Die Gegner haben aber etwas mehr Vielfalt: Ein Gegner überstand den Sturz in eine Schlucht problemlos und kletterte an der Seite wieder herauf. Das schaffte selbst Bowser früherer Generationen nicht.

Auch Mario aus Super Mario 3D World kann etwas mehr als seine anderen Ableger, beispielsweise weiter springen. Elemente aus den verschiedenen Generationen können leider nicht gemischt werden, wohl auch aus technischen Gründen. Das hindert die Mario-Maker-Community aber nicht daran, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen: Von einem Rennen gegen einen Koopa Troopa über eine gewaltige Bohnenstange, die man hochklettert, hin zu einem Metroid-Prime-inspirierten Level gab es bereits nach zwei Wochen eine große Vielfalt. Auch die kreativen Möglichkeiten von Mario Maker 2 werden durch kuriose Kombinationen ausgereizt, beispielsweise indem man vom Rhythmus kontrollierte Blöcke mit Tricks selbst baut.

Selbst erstellte Level können mit einem eigenen Titel, einer kurzen Beschreibung sowie Tags versehen werden, damit sie leichter gefunden werden können. Um den Level mit Freunden oder auf Social Media teilen zu können, gibt es zudem neunstellige Codes. Gefällt einem anderen Spieler der Level, kann er oder sie das mit einem Herz bewerten - für schlechte Levels können aber ebenso einfach negative Bewertungen hinterlassen werden.

Die besten und beliebtesten Levels landen auf einer globalen Rangliste, auf deren vorderen Plätzen man derzeit wohl nur mit viel Glück und einer cleveren Idee landen kann. Am Besten erlangt man Bekanntheit, indem man einen öffentlichen Multiplayer-Server mit dem Level erstellt und gemeinsam mit Fremden spielt. Dabei gewinnt man Feedback und die Mitspieler geben am Ende der Session eine Bewertung ab.

Gut im Handheld, gewöhnungsbedürftig am TV

Ein nettes Detail: Im Stil von Dark Souls sieht man anhand von roten Kreuzen, an welchen Stellen andere Spieler gescheitert sind. Auch Kommentare können hinterlassen werden, hilfreich waren diese allerdings nur selten. Meist gaben andere Spieler nur Feedback an Stellen, an denen sie nicht weiterkamen. Doch auch im Editor kann man recht rasch Feintuning betreiben. Beim Testspielen hinterlässt Mario beispielsweise eine Spur. So kann man die Platzierung von Elementen an Marios Bewegungsspielraum anpassen - und verhindern, dass man ein unüberwindbares Hindernis schafft.

Die Bedienung des Editors ist, in Anbetracht der Vielzahl an Optionen, sehr intuitiv gestaltet. Man kann Levels zwar auch mit dem Controller bauen, allerdings ist das “Zeichnen mit dem Finger” auf dem Touchscreen deutlich angenehmer. Das sorgt für ein gewisses Dilemma: Wenn man die Switch in das TV-Dock steckt und am Fernseher Levels bauen will, ist man auf die Joy-Cons oder den Pro-Controller angewiesen. Im Test habe ich das Bauen im Handheld-Modus bevorzugt, während das Spielen der fertigen Levels auf dem großen Bildschirm mehr Freude bereitete.

Fazit

Wo war dieses Spiel mein ganzes Leben lang? Nintendo hat den Traum vieler Mario-Fans verwirklicht und einen Sandkasten für das 21. Jahrhundert gebaut. Wem es Spaß macht, in Minecraft neue Welten zu kreieren (oder gerne seine Freunde mit absurd schweren Levels quält), wird auch Freude an Super Mario Maker 2 finden. Fans klassischer Mario-Spiele bekommen mit der Kampagne eine gelungene Alternative geboten, die für einige Stunden ein Best-Of aller Super-Mario-Generationen liefert. Danach kann man sich der Vielzahl an Nutzer-Levels zuwenden, deren Angebot wohl nur noch wachsen wird. Lediglich vom Multiplayer-Modus - insbesondere lokal - hätte ich mir persönlich ein wenig mehr Vielfalt gewünscht.

Was man jedoch vor dem Kauf bedenken sollte: Für den Download der von den Nutzern erstellten Level und die Online-Multiplayer-Funktionen ist ein Nintendo-Switch-Online-Abo erforderlich. Das kostet zwar mit 20 Euro pro Jahr relativ wenig und ist auch für andere Titel nutzbar, dennoch sind es versteckte Zusatzkosten. Tipp: Amazon-Prime-Kunden können derzeit noch eine kostenlose Jahresmitgliedschaft abstauben.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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