Pokémon Schwert und Schild angespielt: Angriff des 20-Meter-Pikachus
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Mit Pokémon Rot und Blau haben Game Freak und Nintendo bereits früh bewiesen, dass simple Grafik ausreicht, um eine Spielwelt zum Leben zu erwecken. Zu groß war das Verlangen, den Pokédex zu vervollständigen, sodass man gerne über den bereits damals veralteten, schwarz-grünen LC-Bildschirm des Game Boys hinwegsah. Doch wie viele andere Kinder stellte ich mir damals die Frage: Wie würde Pokémon wohl auf der deutlich leistungsfähigeren N64 aussehen? Träume von der Pokémon-Jagd aus der Ego-Perspektive und Flüge auf Glurak durch Kanto waren an der Tagesordnung. Damit war ich nicht allein, wie zahlreiche Gespräche auf dem Schulhof und auch einige Fan-Projekte belegen.
Fast zwei Jahrzehnte später bekommen wir mit der achten Pokémon-Generation die Antwort präsentiert. Pokémon Schwert und Schild sind die ersten Titel der Hauptreihe, die auch auf einer stationären Nintendo-Spielkonsole landen. Zugegeben, die Switch kann sowohl als Handheld als auch als Wohnzimmer-Spielkonsole verwendet werden, doch hier kann man ruhig ein Auge zudrücken. Zumindest auf dem Papier ist Nintendo und Game Freak somit bereits ein Meilenstein gelungen. Doch die Kür liegt im Spielerlebnis. Die futurezone konnte diese im Zuge einer Demo erstmals selbst unter die Lupe nehmen.
Näher an TV-Serie dran
Pokémon war noch nie ein Grafikwunder, doch im vergangenen Jahrzehnt ist die Spielereihe der 8-Bit-Ära entwachsen und wurde zunehmend zum spielbaren Anime in 3D-Optik. Pokémon Schwert und Schild sind eine natürliche Weiterentwicklung dieses Trends. Eine grafische Revolution darf man sich trotz der durchaus leistungsfähigen Switch-Hardware nicht erwarten. Im Vergleich zu " Pokémon Let's Go Evoli und Pikachu" sind die Texturen und Animationen der Spielwelt und Charaktere detailreicher gestaltet. Auch das Cel-Shading ist stärker ausgeprägt, wodurch man sich eher an die TV-Serie als an ein 3D-Spiel erinnert fühlt.
Leider durfte ich im Zuge der Demo lediglich eine Wasser-Arena erkunden, die Außenwelt der neuen Galar-Region blieb mir verborgen. Die gezeigten Bereiche der Arena waren eher schlicht gestaltet, was aber auch einen praktischen Grund hatte. Wie üblich musste ich mich vor dem Kampf mit dem Arenaleiter beweisen und mehrere andere Trainer besiegen und Rätsel lösen. Wasserfontänen versperrten den Weg und ich musste durch gezieltes Betätigen von Schaltern diese überwinden. Knifflig, aber dank des schlichten, übersichtlichen Designs durchaus flott zu bewältigen.
Beim Laufen von Schalter zu Schalter fiel auch ein anderes Feature auf: Der Spieler kann nun andere Trainer mit etwas Geschick umschleichen, um einem Kampf aus dem Weg zu gehen. Schwarze Balken werden auf dem Bildschirm sichtbar, wenn man dem Sichtfeld des Trainers zu nahe kommt.
Maximierte Pokémon
Deutlich mehr Detailreichtum machte sich bei den Kampfanimationen bemerkbar. Die Attacken sind durchwegs animiert und passen sich an Umgebung und Pokémon an, was für Vielfalt sorgt. Das machte beim ersten Anspielen durchaus Freude, spätestens nach dem dritten Mal sehnt man eine Funktion zum Überspringen herbei. Eindrucksvoll ist jedoch der neue Dynamax-Modus. Der Spieler bekommt ein Armband, das einmal pro Kampf eingesetzt werden kann. Das aktuell ausgewählte Pokémon wird mithilfe des Armbandes zum Riesen vergrößert. Mit dem plötzlichen Wachstumsschub erhöhen sich entsprechend auch Statuswerte, wie Angriff und Gesundheit. Der Vorteil währt aber nur drei Runden lang.
Im Test erwies sich der Modus als Allzweckwaffe, die aber taktisch eingesetzt werden will. Gegner konnten vom eigenen Riesen-Pokémon mit einem oder zwei Angriffen besiegt werden, auch wenn das gewählte Pokémon den falschen Typ, beispielsweise Pflanze oder Gift, hat. Doch auch der Gegner verfügt über das Dynamax-Armband und kann so im Ernstfall kontern. So kann rasch den Vorteil des Dynamax verspielen: Setzt man das Armband zu früh ein, kann der Gegner dagegenhalten und die "Superwaffe" ausschalten. Kommt es zu spät zum Einsatz, ist plötzlich das halbe Pokémon-Team ausgelöscht.
Dynamax ist eine durchaus unterhaltsame Ergänzung, die voraussichtlich auch die Balance nicht allzu sehr beeinflussen wird. Denn das Armband kann nur in bestimmten Regionen, beispielsweise Arenen, verwendet werden, wo auch der Gegner stets über diese Waffe verfügt. Es ist zudem durchaus kurios, wenn plötzlich ein 20 Meter hohes Karpador in der Arena auf und ab springt. Die Animationen der Attacken wurden glücklicherweise an die Größe angepasst, sodass diese nicht völlig absurd aussehen.
Liebenswürdige neue Pokémon
Pokémon Schwert und Schild sind die ersten Titel der Hauptreihe, in denen man nicht mehr alle Pokémon des Pokédex fangen kann. Bereits nach sieben Generationen beinhaltete der Pokédex mehr als 800 Einträge. Mit dem neuen Titel kommt man wohl der Tausendermarke gefährlich nahe. Der Aufwand, alle Pokémon zu animieren und die Balance in der Spielwelt zu bewahren, sei zu groß, meint Game Freak. Bedauerlich, aber zumindest ist der Galar-Dex auch an den Clouddienst Pokémon Home angebunden, sodass man die Pokémon der neuen Generation auf der Nintendo-Plattform sammeln kann.
Abgesehen von Dynamax gewährte Nintendo aber noch keinerlei Einblicke in mögliche Veränderungen des Kampfmodus. Items fehlten in der Demo ebenso. Bekannt ist jedoch, dass man künftig wieder gegen wilde Pokémon kämpfen muss, um diese fangen zu können. " Pokémon Let's Go" setzte noch auf den aus dem Smartphone-Spiel Pokémon Go bekannten Modus, bei dem man Pokébälle möglichst geschickt werfen musste.
Nintendo ließ mich mit den neuen Starter-Pokémon Chimpep, Hoppio und Memmeon spielen, die, wie ihre Namen bereits andeuten, einem Schimpansen, einem Kaninchen und einer Kaulquappe nachempfunden sind. Zudem waren auch die Fan-Lieblinge Wolly (im Grund genommen ein Schaf mit Zöpfen) sowie Yamper (ein Corgi mit Blitz-förmigen Schwanz) im Team dabei. Die eindrucksvollsten Angriffe, vor allem im Dynamax-Modus, hatte Kamalm, der bei einem Angriff den Boden der Arena nahm und diesen auf mein schutzloses Yamper warf.
Mehr Mut, Nintendo!
Pokémon bleibt wohl Pokémon. Das wird viele Fans der Reihe freuen, einige wohl aber auch enttäuschen. Denn der Reihe könnte ein wenig mehr Mut nicht schaden. Bereits Zelda: Breath of the Wild bewies hervorragend, dass eine mehrere Jahrzehnte alte und beliebte Reihe mit radikal anderen Ansätzen nochmals besser werden kann.
Vielleicht kann Game Freak im November mit einer innovativ gestalteten Spielwelt, die sich so frei wie noch nie erkunden lässt, noch überraschen. Bislang hielt man sich bei Infos zu Galar, das Großbritannien nachempfunden sein soll, relativ bedeckt. Bis dahin darf man sich durchaus auf das neue Pokémon, das am 15. November exklusiv für die Nintendo Switch erscheint, freuen.
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