Extremwetter: Natur ist die radikalste Klima-Aktivistin
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Die Natur ist die radikalste Klima-Aktivistin von allen. Völlig unbeeindruckt von den erstaunlicherweise immer noch laufenden Debatten darüber, welche Protestform denn legitim ist, welche Wortwahl genehm und welche Art von hübschem Klimaschützchen möglichst niemanden stört, bahnt sie sich ihren Weg. Von Gewaltfreiheit weit entfernt, holt sie zielsicher nach und nach jede*n dort ab, wo es wehtut: Sintflutartige Regengüsse überschwemmen Straßen und spülen selbst den dicksten SUV weg, als wäre er ein Matchbox-Auto. Heftige Stürme reißen ganze Kirchtürme weg. Starke Unwetter sorgen dafür, dass 200 Menschen aus dem Bierzelt gerettet werden müssen und der Kirchtag abgeblasen ist, und spätestens da hört sich der Spaß ja nun wirklich auf.
Den Sommerurlaub am inzwischen badewannenwarmen Mittelmeer können wir uns aufmalen, die Lieblingsreiseziele der Österreicher*innen sind ungastlich geworden. Temperaturen um die 40 Grad und darüber in Italien, Spanien und der Türkei. Kroatien suchte ein tödlicher Orkan heim. Griechenland brennt. Selbst der Sommerfrische in den Tiroler Bergen oder am Kärntner See haben gewaltige Unwetter mit einer deutlichen Spur der Verwüstung einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht.
„Wetter ist nicht Klima“
„Aber, aber“, werden einige jetzt den Zeigefinger heben, „Wetter ist nicht Klima!“ Nun, das stimmt sogar. Aber, wie Populismus es so an sich hat, ist das allein eine verkürzte Information, der es an Weitsicht und an Tiefe fehlt. Denn: Die menschgemachte globale Erhitzung hat natürlich Einfluss auf Wettermuster an vielen Orten der Welt – und damit auch auf Wetterextreme. Logisch eigentlich (sollte man zumindest meinen). Temperaturen sind ein wesentlicher Faktor im Wettergeschehen. Je mehr die Atmosphäre sich erhitzt, umso stärkere Stürme werden möglich und umso mehr Wasser kann sie durch Verdunstung aufnehmen, das dann wieder irgendwo als Niederschlag runterkommt. Auch aufgeheizte Meere können diesen Effekt verstärken und zudem für veränderte Luftzirkulation und -temperaturen über den Ozeanen sorgen, was sich auf Hoch- und Tiefdruckgebiete auswirken kann und im schlimmsten Fall Wirbelstürme begünstigt.
In der Forschung gibt es mittlerweile ausreichend viele und über längere Zeit gesammelte Daten, um klar zu sagen: Durch die Klimakrise sind bestimmte Extremwetterereignisse wahrscheinlicher geworden. Den Zusammenhang zwischen einem konkreten einzelnen Starkregen oder Sturm nachzuweisen ist zwar nach wie vor schwierig, weil hier viele Faktoren eine Rolle spielen, aber die Häufung der Ereignisse ist ein deutliches Indiz dafür, dass die steigenden Temperaturen und somit die Klimakrise die Wetter-Katastrophen der jüngsten Vergangenheit und jene, die uns noch bevorstehen, wahrscheinlicher gemacht hat. Übrigens, der Fachbegriff lautet „Attributionsforschung“.
Politisiert das Wetter!
Paul Krugman ruft in der New York Times dazu auf, das Wetter zu politisieren. Betrachtet man die Argumente von Klimawandelleugner*innen, Konservativen und Rechtospopulist*innen, dann geschieht das schon längst. Das Wetter ist eines ihrer liebsten Totschlagargumente. Ex ÖSV-Präsident und Skiindustrie-Mogul, bricht ein kritisches Interview zu seinen unwissenschaftlichen Aussagen zur Klimakrise mit den Worten „Das ist Wetter, nicht Klima“ ab. Ex US-Präsident Donald Trump rief sarkastisch nach der „guten alten globalen Erwärmung“, als der Osten der USA 2017 einen Kälteeinbruch erlebte. Auf Twitter ziehen dieser Tage Troll-Armeen mit popligen Screenshots ihrer Handy-Wetter-Apps zum „Beweis“ gegen die tatsächlich gemessenen, von Expert*innen veröffentlichten Hitzerekord-Temperaturen ins Feld.
Möglicherweise gelingt der Natur mit ihren radikalen Mitteln noch, auch diese Menschen davon zu überzeugen, dass die Klimakrise stattfindet und dass sie uns alle betrifft. Vielleicht wenn sie Trump den Golfplatz wegspült, den nächsten Berggipfel in einem von Schröcksnadels Skigebieten runterrumpeln lässt oder den Wetter-App-Besserwisser*innen mit dem nächsten Hagelsturm ihre Schrebergärten verwüstet. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie selbst dann noch hanebüchene Erzählungen finden, mit denen sie sich und anderen weiterhin die menschgemachte Klimakrise weglügen können. Und genau deshalb ist das Wetter tatsächlich eine politische Frage: Wir sollten sie nicht denen überlassen, die buchstäblich nach dem Motto „Hinter mir die Sintflut“ leben.
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