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Netzpolitik

EU-Parlament macht Weg für Upload-Filter und Leistungsschutzrecht frei

Eine Mehrheit aus Konservativen und Liberalen hat sich am Mittwoch im Rechtsausschuss des EU-Parlaments für die Einführung von Upload-Filtern ausgesprochen. Der ehemalige EU-Digitalkommissar Günther Oettinger hatte den Gesetzesvorschlag zu einer Reform des Urheberrechts 2016 vorgelegt. Seither wurde er mehrfach adaptiert, aber mit "Artikel 11" und "Artikel 13" blieben zwei Passagen im Text enthalten, die von Internet-Experten mehrheitlich abgelehnt werden.

In der neuen Richtlinie vorgesehen sind unter dem Artikel 13 der geplanten Richtlinie Filtermaßnahmen, sogenannte „Upload-Filter“. Alle Online-Plattformen, auf denen sich "große Mengen" nutzergenerierter Inhalte finden, soll demnach „effiziente und proportionale Maßnahmen ergreifen“, um mögliche Urheberrechtsverletzungen zu verhindern.

Auf welche Plattformen das genau zutreffen würde, ist allerdings nicht ganz klar. Kritiker befürchten durch eine solche Neuregelung das Ende des freien Internets und sehen die Meinungsfreiheit bedroht. Upload-Filter würden für Zensur sorgen. Außerdem kritisieren sie, dass Upload-Filter nicht wissen können, ob geschützte Inhalte legal - etwa als Parodie oder Zitat - genutzt werden. Sie sehen auch das Erstellen von Memes, die häufig auf Kurzsequenzen aus bekannten Filmen beruhen, gefährdet.

Leistungsschutzrecht

Der Ausschuss stimmte auch für ein Leistungsschutzrecht, durch das Verleger wie bereits Musik- oder Filmproduzenten ein Recht an geschützten Inhalten bekommen sollen. Dies besteht in ähnlicher Form bereits in Deutschland, ist aber sehr umstritten.

Konkret sollen Suchmaschinen wie Google künftig nicht mehr ohne Erlaubnis Überschriften oder kurze Ausschnitte von Pressetexten in ihren Suchergebnissen anzeigen dürfen. Vor allem Verlegerverbände hatten sich dafür in den vergangenen Jahren stark gemacht und gefordert, dass Zeitungen und Zeitschriften mit anderen Medien gleichgestellt werden müssten.

Die Abstimmung für Upload-Filter ging mit 15:10 weniger knapp aus als die beim Leistungsschutzrecht, wo es nur eine Stimme Unterschied gab. Die Abstimmung selbst fand nicht öffentlich statt, daher lassen sich keine Aussagen darüber treffen, wer genau wie abgestimmt hat.

Kritik und Reaktionen

Kritiker sehen den freien Informationsfluss im Netz eingeschränkt. Der Piraten-Abgeordneten Julia Reda, die sich vehement gegen beide Maßnahmen eingesetzt hatte und die Schattenberichterstatterin für die Grünen zu dem Thema Urheberrecht ist,, zufolge dürften dem aktuellen Vorschlag zufolge künftig auch Privatpersonen keine Vorschauen mehr auf Zeitungstexte auf Internet-Plattformen wie Facebook posten. Sie sieht deshalb die Meinungs- und Informationsfreiheit gefährdet. Der Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom, Bernhard Rohleder warnte: „Das EU-Parlament ignoriert die schlechten Erfahrungen aus Deutschland und Spanien mit solch einem Recht.“

In Deutschland war das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presseverlage zum 1. August 2013 in Kraft getreten. Im August 2014 erteilten etliche Verlage innerhalb der Verwertungsgesellschaft Media eine „Gratiseinwilligung“ an Google, weil sie sonst nicht mehr mit Snippets dargestellt worden wären. In Spanien hatte Google seinen Dienst Google News indes komplett eingestellt, nachdem ein Gesetz in Kraft getreten war, das noch schärfer als das deutsche Leistungsschutzrecht gefasst ist.

"Demokratiefeindlich"

Michel Reimon, Co-Delegationsleiter und EU-Abgeordneter der Grünen, sagt: „Ein Internet ohne Memes, Gifs und andere von Usern produzierte Inhalte ist ein leeres Internet. Sowohl das Leistungsschutzrecht als auch die Uploadfilter sind der falsche Weg, um Urheberrechte in Europa zu schützen. Die Beteiligung und die Meinungsfreiheit der europäischen Bürger*innen wird hier eingeschränkt. Das ist nicht nur technologiefeindlich, sondern auch demokratiefeindlich."

"Wenn Plattformen künftig eine Total-Kontrolle aller online gestellten Inhalte vornehmen, würde das Internet zu einer Zensurmaschine verkommen. Kleinere, alternative Anbieter sehen von Upload-Filtern ihre Existenz bedroht, da sie nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, die kostenintensiven technischen Vorkehrungen zu treffen“, sagt SPÖ-EU-Abgeordnete Evelyn Regner.

Wie geht es weiter?

Als nächstes wird im Plenum abgestimmt, bevor es in die Diskussion zwischen Ministerrat, Parlament und Kommission geht. Der voraussichtliche Termin für die Abstimmung im EU-Parlament ist in zwei Wochen, am 4. Juli. In der Regel folgen die EU-Parlamentarier bei ihrer Abstimmung der Mehrheitsmeinung im Ausschuss. Viele EU-Abgeordnete hören zu, wenn sie jemand anruft und seine Meinung zu relevanten Sachthemen wie diesen höflich und sachlich kundtut. Im Internet gibt es drei Plattformen, die die E-Mail-Adressen und Telefonnummern der EU-Abgeordneten auflisten, um diese zu kontaktieren: Save Your Internet, Change Copyright, Save The Link.

"Wir bedauern das sehr, dass die Informationsfreiheit im Internet kommerziellen Interessen von Firmen geopfert wird. Wir glauben, dass der Gesetzgeber die Reichweite der Entscheidung noch nicht sieht. Bürger müssen nun auf Abgeordnete zugehen und ihnen klar machen, dass Informationsfreiheit und die Möglichkeit des Internets, wie bisher zu florieren für sie wichtiger ist als die kommerziellen Interessen einiger weniger Unternehmen“, sagt etwa Maximilian Schubert vom Verein der Internet Service Provider (ISPA) im Gespräch mit der futurezone.

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