Besonders soziale Medien machen ein gutes Geschäft mit persönlichen Daten.

Besonders soziale Medien machen ein gutes Geschäft mit persönlichen Daten.

© APA/ROLAND SCHLAGER / ROLAND SCHLAGER

Netzpolitik

Forscher warnen: Privatsphäre wird Privileg für Reiche

Für die Annehmlichkeit, eine App vermeintlich kostenlos nutzen zu können, sind Menschen durchaus bereit, ihre Privatsphäre teils recht umfassend einzuschränken. Ohne Wissen über das Kleingedruckte in den Nutzungsbedingungen willigt man mitunter in die Weitergabe vieler persönlicher Daten ein, ohne sich dessen bewusst zu sein. Warum es trotzdem nicht besser wäre, wenn die Firmen die Nutzer für ihre Daten bezahlen, legten Wiener Forscher in einer neuen Studie dar.

Geld für Daten: Ein fairer Deal?

Was eine Bezahlung seitens der Firmen, die von Erhalt und Weitergabe etwa von persönlichen Gesundheitsdaten profitieren, in Richtung der Nutzer, von denen die Informationen kommen, bewirken würde, analysierten die Politikwissenschafterin Barbara Prainsack und der Rechtswissenschafter Nikolaus Forgó von der Universität Wien in einem Beitrag im Fachmagazin "Nature Medicine". Die Idee dahinter war, dass damit das Verhältnis der beiden Seiten zumindest ein Stück weit fairer werden könnte, da Personen für "ihre" Daten zumindest Geld bekämen.

Die Datenspur, die Menschen durch ihr Tun und Lassen auf Social Media-Plattformen, über ihre Internet-Nutzungshistorie oder auch durch die Teilnahme an Treueprogrammen etwa über Kundenkarten aller Art hinterlassen, ist in vielen Fällen erstaunlich lang und für Unternehmen, die ihre Produkte möglichst maßgeschneidert an Frau und Mann bringen wollen, oftmals sehr aufschlussreich. Im Zuge dieser Entwicklung orten die Wissenschafter eine wachsende Schieflage der Machtverhältnisse zugunsten der Firmen, schrieben sie in der Arbeit. Dazu komme, dass sich über neuartige Geräte mit allerhand Sensoren potenziell auch immer mehr Informationen über die Vorgänge im Körper aufzeichnen lassen, wie etwa die mittlerweile fast omnipräsenten Schrittzähler illustrieren.

Reiche könnten sich Privatsphäre erkaufen

Eines der Grundprobleme dabei wurde mit dem Begriff eines nur von einer Seite durchsichtigen Spiegels illustriert: Was mit den Daten geschieht, ist für den Konsument*innen schwer einsehbar, Unternehmen oder andere Institutionen können aber dadurch tief in die Privatsphäre blicken. Um dieses Verhältnis etwas auszugleichen, würden auch Datenschutzaktivist*innen darauf pochen, dass Personen für die Verwendung ihrer Daten finanziell entschädigt werden sollten - und zwar auch bei mehrfacher Nutzung einer persönlichen Information. Dadurch könnten Menschen vielleicht sogar ein gewisses Einkommen erzielen.

Das ist laut Prainsack und Forgó vor allem im medizinischen Bereich aber eine "sehr problematische Idee", weil es "den Reichen erlauben würde, mit Geld für Services zu bezahlen", während weniger betuchte Menschen dafür mit ihren Daten "und einem Verlust von Privatheit" bezahlen. So bot das Biotechnologieunternehmen Amgen bereits ein Medikament zu reduzierten Preisen an, wenn Kunden der Firma dafür Zugang zu ihren persönlichen Daten gaben, schrieben die Wissenschafter.

Daten "gehören nicht den Firmen, die sie verkaufen"

Menschen individuell für ihre Daten zu entlohnen, könne jedenfalls Abhängigkeiten erzeugen und vertiefen. Personen, die es sich nicht leisten können, die Nutzung ihre Informationen zu unterbinden, könnten dann auch dazu genötigt sein, ihre Zustimmung aufrechtzuerhalten, selbst wenn eine Firma Daten zum Beispiel weiterverkauft.

Letztlich drohe Privatsphäre zu einem "Luxus der Reichen" zu werden, wie es am Dienstag in einer Aussendung der Uni Wien hieß. Um die derzeitige, für die Nutzer vielfach sehr unbefriedigende Situation aufzulösen, müsse daher die öffentliche Hand mit Regelungen dafür sorgen, dass zumindest ein Teil der Profite zurückkommen, die Firmen mit Personendaten erwirtschaften. Besser wäre es daher, Steuern für die Nutzung digitaler Daten zentral einzuheben und Menschen gemeinschaftlich über die Verwendung von Informationen über sie selbst entscheiden zu lassen. Derartige Steuern seien "überfällig", da Daten "nicht den Firmen gehören, die sie verkaufen", so Prainsack.

 

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