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Fairphone 5: Wohlfühl-Smartphone mit einem großen Problem

Das Gerät ist ziemlich groß und klobig, wirkt aber solide

Eigentlich sieht das Fairphone 5 aus wie jedes Handy auf dem Markt. Dass es ganz und gar nicht wie die anderen ist, zeigt sich, sobald man einen Blick unter die Abdeckung auf der Rückseite wirft. 

Wie der Name schon verrät, schreibt sich das Fairphone vor allem Nachhaltigkeit auf die Fahnen. Das zeigt sich nicht nur in der Produktion und den Materialien, die für das Smartphone verwendet werden, sondern auch bei der einfachen Reparierbarkeit. Akku, Display, Kamera und viele andere Bauteile können in wenigen Minuten aus- und wieder eingebaut werden. Wie gut das funktioniert und ob das Smartphone mit der Konkurrenz mithalten kann, habe ich getestet.

Solider erster Eindruck

Als Person mit kleinen Händen fällt beim ersten in Betrieb nehmen vor allem die Wuchtigkeit des Geräts auf. Es ist groß und schwer, mit der Eleganz eines Backsteins. Trotzdem liegt das Gerät gut in der Hand, was oft wichtiger ist als eine möglichst hübsch glänzende Glasverkleidung, die wie ein glitschiges Stück Seife jeden Moment auf den Boden zu fallen droht. 

Technische Spezifikationen

Das sind die Spezifikationen des Fairphone 5: 

  •  Maße und Gewicht: 161,6 x 75,83 x 9,6 Millimeter, 212 Gramm
  • Display: 6,46 Zoll OLED bis 90 Hz, 1.224 x 2.700 Pixel (20:9), Corning Gorilla Glass 5, 880 Nits 
  • Kamera:
    • 50 MP Hauptkamera: f/1.88, 1/1.49", 1.µm, OIS 
    • 50 MP Ultra-Weitwinkel-Kamera: f/2.2, 1.4µm
    • Video: 4K@30fps, FullHD@60fps
    • Selfie-Kamera: 50 MP, f/2.45, 1.28µm
  • Prozessor: Qualcomm QCM 6490, Octa-Core 64-Bit-Prozessor
  • Speicher: 8/256GB, erweiterbar
  • Akku: 4.200 mAh, max 30 Watt Charging,
  • Software: Android 13, 5 OS-Upgrades und Security-Patches bis 2031
  • Sonstiges: 5G, NFC, Wi-Fi 6e, Bluetooth 5.2 LE, Dual-SIM (Nano und eSIM), USB-C 3.2, staub- und spritzwassergeschützt (IP55)
  • Farben: Mattschwarz, Himmelblau, Transparent
  • Preis: 699 Euro

Schönes Display

Das 6,64 Zoll große OLED-Display glänzt mit einer klaren Darstellung. In der prallen Sonne könnte es heller sein, unbrauchbar ist es aber nicht. Die maximal 90 Hertz Bildwiederholrate sorgen für ein flüssiges Navigieren, sofern man sie in den Einstellungen aktiviert hat. Ansonsten ist die Frequenz auf 60 Hertz begrenzt. Obwohl die Ränder nicht größer als bei anderen Geräten sind, wirken sie sehr dominant. Wen das allerdings stört, wird mit dem Fairphone 5 grundsätzlich nicht glücklich.

Entsperrt wird das Gerät entweder mit dem seitlich untergebrachten Fingerabdrucksensor oder über Gesichtserkennung. Beides funktionierte in meinem Test problemlos. Weil das Gerät für meine Hände aber ein wenig groß ist und der Fingerabdrucksensor eher schlecht zu erreichen war, habe ich mich lieber auf die Gesichtserkennung verlassen.

Überraschende Kamera

Die Kamera macht sehr zufriedenstellende Fotos, solange man sie auf dem Handybildschirm betrachtet. Die Farben sind sehr lebhaft, das muss man mögen. Wer sie aber vor allem für Social Media oder zum Teilen per Messenger verwendet, wird wenig zu beanstanden haben. 

Porträtaufnahmen gelingen dem Fairphone 5 überraschend gut. Sowohl in der Abendsonne als auch an dunkleren Orten waren die Fotos besser als erwartet. Bei Detailaufnahmen kommt die Kamera ins Straucheln. Das Foto einer Rose im Freien war entweder viel zu grell, um etwas erkennen zu können oder relativ dunkel und kontrastarm. 

Die Weitwinkellinse sorgt leider für verschwommene Aufnahmen, die gerade im Kontrast zu den schönen Hauptkamera-Fotos schlecht aussehen. Nachtaufnahmen werden im Automatikmodus mittelmäßig, da Lichter zu hell sind und das Bild schwammig wirken lassen. Spielt man ein wenig in den Einstellungen des Profimodus, kann man schöne Lichtstimmungen einfangen. Dort lassen sich Verschluss, Belichtungszeit, Weißabgleich und weitere Einstellungen manuell anpassen. Damit konnte ich auch nachts schöne Fotos machen – natürlich setzt das voraus, dass man sich damit auskennt und die Geduld hat, die beste Einstellung zu finden. 

links: © Franziska Bechtold

rechts: © Franziska Bechtold

Links eine Nachtaufnahme im Automatik-Modus, rechts im Profimodus

Gute Leistung trotz ungewöhnlichem Prozessor

Das installierte Betriebssystem Android 13 (Update auf Android 14 soll Anfang 2024 kommen) ist ohne Bloatware und große Anpassungen übersichtlich und zweckmäßig – das ist sehr erfreulich. Der verbaute Prozessor Qualcomm QCM 6490 ist nicht das Beste, was es auf dem Markt zu finden gibt. Bei der Leistung zeigt sich das aber kaum. 

Viele parallele Prozesse, Bildbearbeitung und Spiele hat das Smartphone gut weggesteckt. Das Chipset wird normalerweise eher für IoT-Anwendungen verbaut und soll daher eine lange Nutzungsdauer garantieren. Allerdings scheint das System damit leider nicht sonderlich effizient zu laufen – fatal für ein nachhaltiges Smartphone.

Enttäuschende Batterie

Bisher war ich sehr begeistert von der Leistung des Fairphone 5. Ganz anders sieht das aber aus, wenn der Tag noch nicht mal vorbei ist, der Akku aber schon nach einem Ladekabel lechzt. Nur 7 bis 8 Stunden hält es durch, dann musste ich aufladen. 

Ich war unterwegs, habe Musik und Podcast gehört, Fotos gemacht und Pokémon Go gespielt. Das mache ich mit meinem ein Jahr alten Pixel 7 auch und selbst das hält noch länger als einen Tag. Wie die Hersteller auf ihre Angaben von 39 Stunden telefonieren und 18 Stunden surfen kommen, ist mir nicht ganz klar. 

Wirklich schade ist, dass man das Handy durch den hohen Stromverbrauch an manchen Tagen sogar mehrmals an die Steckdose oder Powerbank anstecken muss. Die Batterie selbst ist mit ihren 4.200 mAh nicht klein (das neue iPhone 15 hat eine 3.349-mAh-Batterie). Im Sinne der Nachhaltigkeit habe ich mir eine deutlich längere Akkulaufzeit erwartet.

Einfach zu reparieren

Der große Pluspunkt des Fairphones ist der modulare Aufbau. Die Abdeckung hinten lässt sich ohne Werkzeug lösen. Dann kann der Akku herausgenommen werden. 

Mit einem Präzisionsschraubendreher kann man auch Kamera, Display, USB-C-Anschluss, Lautsprecher und Hörmuschel austauschen. Alle Teile können einzeln bei Fairphone bestellt werden. Das ist einzigartig. Zudem verspricht Fairphone 5 Android-Updates und Sicherheitsupdates bis zum Jahr 2031.

➤ Mehr lesen: Handy-Display selbst tauschen: Wenn ich es schaffe, schafft ihr das auch

Preis und Verfügbarkeit

In einer Zeit, in der viele Smartphones schon die 1.000-Euro-Marke hinter sich gelassen haben, sind die 699 Euro für das Fairphone 5 erfreulich. Bedenkt man, wie lange man im besten Falle etwas von dieser Investition hat, ist das ein zusätzlicher Pluspunkt. 

Es wird in den Farben Mattschwarz, Himmelblau und in einer transparenten Edition verkauft. Entweder man bestellt es direkt beim Hersteller, oder erhält es in Österreich mit Tarif bei Magenta und A1. Auf Amazon ist es geringfügig teurer.

Fazit

Ein Fazit zum Fairphone 5 zu schreiben, ist nicht einfach. Einerseits habe ich hier ein modernes Smartphone, das mit einem schönen OLED-Display und einer guten Kamera für den Preis viel Freude macht. Ich weiß: Wenn etwas kaputtgeht, kann ich es schnell und einfach austauschen. Das heißt, ich investiere in ein Gerät, das ich wirklich für viele Jahre verwenden kann. 

Eigentlich würde ich das Handy nicht nur allen empfehlen, die bewusster leben möchten und sich nicht vom konsumgetriebenen Smartphone-Markt beeinflussen lassen, der jedes Jahr mit neuen Modellen geflutet wird, die kaum merklich besser sind als die Vorgänger. Ich würde es gerne auch älteren Menschen empfehlen, die vielleicht zu Weihnachten ein neues Handy brauchen. Das große Display, die gute Verarbeitung und das Update-Versprechen wären perfekt. Sie bekommen damit ein Gerät, auf das sie sich in den nächsten Jahren verlassen können. 

Aber so uneingeschränkt kann ich das Fairphone 5 leider nicht empfehlen. Der Grund dafür ist die sehr schlechte Akkulaufzeit. Dass man mit einem neuen Handy bei normalem Betrieb nicht mal über einen Tag kommt, ist einfach nicht zeitgemäß. Woran das genau liegt, konnte ich in der Testzeit nicht ermitteln. Es dürfte aber generell nicht sehr energieeffizient arbeiten. Ob man das mit Updates beheben kann, oder die Komponenten einfach nicht mehr hergeben, ist offen. 

Würde Fairphone nachrüstbare Komponenten und/oder Updates herausbringen, mit denen sich die Laufzeit verlängern lässt, lege ich jedem und jeder das Fairphone 5 ans Herz. Es ist aber wirklich sehr schade, dass ein so wichtiges und positives Beispiel für nachhaltige Technik an so einem Problem scheitert. 

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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