Die mysteriöse LIAM F1.

Die mysteriöse LIAM F1.

© The Archimedes

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Moderne “Windmühle” fürs Dach zu gut um wahr zu sein

Erneut geistert eine vermeintlich revolutionäre neue Kleinwindkraftanlage durchs Netz. Das Modell “LIAM F1 UWT” des niederländisch-koreanischen Herstellers “The Archimedes” soll man einfach auf das Dach montieren können. Schon bei einer “geringen” Windgeschwindigkeit von 5 Meter pro Sekunde sollen sich damit im Jahr bis zu 2.000 Kilowattstunden Strom erzeugen lassen.

Viraler Tweet als Auslöser

Zurückführen lässt sich das Aufsehen wohl auf 2 virale Tweets der Twitter-Accounts “Rainmaker1973” und “Top Voice in Tech” von Pascal Bornet. Dort wird behauptet, dass die Anlage genug Strom für ein Einfamilienhaus produzieren würde. In Österreich wird der Stromverbrauch eines Einfamilienhauses typischerweise mit 3.500 bis 4.000 kW/h pro Jahr angegeben. 

Das Originalvideo stammt übrigens vom YouTube-Kanal “Innovationews” und wurde bereits vor mehr als einem Jahr gepostet.

Archimedesschraube statt Flügel

Die Kleinwindkraftanlage fällt hauptsächlich durch ihr Design auf. Sie ist nicht mit Flügel ausgestattet, sondern mit einer sogenannten Archimedesschraube, die sich um eine horizontale Achse dreht. Die gesamte Anlage kann sich ebenso je nach Windrichtung ausrichten.

Bei einem Blick auf die Website des Herstellers lässt sich zwar kein “LIAM”-Modell finden, das Modell AMW-1000W scheint aber der Kleinwindkraftanlage am nächsten zu kommen. Als Kontaktmöglichkeiten in der Broschüre werden hingegen lediglich Adressen in Südkorea angegeben und auch der YouTube- und Facebook-Kanal wurden seit 2017 nicht mehr bespielt.

Kleinwindanlage soll sehr leise sein

Wahr dürfte allerdings sein, dass es sich bei der Mini-Windkraftanlage - der Durchmesser beträgt lediglich 1,5 Meter - um ein sehr leises Modell handeln dürfte. Durch das Design sollen nur 45 Dezibel erzeugt werden, das entspricht in etwa der Lautstärke eines leisen Radios.

Wie das Leistungsdiagramm auf der Website aber zeigt, wird bei einer Windgeschwindigkeit von 5 m/s (18 km/h) allerdings kaum 100 Watt geleistet. 250 Watt erreicht die Anlage bei einer Windstärke von etwa 9 m/s (32,4 km/h), ihre maximale Leistung von 1.000 Watt (1 Kilowatt) hat sie erst bei 14 m/s (50 km/h) erreicht. 

Die mysteriöse LIAM F1.

Die mysteriöse LIAM F1.

Verbaute Gebiete sind keine guten Windstandorte

Außerdem dürfte die Energieausbeute etwas überschätzt worden sein. Bei einem guten Standort mit einer Windgeschwindigkeit von 5 m/s und einer 5-Kilowatt-Anlage könne man 5.000 Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen, gibt Windkraft-Experte Alexander Hirschl-Schmol von der FH Technikum Wien gegenüber der futurezone an. Die Zahlen gelten jedoch für herkömmliche Flügel-Windräder, deren Wirkungsgrad generell höher ist. Außerdem gelten verbaute Gebiete nicht gerade als “gute Standorte”, da Bäume und Gebäude den Wind abschwächen.

Generell gilt, dass Kleinwindkraft bislang eher ein Nischendasein führt. Start-ups mögen immer wieder versuchen, durch neue Konzepte den Markt zu erobern, die wenigsten setzen sich allerdings durch. Wie bei der Photovoltaik ist auch hier jahrelange, schrittweise Entwicklung nötig, um immer bessere Produkte auf den Markt zu bringen. Eine plötzliche “Wunderlösung” gibt es nicht.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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