Das Lötzinn auf der SSD wirft Blasen und bricht.

Das Lötzinn auf der SSD wirft Blasen und bricht.

© Attingo Datenrettung

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Kaputte SanDisk SSDs: Jetzt wurde die Ursache gefunden

Seit Jahresbeginn kommt es bei externen SanDisk-SSD-Festplatten von Western Digital gehäuft zu Problemen und Ausfällen (auch wir haben berichtet). Das merken auch jene, die sich darum kümmern, wenn Nutzer*innen nicht auf den dort gespeicherten Inhalt verzichten können: seien es heikle Firmendaten, unersetzliche Fotos oder die Diplomarbeit, an der jemand bereits mehrere Monate gearbeitet hat. Attingo ist so eine Firma, die sich bereits vor 25 Jahren auf Datenrettung spezialisiert hat.

SanDisk-SSDs andauernd kaputt

„Wir haben jede Woche mindestens eine Person, die eine externe SanDisk-Festplatte zu uns bringt, weil sie nicht mehr funktioniert“, erklärt Markus Häfele, Geschäftsführer von Attingo, im futurezone-Gespräch: „Es sind auffällig viele Fehler.“

Die externen Festplatten können bei den betroffenen Kund*innen nicht mehr ausgelesen werden, oder sie werden nicht mehr in der Datenträgerverwaltung angezeigt. Die Daten sind meistens, ohne hinzugezogene Hilfe von Profis, verloren. Diese haben sich nun genauer angesehen, was bei den betroffenen externen SanDisk-Modellen der Fehler ist. 

Bauteile passen von der Größe her nicht auf die Platine 

„Es ist auf jeden Fall ein Hardware-Problem. Es handelt sich um eine Design- und Konstruktionsschwäche. Der komplette Lötprozess der SSD stellt ein Problem dar“, sagt Häfele. Bei einer Festplatte gibt es Komponenten, die an die Platine festgelötet werden müssen. „Das verwendete Lötmaterial, also der Lötzinn, wirft Blasen und bricht deshalb leichter.“

„Außerdem sind die verwendeten Komponenten viel zu groß für das Layout, das auf der Platine vorgesehen ist“, erklärt Häfele die technischen Probleme: „Dadurch stehen die Bauteile ein bisschen über die Platine drüber und der Kontakt zu den vorgesehenen Pads ist schwächer. Es reicht eine Kleinigkeit aus, damit Lötstellen plötzlich brechen.“

Auf diesem Bild sieht man die Platine und die gelösten Bauteile sowie die Blasenbildung des Lötzinns

Bei Wackelkontakt müssen Alarmglocken schrillen

Die zu großen Komponenten können langfristig nicht sicher halten. „Wenn sich diese dann zu lösen beginnen, könnte es manchmal noch ein bisschen Kontakt geben“, so der Experte. Kund*innen merken das dann so, dass die externe SSD gefühlt einen Wackelkontakt hat und nur noch teilweise funktioniert. Dann sollten bereits die Alarmglocken schrillen und die Daten zusätzlich auf einem anderen Gerät gesichert werden, denn der Kontakt geht in Folge meistens gänzlich verloren. Die SSD funktioniert dann gar nicht mehr.

Doch warum wirft der Lötzinn Blasen? „Das kann verschiedene Ursachen haben. Entweder passen die physischen Umgebungsbedingungen nicht, oder Feuchtigkeit und Temperatur sind schuld. Manchmal liegt es einfach an der schlechten Qualität des Lötzinns“, so der Datenrettungs-Experte.

Die verwendeten Bauteile sind zu groß für den vorhergesehenen Platz auf der Platine

Wie der Hersteller auf das Problem reagiert

Der Firma, die die externen SanDisk-Laufwerke herstellt, sollte aus der Sicht von Häfele die betroffenen externen SanDisk-Modelle zurückrufen. „Man kann diese aus der Ferne nicht reparieren oder nachbessern“, so der Experte. Doch genau das scheint die Firma Western Digital, die die Festplatten herstellt und vertreibt, als offizielle Lösung präsentiert zu haben. Die futurezone konfrontierte die Firma mit den festgestellten Design-Fehlern und bat um ein Statement.

Western Digital antwortete: „Wir haben bereits im Frühjahr ein Problem bei der SanDisk Extreme, der SanDisk Extreme Pro und WD My Passport erkannt und ein Firmware-Update veröffentlicht, mit dem wir das Problem behoben haben.“ Auf die konkrete Frage nach dem Designfehler und dem Hardware-Problem der externen Festplatten gab es keinerlei Reaktion. Für das Kommunikationsteam bei Western Digital dürfte das Problem damit offiziell als gelöst gelten, denn abseits des Statements war keine weitere Reaktion zu erhalten. „Spannend, wie man ein Hardware-Problem mit Software lösen möchte“, so Häfele. „Mit dem, was wir laufend sehen, hat das jedenfalls nichts zu tun.“ 

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Epoxidharz auf einigen neueren Modellen entdeckt

Der Experte verweist außerdem darauf, dass sie unlängst Modelle zu sehen bekommen hätten, die bereits ein technisches Upgrade erhalten haben: Es wurden bei diesen noch immer zu große Bauteile eingebaut, diese wurden jedoch zusätzlich zum Lötzinn mit Epoxidharz besser befestigt. „Es liegt der Verdacht nahe, dass Western Digital das Problem erkannt hat und so die Teile haltbarer machen will. So wollen sie einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor bieten, doch diese Modelle landen ebenfalls bei uns“, sagt Häfele. Nutzer*innen berichteten zudem, dass das von Western Digital angebotene Firmware-Update ihre Probleme nicht behoben hatte. 

An der Kommunikation von Western Digital gegenüber Journalist*innen und betroffenen Kund*innen zur Angelegenheit gab es bereits mehrfach Kritik und Vorwürfe. Auf die Frage, wie betroffene Kund*innen an eine Entschädigung kommen, antwortete Western Digital etwa gar nicht. Den betroffenen Kund*innen bleibt meistens nur eines übrig, wenn die Festplatte ausfällt: Auf die Daten zu verzichten, oder sie zu Datenrettungsfirmen zu tragen, was kostspielig ist. „Meistens geht sich eine Datenrettung noch im dreistelligen Bereich aus. Ob hier die Kosten den Nutzen rechtfertigen, muss jeder für sich entscheiden. Wenn es nur um die Fotos vom letzten Urlaub geht, würde ich um dasselbe Geld nochmal in Urlaub fahren“, so Häfele.

Western Digital hatte den Flash-Hersteller SanDisk im Jahr 2016 übernommen, um neben HDD-Festplatten auch vermehrt SSD-Speicher anbieten zu können. Von den Problemen betroffen dürften vor allem die Modelle SanDisk Extreme Portable SSD und SanDisk Extreme Pro Portable SSD sein. Attingo selbst hat folgende Modelle analysiert: SanDisk Extreme Portable SDSSDE61 und SanDisk Extreme Pro Portable SDSSDE81. Es ist nicht ausgeschlossen, dass weitere Modelle von denselben Fehlern betroffen sind. 

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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