Surface Laptop Studio im Test: Eine gut gemeinte Fehlkonstruktion
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Microsoft versucht mit seiner Surface-Reihe immer mal wieder aus den eingespielten Notebook-Tablet-Konventionen auszubrechen. Während man mit leistungsstarken und Mittelklasse-Tablets und -Laptops eine solide Linie etabliert hat, sind Design-Ausreißer wie das Surface Book mit abnehmbarem Display oder das faltbare Smartphone Surface Duo (hier im fuzo-Test) Paradiesvögel. Ich persönlich freue mich über Geräte, mit denen man aus der Norm ausbricht. Im Alltag nutzen möchte ich sie aber nicht und das Surface Laptop Studio fällt für mich leider auch in diese Kategorie.
Es ist ein 3-Fach-Convertible, das als Laptop, Tablet und in einem Zwischenmodus verwendet werden kann. Damit will Microsoft vor allem Kreativschaffende aber auch Gamer*innen ansprechen.
Vorgestellt wurde das Gerät im Herbst 2021, seit Februar ist es nun auch in Österreich verfügbar. Es gibt 2 Varianten, beide sind mit Windows 11 ausgestattet. Die schwächere kommt mit Intel i5, Iris Xe Grafikchip und 16 GB RAM und kostet je nach Konfiguration mindestens 1.699 Euro. Das zweite Modell kommt mit i7 und RTX 3050 ti, wahlweise 16 oder 32 GB RAM und kostet zwischen 2.199 und 3.199 Euro. Microsoft hat uns das Modell mit 16 GB RAM und i7 sowie einen Surface Slim Pen 2 zum Test zu Verfügung gestellt. Dieser kostet nochmal zusätzliche 130 Euro.
Technische Daten
Display: 14,4 Zoll Pixel Sense 10-Punkt-Multi-Touchscreen, max. 120 Hz Bildwiederholrate, 2.400 x 1.600 (201 ppi), Seitenverhältnis 3:2, Kontrastrate 1.500:1
Prozessor: Intel Quad-Core 11. Generation, wahlweise H35 i5-11300H oder H35 i7-11370H
Grafik: i5 kommt mit Intel Iris Xe; i7 kommt zusätzlich mit Nvidia RTX 3050 ti Laptop GPU (4GB)
Gewicht: 1,74 kg (i5) bzw. 1,82 kg (i7)
Speicher: 16 GB oder 32 GB RAM, SSD mit wahlweise 256 GB, 512 GB, 1 TB, 2 TB
Akku: offiziell 19 Stunden (i5) bzw. 18 Stunden (i7)
Anschlüsse: 2x USB 4 (Thunderbolt 4), 3,5mm-Kopfhöreranschluss, Surface Connect
Zu dick und zu schwer
Beim Auspacken der Geräts kommt schon das erste große Problem zu Tage: Es ist überraschend wuchtig und schwer. Der 14,4-Zoll-Laptop bringt um die 1,8 Kilogramm auf die Waage. Dabei scheint er gar nicht so groß. Hält man ihn aber in der Hand, macht sich schnell der fast 2 Zentimeter dicke Sockel bemerkbar. Das ist im negativen Sinne ungewöhnlich und lässt das saubere, schöne Surface-Design altbacken wirken. Steht er auf dem Tisch, sieht es je nach Winkel so aus, als würde er "schweben". Das ist zwar nett, aber funktioniert eben nur, wenn man direkt davor sitzt.
Das Gewicht schränkt auch die Portabilität ein, die so ein Gerät eigentlich ausmachen sollte. Insbesondere wenn ich bedenke, dass man dafür auf Flugreisen mit Zubehör 2,5 Kilo seines ohnehin schmal kalkulierten Handgepäcks einplanen muss.
3 Bilder
Man könnte ja meinen, dass mit einem dickeren Gerät auch mehr Anschlüsse verbaut werden. Aber wie bei der gesamten Surface-Familie wird hier gespart. Der Sockel ist für die Lüftung reserviert, oben bekommt man 2 Thunderbold-4-Ports, einen 3,5mm-Audioanschluss und Surface Connect (Strom). Der Vorteil ist, dass das hübsche Gehäuse clean bleibt. Ich wünsche mir aber eigentlich mindestens einen SD-Karten-Slot.
Cleverer, aber zickiger Klappmechanismus
Star des Geräts ist sicherlich der (scheinbar) clevere Klappmechanismus. Der Surface Studio Laptop kann in 3 Modi genutzt werden. Der Laptop-Modus ist recht selbsterklärend. Der zweite ist der Stage-Modus, bei dem der Bildschirm schräg nach vorne geklappt wird. Er rastet zwischen Tastatur und Trackpad ein. Das ist ein perfekter Winkel, wenn er auf einem Tisch steht. Auf diese Art habe ich ihn auch am häufigsten genutzt. Und schließlich gibt es den Studio-Modus. Dabei wird der Screen noch weiter umgeklappt, bis man ein sehr dickes Tablet hat.
Der Klappmechanismus wirkt sehr robust. Das heißt aber auch, dass das Klappen nicht so einfach von der Hand geht, wie ich es erwarten würde. Dadurch sind die Wechsel zwischen den Modi nicht flüssig, sondern sind immer mit wenig galantem Zerren verbunden.
Da passt der Mechanismus irgendwie zum ganzen Rest: überraschend schwer und behäbig. Wenn das aber für eine langfristige Funktionalität sorgt, dann ziehe ich es natürlich wackelnden Scharnieren vor.
Was mich ärgert ist, dass man zum Klappen immer ein bisschen mit den Fingern auf dem schönen Display herumtatscht. Das sieht man dann an den Rändern sehr deutlich. Einhändiges klappen ist möglich, als bequem habe ich es aber nicht empfunden.
Schönes Display
Das PixelSense-Display hat eine Auflösung von 2.400 x 1.600 Pixel, eine Bildwiederholungsrate von 120 Hz und ein Seitenverhältnis von 3:2. Damit bleibt es der Surface-Linie treu und in der Preisklasse habe ich daran nichts auszusetzen. Die Ränder könnten ein wenig schmäler sein, aber das ist Erbsenzählerei.
Die Farbdarstellung ist sauber, der Farbraum könnte aber größer ausfallen, wenn man damit kreativ arbeiten will. Die adaptive Helligkeit funktioniert gut und die Leuchtkraft ist stark genug, um auch bei Sonneneinstrahlung noch alles auf dem spiegelnden Screen zu erkennen. Das kennen wir aber schon von anderen Surface-Geräten. Es hätte mich gewundert, wenn das beim Studio Laptop plötzlich anders wäre.
Liebe-Hass-Beziehung zum Surface Pen
Den Slim Pen 2 habe ich reichlich verwendet, auch wenn die neue beleuchtete Tastatur (wie bei allen Surface-Geräten) wirklich makellos ist. Der Stift haftet an mehreren Stellen des Laptops magnetisch an und kann an der unteren Kante geladen werden. Gerade für Photoshop oder Lightroom ist er gut geeignet. Auch die Schrifterkennung funktioniert weitestgehend gut, auch wenn ich ungern mit dem Stift schreibe (dazu später mehr).
Allerdings habe ich immer wieder kleinere Verzögerungen bei der Reaktionszeit bemerkt. Manchmal tippt man und nichts passiert oder man will einen Regler verschieben und erst beim zweiten Aufsetzen bewegt er sich. Das war vor allem dann der Fall, wenn ein Programm neu geladen hat oder der Bereich nicht aktiv war. Das hat mich doch gestört. Wenn ich stattdessen mit dem Finger darauf getippt habe, hat alles funktioniert. Da wären wir aber wieder beim oben genannten Problem: Fingerabdrücke.
Akzeptable Performance, mehr aber auch nicht
Die Performance ist maximal durchschnittlich. Meine Benchmark-Tests (mit PCMark 10) zeigten je nach Akkustand eine unterdurchschnittliche bis schlechte Leistung (2.800 bis 3.700 Punkte). Mit angeschlossenem Netzteil rückte er ins Mittelfeld auf (4200 Punkte).
Das hat mich enttäuscht, allerdings wurden auch noch die alten Tiger-Lake Prozessoren mit nur 4 Kernen verbaut, weil die neuen Alder-Lake-Chips noch nicht verfügbar sind. Mit Adobe-Programmen und vielen Blockbuster-Spielen kommt er aber ohne große Beschwerden klar.
Ich habe Forza Horizon 5 gespielt, das flüssig lief und schön aussah. Man braucht aber nicht erwarten, dass Spiele mit 120 Hz laufen. Wie der Forza-Benchmark-Test zeigt, läuft es in Full-HD mit 44 fps, das ist zufriedenstellend. Wer wirklich starke Gaming-Performance will, muss aber mehr Geld in die Hand nehmen.
Für Gaming bietet sich übrigens der Stage-Modus an, wenn man einen Controller verbunden hat. Auf dem Schreibtisch ist das ok, am Couchtisch nicht wirklich. Entweder man sitzt zu weit weg, oder man sitzt mit krummem Rücken da, wie im offiziellen Microsoft-Foto - da bekomme ich vom Zusehen schon Rückenschmerzen.
Die Akkulaufzeit wird mit 18 bis 19 Stunden "bei normaler Nutzung" angegeben, was natürlich zu hoch gegriffen ist. Mit Videostreaming, Photoshop und Video-Konferenzen komme ich aber gut über den gesamten Tag (8 bis 12 Stunden), ohne dass ich das Gerät anschließen muss. Der 30-minütige Benchmark-Test fraß im Schnitt etwas über 20 Prozent des Akkus (z.B. von 39 auf 13 Prozent), bei Gaming
Für wen soll das sein?
Der größte Kritikpunkt beim Surface Studio Laptop bleibt für mich die Frage, wer das Gerät verwenden soll. Der einzige Anwendungsbereich, der mir einfällt, sind gutverdienende Startup-CEOs. Wenn sie bei ihrer Produktpräsentation den Eindruck erwecken wollen, sie würden besonders out-of-the-box denken, klappen sie ein paar mal den Bildschirm um und bleiben im Gedächtnis.
Ich sehe aber keine Gamer*innen oder Kreativschaffende damit wirklich im Alltag hantieren, wie es Microsoft bewirbt. So cool ich das Konzept finde, ich würde es nicht nutzen wollen. Verwendet man den Studio-Modus, fasst man ständig unter den Bildschirm, um Dinge einzutippen – seien es URLs, Suchanfragen oder Dateinamen. Wenn der Screen dann über den tippenden Händen herumwackelt, sieht das plötzlich nicht mehr so cool aus. Man will aber auch nicht ständig zwischen den Modi wechseln. Dafür ist der Mechanismus zu träge.
Ist kein Surface Pen verbunden, oder er haftet gerade am Gerät, öffnet sich die Bildschirmtastatur. Aber man hat ein wirklich hervorragendes Keyboard verbaut, das ich dann auch nutzen will. Auf das Trackpad hingegen, das im Studio-Modus weiterhin bedienbar ist, hätte ich hingegen verzichten können, denn in diesem Modus nutze ich die Finger oder den Stift.
Arbeitsgerät
Generell ist das Gerät dafür konzipiert, dass es auf einem Tisch benutzt wird - also für Arbeit, Arbeit, Arbeit! Für das Herumlümmeln auf dem Sofa ist er nicht geeignet. Eigentlich hätte ich erwartet, ihn dort im Stage-Modus (Tablet) zu verwenden, das Gerät war mir aber zu schwer, zu groß und zu unbequem.
Ich habe - auf dem Sofa liegend - mit mehreren Freunden eine Videokonferenz gemacht und gemeinsam mit ihnen eine Serie geschaut. Keiner der 3 Modi war wirklich dazu geeignet, dass das bequem klappt. Ich habe ihn dann im Laptop-Modus verwendet, das war ok.
Fazit
Unterm Strich halte ich das Surface Laptop Studio für eine gut gemeinte Fehlkonstruktion. Es tappt in die gleiche Falle wie das Surface Duo - nett, mehr aber auch nicht. Das klingt zwar sehr ernüchternd, ich freue mich aber, dass dieses Gerät existiert. Vielleicht wird es nicht sehr lange bestehen, aber es bringt Abwechslung in den einschläfernd langweiligen Notebook- und Tablet-Markt. Es macht Spaß, damit herumzuspielen, auch wenn es nicht alltagstauglich ist. Normalerweise fällt mir der Abschied von schönen Testgeräten eher schwer, in diesem Fall trennen wir uns im Guten aber emotionslos.
Allerdings hat dieses exotische Gerät mit bis zu 1.699 bis 3.199 Euro einen Preis, der nicht gerechtfertigt ist. Für mehr als 3.000 Euro muss die Performance wirklich im oberen Segment mitspielen und das auch langfristig. Das Gamer*innen und Kreativschaffende nicht zur i5-Variante greifen werden müssen sie mindestens 2.000 Euro in die Hand nehmen. Dafür bekommen sie ein nettes Gimmick und maximal mittelmäßige Performance mit Prozessoren von 2020 - und das ist für den Preis einfach zu wenig.
Wer sich trotzdem dafür interessiert, sollte vor dem Kauf jedenfalls in einem Geschäft die Klappmodi ausprobieren. Möglicherweise findet sich ja doch eine Zielgruppe. Ich wünsche mir jedenfalls, dass Microsoft nicht aufhört, solche Produkte auf den Markt zu bringen, unabhängig davon, wie sinnvoll sie tatsächlich sind.
Die bessere Wahl: Surface Pro 8 und Laptop 4
Ich persönlich mag Surface-Geräte. Sie sind hervorragend verarbeitet, die Metallgehäuse sind wertig. Sie fassen sich gut an und sind schön, modern und im besten Sinne unauffällig. Gleichzeitig bieten die Geräte mir gute Leistung zu vertretbaren Preisen. Statt zum Surface Studio Laptop würde ich daher zum Surface Pro 8 (1.179 - 2.679 Euro) oder zum Laptop 4 (949 - 2.294 Euro) greifen.
Die Displays sind ähnlich überzeugend, allerdings muss man sich mit 60 Hz zufrieden geben. Die Performance ist bei beiden mindestens vergleichbar, in der Regel aber besser. Dafür bekommt man sie mit einer ähnlichen Konfiguration günstiger. Vor allem sind sie aber handlicher. Und wenn ich ein dezidiertes Gaming-Notebook möchte, dann sehe ich mich überhaupt bei anderen Herstellern um.
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