Virtual Reality: Oculus dominiert, HTC ist der Underdog
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Im Vorjahr hat es noch danach ausgehen, als würde es ein knappes Rennen zwischen Oculus Rift und HTC Vive werden. Zwischen den zwei großen Playern versuchten auch einige kleinere Anbieter ihre Virtual-Reality-Headsets zu positionieren. Auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas, die als Gradmesser für den wichtigen, amerikanischen Markt gilt, scheint das Rennen bereits entschieden zu sein. Oculus, gestärkt durch die Finanzkraft des Mutterkonzerns Facebook, hat einen riesigen Messestand. Schon zu Mittag des ersten CES-Tages ist das Oculus-Personal genervt. Im Minutentakt versuchen Besucher, den abgetrennten Bereich zu betreten, um die lange Warteschlange vor dem öffentlichen Bereich zu umgehen. Dort müsste man mehrere Stunden warten, um wenigen Minuten lang mit Oculus Rift in die virtuelle Realität eintauchen zu können.
Und HTC? Die sind nicht am Messegelände und werden auch nicht als Aussteller gelistet. Wer HTC Vive ausprobieren will, muss in das Wynn Hotel, das 20 Gehminuten vom Convention Center entfernt ist. Die Vorführung gibt es nur mit Termin – praktisch für Journalisten, aber womöglich schlecht fürs Geschäft. Denn Vive ist zwar das eindrucksvollere System, aber wenn man bei der wichtigsten Elektronikmesse der USA quasi nicht präsent für die 170.000 Fachbesucher, Händler und Pressevertreter ist, die keinen Termin haben, überlässt man Oculus nahezu kampflos das Feld.
Begehbar
Das Grundprinzip bei Oculus Rift und HTC Vive ist dasselbe: Das Headset ist mit einem leistungsstarken PC verbunden. Der User setzt das Headset auf, das zwei Displays (eines für jedes Auge, um 3D zu ermöglichen) eingebaut hat. Bewegt er den Kopf, kann er sich in der virtuellen Umgebung umsehen. Man kann entweder mit traditionellen Game-Controllern oder speziellen Controllern spielen, die die Handbewegungen in die virtuelle Realität umsetzen.
HTC Vive bietet zusätzlich die Möglichkeit, ein ganzes Zimmer in die virtuelle Realität zu integrieren. Durch zwei kleine Kästchen, die in den Raumecken angebracht werden, werden die Bewegungen des Spielers erfasst. Geht man ein paar Schritte im Zimmer, geht man auch in der virtuellen Umgebung. Dasselbe gilt für Ducken, Hinlegen oder Springen. In der aktuellen Vorserienversion, „Vive Pre“, die die futurezone in Las Vegas getestet hat, ist eine Frontkamera im Headset integriert. Zusätzlich zu einem eingeblendeten Drahtgitter, das in der virtuellen Realität anzeigt, wenn man sich einer realen Wand nähert, können jetzt Objekte und Menschen angezeigt werden. Diese werden blau umrandet dargestellt. Auf Wunsch kann auch das normale Kamerabild live in der virtuellen Realität sichtbar gemacht werden, falls einem die futuristische blaue Darstellung zu abstrakt ist.
Finanzkraft von Facebook
Obwohl HTC Vive deutlich beeindruckender ist, scheint die Taktik von Oculus aufzugehen. Durch die Finanzstärke der Mutterfirma Facebook ist man omnipräsent. Facebook subventioniert zudem das Rift-Headset, weshalb es um 700 Euro im ersten Quartal 2016 verfügbar sein wird. Das ist zwar immer noch viel, ohne Facebook würde Oculus Rift aber über 1000 Euro kosten.
Vive wurde zusammen mit Valve entwickelt, dem Software-Unternehmen hinter Spielehits wie Half-Life und Portal. Analysten zufolge nimmt Valve alleine mit seiner PC-Spieleplattform Steam jährlich über 1,5 Milliarden US-Dollar ein. HTC scheint bei seinen Marketing-Maßnahmen aber relativ alleine gelassen zu werden – auf der Steam-Website ist nicht mal die aktuelle Version von Vive abgebildet. Eine Subventionierung der Hardware durch Valve könnte ausbleiben, was das ohnehin finanziell angeschlagene Unternehmen HTC weiter unter Druck setzt. Wenn Vive zum geplanten Start im April 2016 weit über 1000 Euro kostet, dürfte dies selbst Gaming-begeisterte Early Adopter abschrecken.
Der Rest
Dass der Virtual-Reality-Krieg gegen das Gespann Facebook-Oculus nur schwer zu gewinnen sein wird, haben anscheinend viele kleinere Hersteller von VR-Lösungen eingesehen – zumindest blieben einige der CES fern. Immerhin widmete Sony einen kleinen Teil seines Messestands PlayStation VR, dem Virtual-Reality-System für die PS4. Eine neue Version des Headsets gab es aber nicht zu sehen, auch Preis und Erscheinungsdatum nannte Sony nicht. Die einzig „neue“ Information, die Sony-Boss Kaz Hirai auf der CES verkündete: Games-Entwickler sollen an mehr als 100 Titeln für PlayStation VR arbeiten.
Samsung
Eine gute VR-Nische scheint Samsung für sich entdeckt zu haben. Im Grunde ist Gear VR, die die Technik und das Know-How von Oculus nutzt, eine Kopfhalterung, die in Verbindung mit einem aktuellen Samsung-Smartphone zum Virtual-Reality-Headset wird. Gear VR war ständig in den Messehallen zu sehen, viele kleinere Aussteller präsentierten ihre Produkte und Dienste damit bzw. wollten Besucher so zu ihrem Messestand locken. Im Vergleich zu Oculus Rift und HTC Vive ist Gear VR einfach zu bedienen, verhältnismäßig günstig, erfordert keine Verbindung zu einem PC und ist dank des Smartphone-Akkus portabel und kabelfrei nutzbar.
Zubehör
Der günstigste Zugang zu Virtual Reality ist Google Cardboard. Die Papierhalterung für Smartphones gibt es bereits ab etwa 10 Euro im Internet zu bestellen. Aufwendige Games lassen sich damit vielleicht nicht spielen, aber für 360-Grad-Fotos und kurze -Videos reicht es. Bisher konnten solchen Inhalte meist nur durch langwierige Prozesse oder teure Mehrfach-Kamera-Setups hergestellt werden. Auf der CES waren jetzt einige Produkte zu sehen, die das Erstellen von Rundum-Aufnahmen für Virtual Reality erleichtern. Dazu gehören Bell-Helme mit integrierter UHD-Rundum-Kamera und Nikons UHD-Actioncam mit 360-Grad-Aufnahmebereich.
Weitere News, Hands-ons und Berichte zur CES 2016 gibt es hier.
Disclaimer: Redakteure der futurezone berichten vor Ort von der Consumer Electronics Show in Las Vegas. Die Reisekosten werden von der futurezone GmbH selbst sowie von Samsung und Dolby übernommen.
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