Wie aus alten Reifen neue Autoteile werden
In Österreich sind mehr als 7 Millionen Kraftfahrzeuge unterwegs. Ihre Reifen müssen alle paar Jahre ausgewechselt werden. Pro Jahr fallen so mehr als 65.000 Tonnen Abfall an.
Die 3 Unternehmen Neste, Borealis und Covestro haben nun ein innovatives Verfahren vorgestellt, mit dem aus Altreifen neue Produkte für die Automobilindustrie entstehen. Das soll dabei helfen, Ressourcen zu sparen, CO2-Emissionen zu vermeiden und Klimaschutzauflagen zu erfüllen.
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Altreifen auf mehrere Arten nutzbar
Alte Autoreifen werden in Österreich zur Hälfte thermisch verwertet, also verbrannt, vor allem für die Zementherstellung. Die andere Hälfte wird stofflich verwertet. Autoreifen werden dabei von Unternehmen wie KIAS Recycling aus Oberösterreich in ihre Bestandteile Gummi, Stahl und Textilien zerlegt. Aus dem Gummigranulat entstehen Böden für Sportplätze und Kinderspielplätze, Zusatzstoffe für Straßenbeläge, Ölbindemittel oder Kugelfangschüttungen für Schießplätze.
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Man kann Altreifen aber auch ein wenig komplexer verarbeiten. Unternehmen wie Enviro Systems aus Schweden verflüssigen alte Reifen unter hoher Temperatur - etwa mittels Pyrolyse - und machen daraus Pyrolyseöl. Das finnische Erdölunternehmen Neste wandelt dieses Pyrolyseöl zu reinen Kohlenwasserstoffen für die Chemieindustrie um, etwa Naphtha (Rohbenzin).
Ressource im Kreislauf halten
Das oberösterreichische Kunststoffunternehmen Borealis verarbeitet dieses Produkt von Neste in sogenannten "Steamcrackern" weiter. Längerkettige Kohlenwasserstoffe werden in großen Öfen bei hohen Temperaturen zu kleineren Molekülen umgewandelt. Die OMV-Tochter stellt daraus die Chemikalien Aceton und Phenol her.
Sie werden an das deutsche Kunststoffunternehmen Covestro geliefert. Es produziert daraus den Rohstoff für Kunststoffteile aus Polycarbonat. Daraus lassen sich etwa transparente Abdeckungen für Autoscheinwerfer, Kühlergrills und Armaturenbrettpaneele herstellen. Für alle 3 Unternehmen sei dies eine Möglichkeit, um Ressourcen im Kreislauf zu halten, heißt es von Borealis: "Alleine kommt man als Unternehmen bei der Dekarbonisierung der Industrie nicht voran. Man muss mit Partnern aus der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten."
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CO2-Einsparungen zertifiziert
Einen exakten Kreislauf stellt der gemeinsam entwickelte Prozess nicht dar, weil aus Autoreifen nicht wieder Autoreifen werden. Es sei aber kein "Downcycling", bei dem Produkte mit geringerer Qualität entstehen. Die hergestellten Polycarbonate seien hochwertig. "Es entstehen genauso gute Materialien, als würde man Rohöl zur Herstellung verwenden", teilt Borealis der futurezone mit. Ein Teil eines Autos werde außerdem wieder zu einem Teil eines Autos - nur einem anderen.
Das chemische Recycling von Altreifen sei ressourcenintensiv, aber es komme dadurch zu CO2-Einsparungen, ist das österreichische Unternehmen überzeugt. Exakte Zahlen dazu gebe es allerdings noch nicht.
Die verwendeten Verfahren aller 3 Projektpartner hätten die ISCC Plus Zertifizierung für Kreislaufwirtschaftsmodelle. Auf einer Fachmesse in den Niederlanden wurden bereits erste Produkte präsentiert, die mit dem neuen Verfahren hergestellt wurden.
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Auf die ganze Lieferkette kommt es an
Mit einem günstigen Preis können die Produkte eher nicht punkten, aber: "Die Kostenfrage ist das eine. Das andere sind Umweltauflagen, die unsere Kunden zu erfüllen haben." Die EU gibt etwa vor, dass ein hoher Anteil der Komponenten von Altfahrzeugen im Umlauf gehalten werden muss, um Abfall zu reduzieren und ihre Umweltbilanz zu verbessern. Für Klimaschutzauflagen müssen Unternehmen außerdem zunehmend darauf achten, dass nicht nur sie selbst, sondern auch Partner entlang ihrer Lieferkette CO2-Emissionen reduzieren (Scope 1, 2, 3).
Noch befindet sich das neue Verwertungsverfahren für Altreifen in der Pilotphase. Laut Borealis sei es wichtig, auf dem Gebiet Pionierarbeit zu leisten. "Man kann zur Dekarbonisierung an mehreren Stellen ansetzen, etwa beim Energieverbrauch, aber auch bei Materialien. Unsere Entwicklung ist ein Baustein dafür."
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