Artemis I: Generalprobe für die Rückkehr zum Mond
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Fast 50 Jahre nach dem Ende der Apollo-Missionen zum Mond soll nun endlich das Artemis-Programm beginnen. Am Montag um 14.33 Uhr wird sich ein zwei Stunden langes Zeitfenster öffnen, um die Mission Artemis I zu starten. Ein knapp 100 Meter hoher Koloss, bestehend aus der Trägerrakete Space Launch System (SLS) und dem Raumschiff Orion, wird bei gutem Wetter vom Kennedy Space Center in Florida in den Weltraum aufbrechen.
Menschen sind bei dieser Premiere keine an Bord. Zunächst gilt es sicherzustellen, dass das Maschinengespann nach vielen Tests am Boden auch in der Praxis sicher genug ist, um Menschen zum Mond und wieder zurück zur Erde zu transportieren. Geht alles gut, folgt mit Artemis II 2024 der erste bemannte Flug. Ein bis zwei Jahre später könnten dann mit Artemis III die ersten Menschen seit 1972 wieder ihre Füße auf den Mond setzen, darunter erstmals überhaupt eine Frau.
Puppen auf den Plätzen
Die Entwicklung von SLS und Orion war mit jahrelangen Verzögerungen, weit überzogenen Budgets und vielen misslungenen Tests verbunden. Teile des 2011 eingemotteten Space Shuttle wurden dafür wiederverwertet, sowie Teile anderer Raumfahrzeuge. Die ESA hat der NASA das europäische Servicemodul beigesteuert, einen integralen Bestandteil des Orion-Raumschiffs (siehe unten).
Während des Fluges werden an Bord von Orion eine Vielzahl von Subsystemen getestet und auch Notfälle simuliert. Viel Anstrengung wird auf die Messung von Strahlung im Inneren des Raumschiffs verwendet. Drei Puppen namens Commander Moonikin Campos, Helga und Zohar werden die Sitzplätze einnehmen. Mithilfe zahlreicher Sensoren werden sie die physischen Belastungen für Menschen, und erstmals speziell für Frauen, testen.
WLAN-Verbindung
Getestet wird auch, wie gut künftige Besatzungen Videochats mit der Erde führen können und wie sehr sich Sprachsteuerung künftig bewähren könnte. An diesem Teil namens Callisto sind die Tech-Unternehmen Cisco und Amazon beteiligt. Auch zahlreiche kleinere Details werden beobachtet, etwa die Qualität der WLAN-Verbindung zu Kameras, die sich an den Enden der x-förmigen Solarpaneele von Orion befinden, das Schwappen des Treibstoffs in den Tanks oder die Geschwindigkeit der Datenübertragung über die Satelliten des "Deep Space Network" der NASA.
Während des Fluges von Orion zum Mond werden zehn kleine Cubesats ausgesetzt. Diese Satelliten sind jeweils so klein wie eine Schuhschachtel und stammen von Forschungszentren und Universitäten in den USA, Japan und Italien. Sie werden mit ihren Bordinstrumenten sowohl den Mond erforschen, als auch Strahlungsmessungen vornehmen oder neue Technologien testen. Einer der Cubesats wird etwa ein Solarsegel entfalten und zu einem Asteroiden weiterreisen.
Landung mit Hüpfer
Der wahrscheinlich wichtigste Test wird den Wiedereintritt von Orion in die Erdatmosphäre am Ende der Mission betreffen. Am 10. Oktober soll das Raumschiff nach 42 Tagen im All zur Erde zurückkehren. Dabei wird zum ersten Mal ein sogenannter "Skip Entry" versucht. Wie ein Stein, den man über die Wasseroberfläche hüpfen lässt, soll die Kapsel zunächst die Atmosphäre streifen, wieder an Höhe gewinnen und nach einem großen Sprung tiefer sinken und im Meer landen.
Die NASA erwartet sich, dass sich dadurch das Gebiet, in dem die Kapsel an Fallschirmen in den Pazifik eintaucht, präziser bestimmen lässt. Außerdem wird der Hitzeschild der Kapsel auf diese Art zweimal stark belastet, kann aber dazwischen wieder ein wenig abkühlen. Insgesamt soll diese Art der Landung auch für die künftigen Passagiere sanfter sein.
Europäer*innen an Bord
Bei einer Pressekonferenz am Dienstag schilderten Vertreter der europäischen Artemis-Partner, wie ihnen vor der ersten Mission zumute ist. "Die Nerven sind zum Zerreißen gespannt", sagt David Parker von der ESA. Das europäische Servicemodul (ESM) wird das Orion-Raumschiff steuern und mit Strom, Wasser und Atemluft versorgen. Unter der Führung von Airbus steuerten mehr als 20 Unternehmen aus elf Ländern Technologien dafür bei, auch aus Österreich. Durch TTTech und Magna ist Österreich auch bei Orion bzw. SLS an Bord. Die beiden Unternehmen veranstalten gemeinsam mit dem BMK am Montag um 13:30 ein Public Viewing des Artemis-I-Starts im Technischen Museum Wien.
Wie ESA-Direktor Josef Aschbacher betont, verschafft das ESM der ESA drei Plätze auf den ersten sechs Artemis-Missionen. Eine Europäerin oder ein Europäer werden bei der vierten und fünften Artemis-Mission an Bord sein. Dabei wird es bereits um den Aufbau einer Raumstation im Mondorbit gehen, dem Lunar Gateway. Eine weitere Mitfluggelegenheit ist noch offen. Ein Traum wäre laut Aschbacher ein Platz bei Artemis III, der ersten Mondlandung seit 1972.
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