Österreichischer Roboter trotzt radioaktiver Gefahr und Sprengstoff
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Ein mit speziellen Instrumenten ausgestatteter Roboter nähert sich einem potenziell radioaktiven Objekt. Die für den Menschen gefährliche Umgebung ist eng und komplex. Eine Kamera am Roboter zeigt den Weg zum Zielobjekt – gesteuert wird er von einem Menschen.
Der Operator hat aber nicht durchgehend eine direkte Sichtlinie zum Roboter. Das erschwert die genaue Positionierung der Maschine zur Vermeidung von Kollisionen. Die Navigation aus der Ferne ist aber wesentlich, denn radioaktive, biologische und chemische Substanzen – sogenannte ABC-Gefahrenstoffe – können für Mensch und Umwelt schwerwiegende Auswirkungen haben.
Hat der Roboter ABC-Gefahrenstoffe oder Spreng- und Brandvorrichtungen (Improvised Explosive Devices; IEDs) erkannt, entscheidet ein fachkundiges Personal, wie mit diesen umgegangen werden soll.
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Automatisierter Roboter
Ein solcher Einsatz ist in der Regel extrem zeitintensiv. Gerade der Umgang mit IEDs muss so behutsam ablaufen, dass sie vom Roboter nicht ausgelöst werden. Um diese Prozesse künftig zu vereinfachen, arbeitet das AIT Austrian Institute of Technology gemeinsam mit der TU Graz, Rosenbauer International und CBRN Protection im Projekt SURUx2, das im Verteidigungsforschungsförderprogramm FORTE des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) finanziert wird, an einem verbesserten Roboter.
Er soll sich kontaminierten Objekten automatisiert nähern. Dafür erstellt er mittels eines vom Institut für Geodäsie der TU Graz entwickelten Algorithmus eine Karte seiner Umgebung. „Diese Karte bekommt der Operator angezeigt“, sagt die TU-Forscherin Eva Reitbauer der futurezone.
Er kann in dieser Karte Wegpunkte setzen, also vorgeben, wohin die Maschine fahren soll. „Der Roboter berechnet dann seine Route zum vorgegebenen Wegpunkt, fährt automatisch dorthin und weicht dabei Hindernissen aus“, sagt sie.
Navigationssensoren
Damit die Maschine autonom fahren kann, ist sie mit Navigationssensoren ausgestattet. Sie verwendet unter anderem einen Laser-Sensor, Radsensorik und globale Satellitennavigationssysteme (GNSS). Beim Fahrgestell handelt es sich um den „RTE Robot“ der Firma Rosenbauer International, worauf diverse Module aufgebaut werden können.
Das Fahrwerk besitzt etwa einen Roboterarm, der sehr nahe am Objekt geführt werden muss, um radioaktive Strahlung detektieren zu können. „Um diese komplexen Bewegungsabläufe zu ermöglichen, ist der Arm mit Nahfeldsensorik ausgestattet, die kurze Abstände sehr genau messen kann,“ so Reitbauer. Künftig soll der Arm zusätzlich mit einer Hyperspektralkamera ausgestattet werden. „Derzeit laufen Laboruntersuchungen, anhand derer festgestellt werden soll, wie oberflächenhafte ABC-Gefahrstoffe mit Hyperspektralkameras detektiert werden können.“
Die Hinderniserkennung wird von Bildverarbeitungsexperten des AIT technisch realisiert. Aus der erstellten Karte werden Hindernisse wie Wände und nicht-traversierbare Bereiche am Boden erkannt. Der Routenplanungsalgorithmus berücksichtige laut dem Projektleiter Philip Taupe vom Center for Digital Safety & Security am AIT diese Hindernisse und plane die Route für den Roboter so, dass er ihnen ausweicht.
Sicherheit für Bürger*innen
Einen Nutzen aus solchen verbesserten Robotersystemen ziehen nicht nur die Einsatzkräfte. „Selbstverständlich profitiert auch die Zivilbevölkerung davon, wenn ABC-Gefahrenstoffe und unkonventionelle Sprengvorrichtungen schneller erkannt und beseitigt werden können“, betont Taupe und ergänzt: „Wenn sich der Roboter automatisiert an das Objekt annähern kann und mit seinem Arm das Objekt kollisionsfrei untersucht, sind wir dem Ziel, den kompletten Ablauf zur Unschädlichmachung von Sprengvorrichtungen zu automatisieren, schon einen großen Schritt näher.“
In diesem Bereich gebe es noch viel Forschungsbedarf, aber auch großes Potenzial, um den Forschungsstandort Österreich weiter zu stärken. Erste Tests mit dem vollständig ausgerüsteten Roboter sind ab dem Frühjahr 2024 geplant.
Das BMF ist Fördergeber, das Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) ist Bedarfsträger des Projekts. Unterstützt wird SURUx2 zudem von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG.
Diese Serie erscheint in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).
Künstliche Intelligenz sagt giftige Substanzen schneller voraus
Die Vorhersage der Toxizität unterschiedlicher Substanzen ist für gewöhnlich ein arbeitsintensiver und teurer Prozess. Oftmals kommen dafür Tierversuche zum Einsatz. Für effizientere und ethisch verträglichere Prognosen weist Künstliche Intelligenz (KI) großes Potenzial auf. So könnten KI-Programme, die in der Toxikologie zum Einsatz kommen, gefährliche Substanzen identifizieren und die Vorhersage zur Toxizität nicht nur verbessern, sondern auch beschleunigen.
Mithilfe von maschinellem Lernen können große Datenmengen und chemische Strukturen verarbeitet und analysiert werden. Die Algorithmen können dabei Informationen gewinnen, die Menschen möglicherweise übersehen. Gefährliche Substanzen können so mit höherer Genauigkeit identifiziert werden.
Sichere Arzneimittel
KI kann darüber hinaus aber auch vorhersagen, wie diese Substanzen mit unterschiedlichen biologischen Systemen interagieren. Insbesondere die Pharmaindustrie könnte von solchen KI-Systemen profitieren, etwa bei der Entwicklung von sicheren und wirksamen Arzneimitteln.
Damit KI aber erfolgreich in die Toxikologie Einzug halten kann, braucht es eine Vielzahl an qualitativ hochwertigen Daten, mit denen die Algorithmen gefüttert werden müssen, um genaue Prognosen zu erstellen. Je mehr Daten zur Verfügung stehen, umso genauer fallen diese Vorhersagen aus. Hier steht noch viel Arbeit an.
Doch trotz dieser Herausforderung konnten auf diesem Gebiet bereits wesentliche Fortschritte erzielt werden. Künftig dürfte die Technologie die Arbeit von Toxikolog*innen also erheblich erleichtern.
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