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Wie sich die österreichischen Universitäten für ChatGPT rüsten

Kommende Woche starten Österreichs Universitäten in ein neues Semester. Es ist das zweite Jahr, in dem Studierende neue Werkzeuge aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) zur Verfügung haben, die die Lehre grundlegend verändern.

Mit dem Chatprogramm ChatGPT lassen sich Hausübungen erstellen oder ganze Aufsätze schreiben. Beim wissenschaftlichen Zitieren hapert es aber noch und manchmal erfindet ChatGPT auch einfach Quellen.

Umso wichtiger ist es, dass es an den Universitäten genaue Regeln gibt, wie mit den KI-Programmen umgegangen werden soll. „Vor einem Jahr hat uns ChatGPT auf dem falschen Fuß erwischt“, sagt Irene Häntschel-Erhart, Vizerektorin für Digitalisierung und Nachhaltigkeit an der Universität Innsbruck im Gespräch mit der futurezone. „Jetzt sind wir ein Stück weiter. Es gibt erste Anwender-Erfahrungen. Wir sind aber noch weit davon entfernt, fundiert sagen zu können, ob es wirklich richtig ist, KI-Tools in der Lehre einzusetzen, oder nicht“, sagt die Vizerektorin.

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Klare Regeln: Kennzeichnung der KI-Inhalte

Ein Rundruf der futurezone unter der TU Graz, der TU Wien, der Uni Wien sowie der Uni Innsbruck hat ergeben, dass der Einsatz von ChatGPT an keiner der genannten Universitäten des Landes „grundsätzlich verboten“ ist. Die meisten Institutionen haben sich überlegt, wie Lehrende mit KI-Programmen, die Texte oder Bilder erstellen können, umgehen sollen. Es gibt vielerorts einen Einsatzplan.

„In Innsbruck haben wir eine interdisziplinäre Gruppe gegründet, die sich damit auseinandersetzt. Diese hat einen Orientierungsrahmen entwickelt“, sagt Häntschel-Erhart. Dazu zählt Transparenz. „Studierende und Lehrende müssen eine gewisse Sensibilität dafür entwickeln, dass KI-Inhalte zu kennzeichnen sind“, sagt die Vizerektorin.

„Lehrende haben sich außerdem ganz genau überlegt, welche Prüfungsleistungen bei ihnen zum Einsatz kommen. Die Nachweise der Leistungen können dieses Semester durchaus anders erbracht werden als bisher“, sagt sie.

Erste Schummler wurden bereits erwischt

Es sei nämlich sehr wohl vorgekommen, dass Uniarbeiten in den vergangenen Semestern für ungültig erklärt werden mussten, so die Vizerektorin. An der Universität Wien geht man in so einem Fall folgendermaßen vor: „Besteht der Verdacht, dass unerlaubte Hilfsmittel verwendet wurden, gibt es qualitätssichernde Schritte: Einerseits können Lehrende zu schriftlichen Texten Fragen stellen, wie etwa zur Herkunft der Quellen, andererseits wird facettenreicher geprüft“, sagt Alexandra Frey von der Universität Wien. Auch dort hat man sich intensiv mit dem Thema KI auseinandergesetzt.

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„Für unsere Absolvent*innen werden KI-Tools im späteren Berufsleben hoch relevant sein. Dazu ist ein guter Mix an Wissen über die Technik von KI und den Funktionsweisen erforderlich, aber auch eine Reflexion, welche Auswirkungen diese Tools in der Gesellschaft haben“, heißt es seitens der Universität.

„Bei Prüfungen und schriftlichen Arbeiten entscheiden die Lehrenden selbst, welche Hilfsmittel erlaubt und verboten sind. Das gilt auch für den Einsatz von KI-Tools“, so die Universität. Aktuell in Entwicklung befinden sich etwa noch „fachspezifische Standards“, die für Masterarbeiten geeignet seien, heißt es.

Lehrende sollen für Klarheit sorgen

Bei manchen Lehrfächern kann es sogar erwünscht sein, dass ChatGPT verwendet wird. „Klarheit darüber, ob und wie die Hilfsmittel genutzt werden dürfen, wird bis zum Beginn des Semesters in den Kursbeschreibungen für die Lehrveranstaltungen des Wintersemesters geschaffen“, so die Uni Wien. Diese sei wichtig, dass Studierende wissen, was sie dürfen, und was nicht.

Weiters bietet die Uni Wien einen Massive Open Online Course (MOOC) zu KI an. Der Kurs startet am 9. Oktober. „Die Lehrenden wurden außerdem aufgerufen, fachspezifisch und interdisziplinär auf KI in ihrer Lehre einzugehen“, heißt es.

Auch an der TU Graz dürfen KI-Tools „unterstützend“ zum Einsatz kommen. Es werde vor den Abschlussarbeiten festgelegt, wann und wozu diese Tools nicht verwendet werden dürfen. Zudem wird die „Einhaltung der guten, wissenschaftlichen Praxis“ betont, die gewährleistet sein müsse. An der TU Graz muss außerdem, wie in Innsbruck, klar gekennzeichnet werden, wenn ChatGPT verwendet wird. „Unmarkierter Einsatz von KI zur Vortäuschung einer Eigenleistung ist nicht erlaubt und wird als wissenschaftliches Fehlverhalten behandelt“, heißt es. Außerdem wird empfohlen, in ChatGPT „keine persönlichen Daten“ einzugeben.

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An der TU Wien hat man gerade mit dem beginnenden Semester eine „Taskforce Generative KI“ gegründet, die sich mit „Methoden, Strategien und Guidelines“ beschäftigen wird. Es sollen auch Studierende aktiv eingebunden werden.

„Das Ganze ist ein immenser Lernprozess für alle Beteiligten. Da geht es allen Universitäten, Lehrenden und Studierenden gleich“, sagt Häntschel-Erhart von der Uni Innsbruck.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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