Chinas Superradar entdeckt Plasmablasen in der Atmosphäre
Plasmablasen sind ein Phänomen des Weltraumwetters. Sie können in Bereichen mit Durchmessern von Hunderten bis Tausenden Kilometern Funk- und Satellitenverbindungen stören.
Das ist sowohl ein Problem für militärische Einsätze als auch Rettungsoperationen und die zivile Luft- und Seefahrt, da etwa auch das GPS-Signal gestört wird. Um die Plasmablasen besser erforschen zu können, wurde in China LARID gebaut – das Low Latitude Long Range Ionospheric Radar.
Es gehört zu den stärksten Radaranlagen seiner Art, berichtet scmp. Kürzlich wurde die Reichweite nochmals massiv erhöht und dabei auch gleich Plasmablasen entdeckt.
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LARID kann fast die halbe Erde abdecken
Ursprünglich wurde LARID gemacht, um das Phänomen in bis zu 3.000 Kilometer Entfernung nach links und rechts, (entlang des Äquators) zu entdecken. Jetzt haben die Forscher des Institute of Geology and Geophysics an der Chinese Academy of Sciences in Beijing in einer Studie veröffentlicht, dass die Reichweite auf 9.600 Kilometer gesteigert werden konnte. Damit kann man beinahe die halbe Erde abdecken, die am Äquator einen Umfang von 40.075 Kilometer hat.
Während des Experiments zur Reichweitensteigerung ereignete sich vom 4. bis 6. November 2023 ein geomagnetischer Sturm. In der Folge entstanden mehrere Plasmablasen fast gleichzeitig, die LIRAD aufspüren konnte.
Im Pazifik waren diese 1.000 bis 2.000 Kilometer, 3.000 bis 4.500 Kilometer und 5.000 bis 7.000 Kilometer von der Radarstation auf der chinesischen Insel Hainan entfernt. In die andere Richtung wurde die höchste Konzentration an Plasmablasen über Westafrika, in etwa über Saudi-Arabien, in 6.000 bis 9.000 Kilometer Entfernung beobachtet.
Laut den Forschern war es ein Glücksfall, dass sich der starke magnetische Sturm genau in der Testphase ereignet hatte. Dadurch konnte bewiesen werden, dass die Reichweitensteigerung von LIRAD funktioniert.
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So entstehen Plasmablasen
Solche Plasmablasen entstehen üblicherweise in der Nähe des geomagnetischen Äquators. Daher heißen sie im Englischen auch Equatorial Plasma Bubble (EPB). Sie entstehen in der Nacht, wenn die Sonne nicht mehr die Ionosphäre ionisiert. Die Ionen ordnen sich neu und bilden eine weniger dichte Schicht. Diese kann durch die dichteren Schichten nach oben steigen und lässt so die Blase entstehen. In der Blase geht es turbulent zu, weshalb Funk- und Satellitensignale in diesem Bereich gestört werden.
Durch die Beobachtung mit LIRAD und anderen Instrumenten, konnte festgestellt werden, dass der geomagnetische Sturm dieses Phänomen begünstigt hat. Üblicherweise haben diese Blasen einen Durchmesser von etwa 100 Kilometer. Entstehen viele Blasen konzentriert an einem Ort, ist das Feld der Störung entsprechend größer.
Ein bekannter Fall einer Plasmablase ereignete sich während Operation Anaconda, im März 2002 in Afghanistan. Beim Kampf von Takur Ghar wurde ein amerikanischer Ch-47 Chinook nicht über eine afghanische Luftverteidigungsstellung informiert, weil die Satellitenkommunikation durch eine Plasmablase gestört war. Er flog daraufhin in dieselbe Falle, wie schon ein Ch-47 zuvor. Der nicht gewarnte Ch-47 wurde abgeschossen, 5 US-Soldaten starben.
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Radarstrahlen prallen von der Ionosphäre ab
LIRAD ist ein „Über dem Horizont“-Radar. Normales Radar hat aufgrund der Erdkrümmung nur eine beschränkte Reichweite – die Radarstrahlen gehen quasi in den Weltraum hinaus, anstatt der Erdkugel entlang.
Bei LIRAD werden die elektromagnetischen Wellen so ausgestrahlt, dass sie zwischen der Ionosphäre und der Erdoberfläche hin- und herprallen und so weitere Strecken zurücklegen können. Treffen die Wellen auf Plasmablasen, wird ein Teil des Signals zurückgeschickt. Dies wird dann von den 2 Radar-Subanlagen aufgefangen – eine ist nach Osten und eine nach Westen orientiert. Jede Anlage hat 24 Antennen.
Chinese Forscher haben vorgeschlagen, noch weitere 3 bis 4 LARID-Stationen rund um den Globus zu bauen. Damit hätte man ein Radar-Netzwerk, um Plasmablasen weltweit in Echtzeit zu beobachten.
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So könnte man nicht nur betroffene Regionen warnen, um etwa den GPS-basierten Schiffs- oder Flugverkehr umzuleiten, sondern auch mehr über dieses Weltraumwetter-Phänomen erfahren. Das Ziel ist, zukünftig die Entstehung von Plasmablasen vorhersagen zu können.
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