Der Sarkophag bedeckt den Reaktor 4 des Akw Tschernobyl

Der Sarkophag bedeckt den Reaktor 4 des Akw Tschernobyl

© REUTERS/VALENTYN OGIRENKO

Science

Würmer in Tschernobyl haben ein außergewöhnliches Talent

1986 ereignete sich im Atomkraftwerk von Tschernobyl ein Super-GAU. In der Folge wurde die Umgebung zu der stärksten radioaktiv verseuchten Zone auf unserem Planeten.

Das Unglück ist aber für Forschende eine Chance, die Effekte von Radioaktivität auf die Pflanzen- und Tierwelt zu untersuchen. Neben Wildschweinen und Wölfen wurden jetzt Fadenwürmer analysiert. Dabei wurde eine spannende Eigenschaft der Nematoden entdeckt.

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Würmer wurden in der Sperrzone gesammelt

Die mikroskopischen Würmer wurden 2019 in der Sperrzone gesammelt. Diese umfasst einen Radius von 30 Kilometer, rund um den Reaktorblock 4 des AKW Tschernobyl. Die Nematoden wurden im Boden, in verrottenden Früchten und in anderen organischen Materialien gesammelt – an Orten mit verschieden starker Strahlung.

Beim Sammeln der Fadenwürmer war der Geigerzähler immer mit dabei

Aus den hunderten gesammelten Würmern wurden 15 Exemplare der Spezies Oscheius tipulae ausgewählt. Derzeit sind über 20.000 Arten von Fadenwürmern bekannt. Schätzungen zufolge könnte es bis zu 10 Millionen Arten auf der Erde geben.

Von den 15 Fadenwürmern wurde das Genom sequenziert. Außerdem wurde das mit 5 Oscheius tipulae aus anderen Regionen der Erde gemacht (Philippinen, Deutschland, USA, Maurizios, Australien), um Vergleichswerte zu haben.

Keine Anzeichen von DNA-Schaden

Das Ergebnis überraschte die Forschenden. Keiner der Tschernobyl-Würmer wies Anzeichen einer Schädigung der DNA durch radioaktive Strahlung auf. Weil Fadenwürmer relativ kurz leben, können mehrere Generationen in kurzer Zeit untersucht werden. Also überlegten sich die Forschenden ein Bewertungssystem, um festzustellen, wie empfindlich die 20 Nematoden auf DNA-Schäden reagieren und diese in die nächste Generation weitergeben.

So sehen die Fadenwürmer unter dem Mikroskop aus

Die Würmer aus den unterschiedlichen Regionen reagierten unterschiedlich tolerant auf DNA-Schäden. Dies stand aber nicht in Korrelation mit der Höhe der radioaktiven Strahlung an den Orten, an denen die Nematoden gesammelt wurden. Dies legt laut den Forschenden nahe, dass die radioaktiv verseuchte Landschaft die Würmer nicht zu einer Evolution in eine strahlungsresistente Spezies gezwungen hat.

Würmer reparieren ihre DNA

Die Forschenden gehen stattdessen davon aus, dass einige Stränge von Oscheius tipulae deutlich besser darin sind, DNA-Schäden zu reparieren als andere. Diese Stränge sollen jetzt weiter untersucht werden, um festzustellen, welche individuellen Würmer der Stränge wahrscheinlicher durch Krebserreger Schaden nehmen, als andere.

Diese Forschung soll dabei helfen, die Risikofaktoren für Krebs für jeden einzelnen Menschen genauer zu bestimmen. Denn derzeit ist es aus wissenschaftlicher Sicht schwer zu sagen, warum manche Menschen an Krebs erkranken, während andere mit ähnlicher genetischer Veranlagung dies nicht tun.

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