
Beim Stellarator-Reaktor wie dem Wendelstein 7-X erzeugen außen angeordnete Spulen ein Magnetfeld.
Forscher lösen 70 Jahre altes Fusions-Problem
Auf dem Weg zur unerschöpflichen Energie aus Fusionsreaktoren gibt es noch einige ungelöste Probleme. Eines davon ist, wie man die hochenergetische Masse innerhalb des Reaktors behält. Wenn hochenergetische Alpha-Teilchen nämlich aus dem Reaktor entweichen, ist das Plasma nicht mehr dicht genug und die gewünschte Fusionsreaktion bleibt aus.
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Bislang versuchten Forscher dem Problem solcher Lecks mit aufwendigen Magneteinschlusssystemen beizukommen. Leider gibt es auch bei diesen Systemen Löcher, deren genaue Positionen nur extrem schwer zu berechnen sind. Zumindest war das bisher so, denn Forscher von der University of Texas haben nun eine Art Abkürzung für solche Berechnungen gefunden. Mit ihrer neuen Methode können sie Löcher im Magnetfeldsysteme 10-mal schneller berechnen als bisher – bei gleicher Genauigkeit.
Spulen erzeugen Magnetfeld
Damit haben sie ein großes Problem eines bestimmten Reaktortyps gelöst. Sogenannte Stellaratoren nutzen ein speziell geformtes Spulensystem, das durch elektrische Ströme eine Art magnetischen Käfig um den Reaktor bildet. Anders als beim Tokamak-Reaktor wird die Plasmastabilität beim Stellarator nur von Magnetfeldern von außen beeinflusst, beim Tokamak muss zusätzlich Strom ins Plasma induziert werden. Das macht Stellaratoren zumindest theoretisch stabiler. Dieses Einschlusssystem nennt man auch „magnetische Flasche“.
Die Lecks stellten den Fortschritt bei diesen Reaktoren bislang aber vor große Probleme. „Am aufregendsten ist, dass wir ein Problem lösen, das seit fast 70 Jahren offen ist“, sagte der Forscher Josh Burby in einem Blog-Artikel. „Das ist ein Paradigmenwechsel im Design dieser Reaktoren.“
Löcher in der „Flasche“ kann man mit den Bewegungsgesetzen nach Newton zwar genau berechnen. Das ist aber in der Praxis zu aufwendig. Deshalb verwendeten Physiker zur Berechnung bisher einen Ansatz namens Störungstheorie – weniger rechenintensiv, dafür aber ungenau. Der neue Ansatz beruht nun auf sogenannter Symmetrietheorie, die sich grundlegend davon unterscheidet.
„Es gab bisher keine praktikable Möglichkeit, eine theoretisch belastbare Antwort auf die Frage der Alpha-Teilchen-Kontrolle zu finden – bis jetzt“, sagt Burby. „Die direkte Anwendung der Newton’schen Gesetze ist zu teuer. Die Störungstheorie liefert grobe Fehler. Unser Ansatz ist die erste Theorie, die beide Probleme umgeht.“
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Könnte auch beim Tokamak helfen
Die neue Methode könnte auch beim Tokamak nützlich sein. Dort gibt es hochenergetische Elektronen, die durch die Reaktorwand entweichen können. Auch hier könnte man mit der neuen Methode gezielt Löcher im Magnetfeld aufspüren.
Trotz dieses Meilensteins auf dem Weg zur Fusionsenergie bleibt noch viel zu tun. Doch das neue Verfahren könnte die Entwicklung deutlich beschleunigen.
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