Symbolbild Laser
Handlicher Laser könnte Geisterpartikel in Energieströme verwandeln
Billionen von Neutrinos fliegen, ohne dass wir es merken, jede Sekunde durch unsere Körper und die Erde hindurch. Deshalb nennt man sie auch Geisterpartikel. Die unter anderem von der Sonne produzierten Teilchen gehören zu den am häufigsten vorkommenden Masse-Teilchen in unserem Universum.
Trotzdem geben sie Forschern bislang viele Rätsel auf. Eines davon ist etwa, wie viel Masse sie genau haben. Das ist schwer festzustellen, weil die Partikel so selten mit Materie interagieren und dadurch kaum detektierbar sind. Durch die Erforschung der Eigenschaften von Neutrinos hoffen Forscher, dass sie eine Reihe anderer Rätsel des Universums lösen können.
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Atome zerfallen lassen
Forscher können Neutrinos in Fusionsreaktoren und Teilchenbeschleunigern erzeugen, da sie entstehen, wenn Atome verschmelzen oder radioaktiv zerfallen. Durch die erzeugten Neutrinostrahlen können sie dann mehr über die Geisterpartikel herausfinden.
Physiker vom MIT haben ein nun ein Konzept für einen handlichen „Neutrino Laser“ im Tabletop-Format vorgestellt, der die Neutrino-Produktion enorm beschleunigen soll. Die Grundidee ist es, den Zerfall von Atomen in sehr kleinem Maßstab umzusetzen, indem sie die Atome in einen Zustand namens Bose-Einstein-Kondensat versetzen.
Sie wollen ein Gas aus radioaktiven Atomen auf Temperaturen absenken, die sogar unterhalb jener liegen, die im Weltraum herrschen. Dadurch sollen sich die Atome wie eine Quanteneinheit verhalten und – wenn sie im selben Moment alle radioaktiv zerfallen – einen Neutrino-Strahl freisetzen.
Laser im Tischformat
„In unserem Konzept für einen Neutrinolaser würden die Neutrinos viel schneller emittiert als normalerweise, ähnlich wie ein Laser sehr schnell Photonen emittiert“, sagt der Physiker Ben Jones in einer Aussendung von MIT Technology News. Im nächsten Schritt wollen die Forscher den Prototyp des Lasers im Tischformat bauen.
Mit einer solchen Technologie könnte man nicht nur neue Erkenntnisse über die Geisterpartikel gewinnen. Auch sonst gibt es einige Einsatzmöglichkeiten: Etwa könnte man damit radioaktive Stoffe für den medizinischen Gebrauch herstellen, sogenannte Radioisotope. Diese könnten Röntgenbilder und die Diagnosegeräte zur Erkennung von Krebs verbessern.
Kommunikation und Medizin
Weil die Neutrinos Energie transportieren, könnte der Neutrinolaser auch andere Bereiche revolutionieren: Man könnte sie etwa als Ersatz für Radio- oder Lichtsignale in der Kommunikation nutzen. Im Unterschied dazu könnte man Neutrinos direkt durch die Erde oder Häuser schicken, was bei Funkwellen nicht möglich ist. Damit wäre es zum Beispiel denkbar, dass man auch Orte wie U-Boote oder unterirdische Laboren tief in der Erde mit zugesendeten Informationen versorgt.
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Bevor das möglich wird, müssen die Forscher jedoch erst im Labor beweisen, dass sie einen solchen Laser bauen können. „Wenn sich zeigt, dass wir es im Labor nachweisen können, dann können die Leute darüber nachdenken: Können wir das als Neutrinodetektor nutzen? Oder als neue Form der Kommunikation?“ sagt Studien-Co-Autor Joseph Formaggio. „Dann fängt der Spaß wirklich an.“
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