Blick in die Experimentierhalle von Wendestein 7-X

Blick in die Experimentierhalle von Wendestein 7-X

© MPI für Plasmaphysik, Jan Hosan

Science

Fusionsreaktor Wendelstein 7-X stellt neuen Weltrekord auf

Der Stellarator Wendelstein 7-X im deutschen Greifswald hat in seiner jüngsten Experimentkampagne neue Rekordwerte erzielt. Die Anlage, die als weltweit leistungsfähigster Stellarator gilt, erreichte beim sogenannten Tripelprodukt, einem zentralen Parameter der Fusionsphysik, einen neuen Weltrekord bei langen Plasmaentladungen.

Das schreiben die Forscherinnen und Forscher in einer Aussendung. Das Tripelprodukt, bestehend aus Teilchendichte, Temperatur und Energieeinschlusszeit des Plasmas, ist entscheidend dafür, ob ein Fusionsreaktor netto Energie gewinnt. Also dafür, ob eine Anlage mehr Fusionsenergie erzeugt, als an Heizenergie aufgewendet werden muss, um das Plasma auf Temperatur zu bringen. Bei Überschreiten des Schwellwerts kann sich die Fusionsreaktion selbst tragen, ohne dass weiter geheizt werden muss, wie es in der Mitteilung heißt.

Am 22. Mai konnte nun bei einer Plasmadauer von über 43 Sekunden ein neuer Spitzenwert für das Tripelprodukt erreicht werden. Damit übertrifft Wendelstein 7-X bei längeren Plasmazeiten sogar die Bestwerte von Fusions-Anlagen des Typs Tokamak

Stellarator vs. Tokamak

Sogenannte Stellaratoren nutzen ein speziell geformtes Spulensystem, das durch elektrische Ströme eine Art magnetischen Käfig um den Reaktor bildet. Anders als beim Tokamak-Reaktor, der ein Donut-förmiges Plasma erzeugt, wird die Plasmastabilität beim Stellarator nur von Magnetfeldern von außen beeinflusst. Beim Tokamak muss zusätzlich Strom ins Plasma induziert werden. Das macht Stellaratoren zumindest theoretisch stabiler.

Schon kurz zuvor schrieb der Reaktor Geschichte. Erstmals konnte die Forschungsanlage hochenergetische Helium-3-Ionen erzeugen. Ein wichtiger Schritt in Richtung kommerzieller Energieerzeugung, stellen die Forscher damals in einer Aussendung fest.

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Pellet-Injektor

Ermöglicht wurde der neue Rekord durch die enge Zusammenarbeit von europäischen und US-amerikanischen Forschungsteams. Eine Schlüsselrolle spielte der neu entwickelte Pellet-Injektor des Oak Ridge National Laboratory (USA), der gefrorene Wasserstoffkügelchen ins Plasma einspeist und so eine kontinuierliche Brennstoffversorgung auch bei längerer Plasmadauer gewährleistet. 

Während des Rekordexperiments wurden in 43 Sekunden etwa 90 Pellets ins Plasma eingebracht und gleichzeitig mit Mikrowellen beheizt. Die Plasmatemperatur erreichte dabei über 20 Millionen Grad Celsius, in Spitzen sogar 30 Millionen Grad.

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Neben dem Tripelprodukt wurden 2 weitere Bestwerte erzielt: Der Energieumsatz wurde auf 1,8 Gigajoule bei einer Plasmadauer von 360 Sekunden gesteigert und beim sogenannten Beta-Wert (dem Verhältnis von Plasmadruck zu Magnetfelddruck) erstmals 3 Prozent im Gesamtvolumen erreicht. 

Für ein zukünftiges Fusionskraftwerk muss es aber noch mehr werden. So wären dort Werte von 4 bis 5 Prozent erforderlich, wie die Wissenschaftler erklären.

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