In der Atacama-Wüste in Chile befindet sich eines der größten Lithium-Vorkommen der Welt. Leider gibt es dort aber auch kaum Wasser. Konflikte um Wasser- und Landrechte beim Anbau sorgen auch in Europa für Proteste.

In der Atacama-Wüste in Chile befindet sich eines der größten Lithium-Vorkommen der Welt. Leider gibt es dort aber auch kaum Wasser. Konflikte um Wasser- und Landrechte beim Anbau sorgen auch in Europa für Proteste.

© Ivan Alvarado/Reuters

Science

So viele Rohstoffe benötigen wir für die Klimawende

2050 werden kaum mehr Autos mit Verbrennungsmotor fahren. Der Strom für die E-Fahrzeuge wird hauptsächlich aus Sonnen- und Windenergie stammen - sofern alles nach den derzeitigen  länen verläuft. Hinzu kommen neue Zukunftstechnologien wie CO2-Sauger und Speicheranlagen. Benötigt werden dafür allerdings große Mengen an Metallen und Mineralien. Eine internationale Studie hat nun untersucht, wie viel davon wir in den nächsten Jahrzehnten brauchen werden und welche Folgen das hat. Veröffentlicht wurde sie kürzlich im renommierten Fachjournal  „Nature Climate Change“

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„Neu an unserer Studie ist, dass wir systematisch durchdekliniert haben, was die Probleme beim Ausstieg aus der Fossilenergie sind“, erklärt der beteiligte Sozialökologe Helmut Haberl von der Universität für Bodenkultur in Wien. „Wir haben uns in diesem Fall angeschaut, wie viel Material oder Energie für den Ausstieg notwendig ist, und welche sozialen und ökologischen Probleme es hervorrufen könnte“, erläutert Haberl. 

Bedarf steigt rasant

Die Technologien der Zukunft sind aus anderen Ausgangsstoffen gefertigt als Ölraffinerien und Kohlekraftwerke. Deswegen wird sich der Bedarf an Eisen, Aluminium und Kupfer verdoppeln, die für Windkraftanlagen und Stromnetze gebraucht werden. Kraftwerke und E-Fahrzeuge brauchen zudem viele Seltene Erden wie Dysprosium und Terbium. Von Lithium und Kobalt werden wir bis 2050 sogar 20 Mal so viel brauchen wie jetzt. 

Konflikte im Bergbau bisher ohne Lösung

Die „Kosten“ dafür sind auch sozial: Der Bergbau ist berüchtigt für seine negativen Auswirkungen auf Menschen und Umwelt. Probleme wie Kinderarbeit und Umweltzerstörung im Kobalt-Abbau in der Demokratischen Republik Kongo, aus dem die Hälfte des globalen Kobalts stammt, sind seit vielen Jahren bekannt. „Für viele Menschen dort ist es etwa nicht wirtschaftlich, wieder auf Landwirtschaft umzusteigen, weil so viel Land durch diese Industrie zerstört wurde“, erklärt die Rohstoff-Expertin Aleksandra Wojewska von der Universität Wien. 

Lithium komme zwar in vergleichsweise vielen Ländern vor, allerdings gibt es deswegen oft Streit wegen Land- und Wasserrechten. Etwa in der Atacama-Wüste in Chile, wo sich eines der weltweit größten Vorkommen befindet. „Dort gibt es indigene Gruppen, deren Wasser- und Landrechte verletzt werden, um Lithium zu produzieren“, sagt Wojewska. Auch in Europa häufen sich die Konflikte deswegen – Proteste habe es bereits in Serbien, Spanien und Portugal gegeben. Für viele dieser Bergbau-Probleme gibt es bisher keine wirklichen Lösungen.

Infos

Umweltkonflikte
Die Forschung zeigt, dass soziale und ökologische Ungerechtigkeiten wegen des Energiewandels zunehmen werden. Eine Vorjahresstudie zeigte, dass 60 Prozent aller Umweltkonflikte auf den Bergbau zurückzuführen. sind.

900 Prozent
mehr Mineralien könnten bis 2050 für die Stromerzeugung gebraucht werden, zeigte eine japanische Studie von 2019.  

700 Prozent
mehr Mineralien könnten laut der Studie allein für den Transportsektor benötigt werden.

Auswege
Neben der gemeinsamen Nutzung von Verkehrsmitteln soll laut der Studie auch der Fleischkonsum sinken und alltägliche Produkte länger im Wirtschaftskreislauf blieben.

Ständig erforderliche Öl- und Gaszufuhr fällt weg

„Der Wechsel zu einem klimaneutralen Energiesystem braucht viele Ressourcen. Dafür entfällt aber die laufende Extraktion von Kohle, Öl und Erdgas“, meint Haberl. „Insgesamt verringert sich der Materialfluss: Windkraftwerke, Geothermie und Photovoltaik-Anlagen baut man einmal und sie halten Jahrzehnte. Es stimmt natürlich, dass wir bestimmte kritische Rohstoffe in einem höheren Ausmaß brauchen werden“. Die Studienautor*innen mahnen daher, dass es Maßnahmen braucht, damit die Materialien reichen: weniger privater und mehr öffentlicher Verkehr etwa, sowie Sharing-Angebote. Gebäude und Geräte sollen laut ihnen länger genutzt werden. Solche Ratschläge kennt man seit langem, aber sie seien nach wie vor gültig. 

„Es braucht technische Lösungen wie das E-Auto. Es reicht aber nicht, wenn wir einfach alle Autos gegen elektrische tauschen. Das ist Teil der Lösung, aber nicht die ganze“, so Haberl. Auch Wojewska plädiert für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs: „Viele Menschen in Europa sind auf ein Auto angewiesen. Oft ist der öffentliche Verkehr schlecht ausgebaut. Darüber könnte man nachdenken, um die Abhängigkeit von den Mineralien tatsächlich zu verringern.“

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Menschen an Bord holen

„Es geht nicht um Vorwürfe oder Verbote für Einzelne, sondern um eine Umgestaltung der Welt. Die Investitionsströme sollen so umgeleitet werden, dass gleichzeitig die Lebensqualität der Bevölkerung steigt“, erklärt Haberl. „Wenn ich nur sage, ihr sollt nicht mehr mit euren Benzin- und Dieselautos fahren, weil das Klimasünder sind, darf man sich nicht wundern, wenn es Proteste gibt. Bis hin zu dem, was man in Frankreich mit den Gelbwesten gesehen hat“. Um das zu verhindern, sollen Bürger*innen daher mehr in Entscheidungen einbezogen werden.

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Jana Unterrainer

Überall werden heute Daten verarbeitet, Sensoren gibt es sogar in Arktis und Tiefsee. Die Welt hat sich durch die Digitalisierung stark verändert. Das interessiert mich besonders, mit KI und Robotik steigt die Bedeutung weiter enorm.

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Jana Unterrainer

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