Ein Microcar steht am Straßenrand, wie sie künftig mit nachhaltigen Natrium-Ionen-Batterien aus Holz betrieben werden könnten.
Microcars könnten durch neue Holzbatterie angetrieben werden
Mehr als 50 Millionen Tonnen Lignin fallen jedes Jahr in der Zellstoffindustrie an. Der Stoff gibt Holz seine Stabilität und wird in den Werken meist zur Stromerzeugung verbrannt. Es ist aber auch möglich, Batterien damit herzustellen.
Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme forscht an solchen Batterien. Das Ziel ist, alle Materialien, die für die Batterie gebraucht werden, auch lokal herstellen bzw. abbauen zu können. Bei der "Thüringer Wald-Batterie", wie sie im Institut auch genannt wird, kommen daher keine Lithium-Ionen zum Einsatz, sondern Natrium-Ionen. Und als ein Elektrodenmaterial wird Lignin eingesetzt.
➤ Mehr lesen: Wie Akkus aus Pflanzen Europa unabhängiger machen können
Lignin wird zu Kohlenstoff
Dafür muss der Holzstoff aber erst in "harten Kohlenstoff" umgewandelt werden. Das passiert, indem man ihn auf Temperaturen bis zu 1.400 Grad Celsius erhitzt. Der Kohlenstoff wird dann hauchdünn auf einer Folie aufgetragen und bildet eine Elektrode (Anode) der Batterie.
© Fraunhofer IKTS
Bisher wird für die Anode von Akkus häufig Graphit verwendet. Das ist zwar das zweithäufigste Element auf der Erde, der Abbau findet aber hauptsächlich in China statt. Rund 70 Prozent des weltweiten Graphitbedarfs wird in China gefördert.
"Die Struktur des harten Kohlenstoffs eignet sich sehr gut, um Natrium-Ionen reversibel, also umkehrbar, zu speichern. Hard Carbon bietet eine hohe elektrochemische Leistung, gute Zyklenstabilität und geringe Anschaffungskosten, insbesondere wenn er aus nachhaltigen Rohstoffen gewonnen wird", sagt Forscher Cornelius Dirksen in einer Aussendung.
Berliner Blau für die Kathode
Das Material für die andere Elektrode (Kathode) soll eine Variante von Berliner Blau (auch Preußisch Blau) sein, das früher gerne als Farbpigment genommen wurde und heute in Batterien eingesetzt wird. Es erhielt seinen Namen, weil es Anfang des 18. Jahrhunderts erstmals in Berlin synthetisiert wurde. Oft wird in der Batterieelektrode auch "Preusisch Weiß" eingesetzt, ein chemischer Verwandter des Berliner Blau.
"Wir wollen in der Wertschöpfungskette auf kritische Metalle wie Lithium, Kobalt und Nickel in Batterien verzichten. Zudem möchten wir den Fluoranteil in Elektroden und Elektrolyt möglichst niedrig halten und erproben, inwiefern er sich komplett vermeiden lässt. Kern des Vorhabens ist aber die Verarbeitung von lokal verfügbarem, hochwertigem Lignin zu leistungsfähigen Elektroden in unseren Natrium-Ionen-Batterien", sagt Mit-Forscher Lukas Medenbach.
➤ Mehr lesen: Neue Batterie aus Zink und Holzabfall ist billig und recyclebar
Die Batterie ist aber nicht ohne Probleme. Sie hat eine eher geringe Energiedichte und kann auch nicht besonders schnell geladen werden. "Die Batterien sind nach heutigem Stand der Technik den Lithium-Batterien vielleicht noch so um 20, 30, 40 Prozent unterlegen, was die Energie angeht", sagt Martin Oschatz von Zentrum für Energie und Umweltchemie Jena.
Dennoch gibt es Einsatzbereiche für solche Batterien. Sie können etwa als Speicher dort eingesetzt werden, wo keine schnellen Ladezeiten erforderlich sind. Die Holz-basierten Natrium-Ionen-Batterien sollen sich auch für Fahrzeuge mit geringem Leistungsbedarf eignen, wie E-Bikes, Microcars für Lieferdienste oder Gabelstapler.
Bis dahin muss die Lebensdauer aber noch verbessert werden. Ziel des Fraunhofer-Instituts ist, eine Zelle zu entwickeln, die 200 Lade- und Entladezyklen standhält. Das reicht für Fahrzeuge wie Gabelstapler nicht aus, da diese regelmäßig über Nacht und oft auch noch in der Mittagspause geladen werden. Mehr als 1.000 Ladezyklen gehören hier mittlerweile zum Standard, manche Batterien schaffen auch 2.000 bis 3.000 Zyklen.
Potenziell gute Lebensdauer
Natrium-Ionen-Batterien haben aber das Potenzial, mehrere 1.000 Zyklen zu durchlaufen, ohne dass es zu signifikanten Ladeverlusten kommt. Einige Batteriespeicher schaffen bereits mehr als 10.000 Ladezyklen.
➤ Mehr lesen: Guardian Angel: Der Natrium-Stromspeicher aus der Steiermark
In China werden Natrium-Batterien mit Anoden aus Hard Carbon bereits seit einigen Jahren eingesetzt. Sie sollen einige 1.000 Zyklen halten und werden hauptsächlich in Scooter und anderen E-Fahrzeugen mit niedriger Geschwindigkeit verbaut, sind aber auch in E-Bussen zu finden. Die Nutzung ist hauptsächlich preisgetrieben - die Batterieart ist bis zu 40 Prozent günstiger als herkömmlicher Lithium-Ionen-Batterien.
Kommentare