Tragbares Headset soll Migräne-Attacken verhindern
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Stechende Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit, Übelkeit und sogar Erbrechen: Bei Migräneattacken heißt es für viele Patient*innen „ausharren“. Gut jede 10. Österreicher*in ist davon betroffen, etwa ein Viertel ist mit seiner Therapie unzufrieden. Das Wiener Start-up Brightmind.AI will das durch eine personalisierte Magnettherapie ändern.
Transkranielle Magnetstimulation (TMS) wird bereits seit einigen Jahren in der Migränetherapie eingesetzt. Dabei werden die Neuronen im Gehirn mit starken Magnetfeldern so weit angeregt, bis sie feuern. Je nach Rhythmus und Stärke des Magnetfeldes wird so die Hirnaktivität angeregt oder gehemmt, was Migräneattacken verhindern kann. Die Therapie wird auch bei Depressionen und Demenz eingesetzt.
Personalisierte Therapie
„Während die herkömmliche TMS-Therapie bei allen Patient*innen mehr oder weniger gleich abläuft, ist unsere Anwendung hoch personalisiert“, sagt Tamara Gerbert, Co-Gründerin und technischer Kopf hinter Brightmind.AI. Beim sogenannten Closed-Loop-Verfahren werden Gehirnströme während der Sitzung gemessen und die Therapie darauf angepasst.
Neu ist auch das Protokoll, also die Abfolge der magnetischen Impulse, mit denen das Gehirn stimuliert wird. Die wurden in den vergangenen Jahren immer weiterentwickelt. Bei einer medizinischen Studie aus dem Vorjahr zeigte sich eine durchschnittliche Halbierung der Migräneattacken bei 90 Prozent der Proband*innen. „Das war allerdings ohne Closed Loop“, erklärt Gerbert. Mit dem Verfahren sollen die Attacken noch weiter reduziert werden.
Headset gegen Migräne
Die Therapie sollen Patient*innen täglich 10 Minuten ganz einfach im eigenen Zuhause durchführen. „Wir arbeiten darauf hin, dass man das Gerät ähnlich wie einen Kopfhörer aufsetzt und nebenbei andere Sachen erledigen kann“, sagt Co-Gründer Florian Lerchbammer-Kreith zur futurezone.
Der kleine Formfaktor stellt das 8-köpfige, internationale Team von Brightmind.AI vor einige Herausforderungen. Selbst mobile Geräte sind heutzutage noch klobig und lassen sich nicht einfach herumtragen. „Wir arbeiten am physikalischen Limit“, ist sich Lerchbammer-Kreith bewusst. Durch eine genauere Lokalisierung, ein besseres Design der Magnetspulen und eine bessere Effizienz soll dieser Nachteil ausgeglichen werden.
Dass das Migräne-Headset regelmäßig getragen wird, ist nicht nur für die Stimulation notwendig. Durch die Messung der Gehirnströme erkennt man etwa auch, wie gut die Therapie anschlägt oder ob sie angepasst werden muss. Außerdem soll das Gerät dadurch Migräneattacken vorhersagen können. Das Ziel des Start-ups ist, einen Anfall 24 Stunden vor Beginn anzukündigen.
Prototyp fast fertig
Momentan arbeitet Brightmind.AI an einem Prototyp, der im Frühjahr fertig sein soll. Bis dahin ist das Design des Headsets noch geheim – aus Patentgründen. 2024 sollen klinische Tests für die Zulassungsstudie folgen. Finanziell wird das Start-up unter anderem vom Austria Wirtschaftsservice (aws) gefördert.
Wenn alles gut läuft, kommt das Gerät 2026 in den Handel. Ein Wermutstropfen: Obwohl das Start-up seinen Hauptsitz in Wien hat, will man sich zuerst auf die USA als Zielmarkt konzentrieren. „Die Zulassung in den USA ist einfach um 2 Jahre schneller“, sagt Lerchbammer-Kreith. Zudem stehe man der Technik dort offener gegenüber. Erst danach werde man das Headset in Europa und weltweit ausrollen.
Leistungsoptimierung für das Gehirn
Bei Brightmind.AI will man sich nicht auf die Migränetherapie beschränken. Weitere Geräte zur Behandlung von Depressionen, in der Schlaganfall-Reha oder Demenz sollen folgen. Auch zur Leistungsoptimierung des Gehirns könne so ein Stimulationsheadset eingesetzt werden. „Heute in 10 Jahren soll jeder ein Brightmind-Gerät Zuhause haben, das auf seine Bedürfnisse abgestimmt ist“, sagt Lerchbammer-Kreith.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).
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