Aktivist*innen bei einer Protestaktion im November 2022.

Aktivist*innen bei einer Protestaktion im November 2022.

© REUTERS/GUSTAVO GRAF MALDONADO

Science

Tiefseebergbau: Forscher warnen vor katastrophalen Folgen

Angesichts des wachsenden kommerziellen Interesses am Tiefseebergbau warnen europäische Wissenschaftsakademien vor den katastrophalen Folgen des Abbaus von Bodenschätzen in der Tiefsee für die Meeres-Ökosysteme. Die Forscher*innen bestreiten in einem Bericht, dass der Tiefseebergbau für die Erreichung der Klimaziele unverzichtbar sei. Sie fordern ein Moratorium für den Tiefseebergbau und plädieren dafür, Recyclingmöglichkeiten und terrestrische Ressourcen zuerst zu erforschen.

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Hintergrund des am Donnerstag veröffentlichten Berichts der Dachorganisation der europäischen Wissenschafts-Akademien EASAC, der auch die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) angehört, ist eine bevorstehende Entscheidung der International Seabed Authority (ISA) über den industriellen Tiefseebergbau. Dieser internationalen Organisation gehören 167 Staaten und die EU an, sie wurde durch die UN Convention on the Law of the Sea (UNCLOS) 1982 ins Leben gerufen.

Beitrag zu Klimazielen fraglich

Die EASAC zeigt sich in ihrem Bericht skeptisch gegenüber Argumenten der Befürworter des Tiefseebergbaus, wonach der steigende Bedarf an seltenen Mineralien für „grüne Technologien“ wie Windkraft, Solarenergie und Batterien nicht aus terrestrischen Quellen gedeckt werden könne. „Die Behauptung, der Tiefseebergbau sei für die Erreichung unserer Klimaziele unverzichtbar und daher eine grüne Technologie, ist irreführend“, erklärte Michael Norton, Umweltdirektor der EASAC, in einer Aussendung.

In dem Bericht werden 3 Hauptquellen für Tiefseemineralien genannt: Manganknollen, kobaltreiche Ferromangankrusten sowie Massivsulfid-Lagerstätten. Deren Zusammensetzung sei unterschiedlich, aber die wichtigsten wirtschaftlichen Ressourcen seien Mangan, Kobalt, Nickel und Kupfer für die beiden erstgenannten Quellen sowie Kupfer, Zink, Silber und Gold für die letztgenannte Lagerstätte.

Nach Ansicht der Wissenschafter*innen könnte der Abbau von Ressourcen in der Tiefsee viele der kritischen Materialien, die für die grüne Transformation und andere High-Tech-Sektoren benötigt werden, gar nicht liefern. Darüber hinaus könnten die Recyclingraten erheblich verbessert werden.

Millionen Quadratmeter Meeresboden betroffen

Von einer Zulassung des kommerziellen Bergbaus in der Tiefsee durch die ISA könnten Millionen Quadratkilometer des Meeresbodens betroffen sein. „Obwohl unser Wissen über die Umweltauswirkungen in solch abgelegenen Gebieten noch sehr lückenhaft ist, werden sehr große Flächen des Meeresbodens geschädigt und dort lebende Organismen getötet“, kritisiert Lise Øvreås von der Universität Bergen (Norwegen).

Sie verweist außerdem auf die Gefahr erheblicher Sekundäreffekte durch große Mengen an freigesetztem Sediment. „Die Meeresböden haben Tausende von Jahren gebraucht, um sich zu bilden, und die Schäden werden in ähnlichen Zeiträumen irreparabel sein“, so Øvreås.

Peter Haugan, politischer Direktor am Institut für Meeresforschung in Bergen, plädierte daher dafür, „innezuhalten und nachzudenken, anstatt vorschnell eine Entscheidung zu treffen, die wir später bedauern werden“.

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