Neu entdecktes Energiefeld der Erde

Neu entdecktes Energiefeld der Erde (Animation)

© NASA/Conceptual Image Lab

Science

NASA-Forscher entdecken drittes Energiefeld der Erde

Forscher der NASA haben ein drittes Energiefeld der Erde nachgewiesen. Dieses ambipolare Feld umspannt die gesamte Erde, ist aber sehr schwach, weshalb man es bisher nicht messen konnte. 

Bekannt waren nur das Magnetfeld und das Schwerefeld. Doch seit den 1960ern rätseln Astronomen über ein Phänomen, das sich nur mit diesen beiden Feldern nicht erklären ließ: Polarer Wind.

Rätsel um rasant fliehende Teilchen 

Die Forscher konnten damals beobachten, dass an den Polen Teilchen mit Überschallgeschwindigkeit ins All geschleudert werden. Ungewöhnlich daran ist, dass die Teilchen kalt sind und keine Anzeichen darauf zeigen, dass sie zuvor erhitzt wurden. Das schließt aus, dass sie von der Sonne erhitzt werden, einfach verdampften. 

Mehr lesen: NASA entdeckt merkwürdige Strukturen in der Erdatmosphäre

„Irgendwas muss diese Teilchen aus der Atmosphäre schleudern“, sagt Studienleiter Glyn Collinson vom NASA Goddard Space Flight Center in einem Statement. Die Theorie beschrieb dieses „irgendwas“ als ein schwaches Feld, das in 250 km Höhe über die gesamte Erde erstreckt. 

Dort zerfallen die Atome in der Erdatmosphäre in negativ geladene Elektronen und positiv geladenen Ionen. Elektronen sind so leicht, dass schon die kleinste Energie ausreicht, um sie ins All zu schießen. Ionen sind hingegen 1.836-mal schwerer und sinken eher Richtung Erde. Würde nur die Schwerkraft auf diese Teilchen wirken, würden sie sich mit der Zeit trennen.

Wie ein winziger Hund an der Leine

Ihre unterschiedliche Ladung sorgt aber dafür, dass ein ambipolares elektrisches Feld entsteht, dass sie zusammenhält und damit die Schwerkraft zumindest teilweise kontert. „Ambipolar“ deshalb, weil es in 2 Richtungen wirkt. Während die Ionen die Elektronen Richtung Erde ziehen, versuchen die Elektronen gleichzeitig mit ihnen ins All zu entkommen. Die NASA vergleicht die Elektronen mit einem winzigen angeleinten Hund, der versucht seinem Besitzer zu entkommen.

Die Elektronen (violett) zerren so lange an den Ionen (weiß), bis einige von ihnen ins All geschleudert werden

Über den Polen, entlang der Magnetfeldlinien der Erde, können manche dieser Elektronen-Ionen-Paare entkommen. Meist handelt es sich um Wasserstoff-Ionen, da der Auftrieb der Elektronen hier 10,6-mal stärker ist als die Schwerkraft, die auf die Ionen wirkt. „Das ist mehr als genug, um die Erdanziehung zu überwinden, und die Teilchen mit Überschallgeschwindigkeit ins All zu schleudern“, erklärt Studienautor Alex Clocer.

Atmosphäre wird angehoben

Auch schwerere Sauerstoff-Ionen werden so um die Hälfte leichter. Die Skalenhöhe der Ionosphäre erhöht sich dadurch um 271 Prozent von 77 auf 208,9 km. Die Ionosphäre, wo etwa durch Sonnenstürme Polarlichter entstehen, hat keine fixe Höhe, sondern diese ändert sich je nach Region und Tagesszeit. Deswegen wird sie mit der Skalenhöhe angegeben. Diese bezieht sich auf die Dichte und den Druck, die sich mit zunehmender Höhe verringern, was aber aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen eben schwankt. 

Mehr lesen: Warum gibt es gerade so viele Sonnenstürme?

Die Teilchen, werden ins All geschleudert

Durch das ambipolare Feld verliert die Ionosphäre langsamer an Dichte und erstreckt sich damit höher als ohne das Energiefeld. Dadurch erhöht sich auch die Plasmadichte am Rand der Magnetosphäre um 3.800 Prozent. „Das ist wie ein Förderband, das die Atmosphäre ins Weltall befördert“, vergleicht es Collonson.

Rakete misst erstmals das Feld

Bisher konnte dieses Feld aber nicht gemessen werden. Mit 0,55 Volt ist es viel zu schwach, um von bisherigen Messungen erfasst zu werden. Das entspricht gerade Mal einer Uhrenbatterie. In ihrem Versuch starteten die Forscher 2022 gezielt eine Rakete aus dem norwegischen Archipel Spitzbergen. Die „Endurance“ erhob sich auf 768 km Höhe, sammelte Daten und landete nach 19 Minuten wieder in der Grönlandsee. 

Mehr lesen: Reißen Raketen ein neues Loch in die Ozonschicht?

Die Entdeckung ist nicht nur für das Verständnis der Erdatmosphäre bahnbrechend. Denn auch auf anderen Planeten wie dem Mars oder der Venus könnte so ein Energiefeld existieren, schließlich wirken dort ähnliche Kräfte, wie auf der Erde. „Jeder Planet mit einer Atmosphäre sollte auch ein ambipolares Feld haben“, sagt Collinson. Jetzt, da man es endlich gefunden habe, werde es Aufschluss über die Entstehung unseres und anderer Planeten geben. Die Studie erschien im Fachmagazin Nature (hier als vollständiges PDF). 

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare